Die Prüfer wurden erstmals selbst geprüft
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ADVISORY 22.05.2015

Die Prüfer wurden erstmals selbst geprüft

Erfolgskontrolle Wie erfüllt die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) ihre Aufgaben? Nach dem ersten Arbeitsjahr ziehen OePR-Chef Rudolf Jettmar, Wirtschaftsprüfer sowie Unternehmensvertreter Bilanz, orten mögliche Verbesserungspotenziale und äußern Forderungen an die Politik.

Wien. Das Rechnungslegungs-Kontrollgesetz (RL-KG) ist mit 1.7.2013 in Kraft getreten und war erstmals auf Abschlüsse und sonstige vorgeschriebene Informationen des Geschäftsjahres anzuwenden, das nach dem 30.12.2013 endet.

Ebenfalls seit 2013 gibt es die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR), die gemäß EU-Vorgaben österreichische Firmen, die am geregelten Markt Aktien, Anleihen, Optionsscheine und Zertifikate begeben, einer unabhängigen Kontrolle zu unterziehen hat. Vor Kurzem zog OePR-Chef Rudolf Jettmar im Rahmen eines KPMG Round Table eine Bilanz nach dem ersten „Arbeitsjahr” der OePR. „Als Enforcement-Stelle ist es unsere Aufgabe, die Einheitlichkeit und Gesetzmäßigkeit der Finanzberichterstattung von Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, zu kontrollieren.” Dabei sei die Anwendung der internationalen Accounting-Standards unerlässlich. Jettmar: „Die österreichische Branchenüblichkeit interessiert uns nicht; für uns ist wesentlich, was international üblich ist.” Der OePR-Chef betont auch die Präventivwirkung, die das Enforcement mit sich bringt: Trotz der strengen Prüfungen habe es viele positive Rückmeldungen seitens der Unternehmen gegeben.

Aus Sicht der Unternehmen

Jettmar will mit dem Vorurteil aufräumen, dass die Prüfstelle als privater Verein nicht objektiv arbeite: „Es wurden Vorschriften gemacht; diese werden auch genau kontrolliert und eingehalten.” Die Struktur der OePR, deren Organisation und Besetzung, ermögliche ein strenges und sauberes Arbeiten sowie ein hohes Maß an Unabhängigkeit.
Karin Sonnenmoser, Finanzvor-stand (CFO) der Zumtobel Group, hat mit ihrem Team die erste OePR-Prüfung im Februar abgeschlossen: „Zu Beginn hat uns verunsichert, dass uns niemand darüber Auskunft geben konnte, wie lange das Verfahren dauern würde. Schließlich waren wir dann aber überrascht, als wir nach sechs Monaten abschließen konnten.”
Erkenntnisse und Benchmarks der ersten Prüfsaison können seit Kurzem im Tätigkeitsbericht der OePR nachgelesen werden; hier wird die durchschnittliche Prüfdauer mit sieben bis acht Monaten angeführt.
Günther Hirschböck, Partner bei KPMG und Leiter der „Grundsatzabteilung zu Fragen der Rechnungslegung”, hat in den letzten Monaten viele Unternehmen bei einer Prüfung begleitet. Aus seiner Sicht hat sich die OePR als treff-sicher erwiesen. Er rät den Firmen, sich mit fundierten Argumenten vorzubereiten: „Die Kunst liegt nicht nur darin, korrekt vorzugehen, sondern auch, es für einen externen Prüfer nachvollziehbar zu machen.”

Mehr Leidenschaft erbeten

Auch Zumtobel-CFO Sonnenmoser sieht die schriftliche Darstellung bestimmter Sachverhalte als wesentlich: „Es ist sehr schwierig, strategische Entscheidungen der Vergangenheit heute nachzuvollziehen, gerade, wenn sie schon einige Jahre zurückliegen und es mittlerweile zu Personalwechseln kam. Wir sehen es deshalb als notwendig an, alle strategischen Entscheidungen detailliert und schriftlich zu dokumentieren.”
Wirtschaftsprüfer Hirschböck wünscht sich von den Unternehmen mehr Leidenschaft für Finanzberichterstattung. „Auch der Konzernabschluss sollte als sinnvolles Medium der Kapitalmarktkommunikation begriffen werden. Die Aussagekraft der Abschlüsse kann sicherlich erhöht werden”, ist der KPMG-Partner überzeugt.

Bessere Fragen erwünscht

Für die kommende Prüfsaison strebt Jettmar Verbesserungen hinsichtlich der Fragestellungen an. So sollen die Verfahren durch noch präzisere Fragen und mehr Interaktion bei Unklarheiten zukünftig beschleunigt werden.
Was die Auseinandersetzungen mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) betrifft, sieht der OePR-Leiter die Politik in der Pflicht, ein Machtwort zu sprechen: „Der österreichische Gesetzgeber hat sich für ein zweistufiges Verfahren entschieden. Nun besteht wohl auch eine politische Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass die Behörden die Prinzipien des Gesetzes anerkennen.”(red)

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