Schiedsrichter, zum Telefon!
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Seit dem neuen SchiedsRÄG wird das heimische Schiedsrecht als positiv und „arbitration-friendly” beurteilt.
ADVISORY 16.10.2015

Schiedsrichter, zum Telefon!

Mit dem Schiedsrechtsänderungsgesetz (SchiedsRÄG) 2013 hat der Gesetzgeber tatsächlich eine maßgebliche Aufwertung des Schiedsstandorts Österreich erreicht.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Schiedsverfahren sind die gängigste Art der Streitbeilegung von Handelsstreitigkeiten. Im Vergleich zu staatlichen Verfahren sind sie in der Regel unkomplizierter, schneller und günstiger und bieten darüber hinaus einen höheren Grad an Vertraulichkeit. Dank dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1958 ist ein Schiedsspruch weltweit vollstreckbar.

In Österreich ist die Schiedsgerichtsbarkeit lange rechtlich dokumentiert – so enthält die „Allgemeine Gerichtsordnung” 1781 ein durchaus als modern zu bezeichnendes Kapitel „Von Schiedsrichtern”. Am 1.1.2014 ist das aktuelle SchiedsRÄG in Kraft getreten – es basiert auf der Initiative einer Gruppe erfahrener Rechtsanwälte, Professoren und weiteren Schieds- experten aus der anwaltlichen Praxis, der Verwaltung und aus dem akademischen Bereich und hat das Kapitel Schiedsverfahren der Zivilprozessordnung geändert.
Die wichtigste Neuerung war dabei die Festsetzung des Obersten Gerichtshofs als erste und letzte Instanz für Klagen zur Aufhebung eines Schiedsurteils – war doch der bisherige dreigliedrige Instanzenzug als einer der größten Schwachpunkte des heimischen Schiedsrechts gesehen worden. Dieser hatte einen erheblichen Nachteil für den Schiedsstandort im internationalen Wettbewerb dargestellt und Unternehmen immer wieder davon abgehalten, Österreich als Schiedsstandort zu vereinbaren.

Wichtig für den Standort

Durch die Verkürzung auf eine einzige Instanz erfolgte eine maßgebliche Aufwertung und steigende Wettbewerbsfähigkeit des Schieds- orts Österreich. Vor allem befindet sich unser Land seitdem mit einem seiner wichtigsten, freundlichen Konkurrenten im Schiedswesen, nämlich der Schweiz – die ebenfalls über einen eingliedrigen Instanzenzug verfügt – auf Augenhöhe.

Mehr als 1.500 Verfahren

Als eine der führenden Europäischen Schiedsinstitutionen und zentraler Anlaufpunkt für die Beilegung von internationalen Handelsstreitigkeiten gilt das Vienna International Arbitral Centre.

„Das VIAC wurde ursprünglich vor allem für die Entscheidung von Ost/West-Wirtschaftsstreitigkeiten 1975 gegründet und war dann beim Fall des Eisernen Vorhangs 1989 ausreichend etabliert, um seine Tätigkeit weltweit als international anerkanntes Schiedsgericht fortsetzen zu können”, erinnert sich VIAC-Ehrenpräsident Werner Melis. Das VIAC administrierte seit der Gründung mehr als 1.600 Verfahren und ist deshalb eine der erfahrensten Schiedsinstitutionen in der Region – am 10.9. feierten rund 200 Personen aus der internationalen Schiedsszene mit Justizminister Brandstetter und Vizepräsident Schenz an der Spitze das 40jährige Bestehen in der SkyLounge der WKO. „Zuletzt wurde der Schieds­ort Wien im ICC Statistical Report als Nummer 5 in Europa und als Nummer 7 weltweit gelistet”, sagt Melis. „Nicht schlecht, glaube ich.”
Als Generalsekretär des VIAC agiert Manfred Heider, seine Stellvertreterin ist Alice Fremuth-Wolf. Zurzeit überarbeitet das VIAC seine noch aus dem Jahr 1975 stammende Schlichtungsordnung. Dadurch soll einerseits eine moderne Mediationsordnung geschaffen werden, die es ermöglicht, nicht „nur” Mediationsverfahren bzw. andere ADR-Verfahren unter der Schirmherrschaft des VIAC zu führen. Darüber hinaus sollen Regeln zu einer neutralen Fallevaluation in Form von Guidelines zur Verfügung gestellt werden, welche die Parteien auf Wunsch in VIAC-Schiedsverfahren integrieren können.

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