Steuerreform bringt mehr Geld und weniger Steuern
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IHS-Direktor Sigurd Höllinger (l.) und IHS-Kuratoriums-Präsident Heinrich Neisser (r.): „Erwerbsarbeit lohnt sich ab 2016 mehr.”
ADVISORY 08.05.2015

Steuerreform bringt mehr Geld und weniger Steuern

Erwerbsarbeit lohnt sich mehr IHS ortet „spürbar höhere Arbeitsanreize” dank der Entlastung des Faktors Arbeit

Die durchschnittliche effektive Abgabenquote soll laut IHS-Berechnungen von 23 auf 20% sinken.

Wien. Die für 2016 geplante Steuerreform bewirkt laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien eine „deutliche Anhebung der durchschnittlich verfügbaren Einkommen”. Laut der IHS-Studie werden vor allem Haushalte im oberen Drittel (siebentes bis neuntes Dezil) von der Steuerreform besonders profitieren. Deren verfügbares Einkommen steigt durch die Reform um 3,75%. Im Gesamtdurchschnitt gibt es ein Plus von 3,2% bzw. 1.304 € pro Jahr.

Im ersten Dezil – das sind die 10% der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen – ist die Erhöhung mit im Schnitt 0,8% bzw. 116 € pro Jahr am niedrigsten. Im achten und neunten Dezil liegt die Erhöhung bei durchschnittlich 3,8% (1.888 bzw. 2.126 € pro Jahr) – und damit prozentuell am höchs-ten. Die Bestverdiener im obersten Dezil dürfen sich über eine Steigerung von 3,2% (= 2.699 € im Schnitt) freuen.

Auch Abgabenquote sinkt

Das IHS sieht auch eine Erhöhung der Arbeitsanreize: Die Steuerreform entlaste den Studienautoren zufolge den Faktor Arbeit, das schaffe „spürbar höhere Arbeitsanreize”. „Erwerbsarbeit lohnt sich mehr”, heißt es in der Studie. Denn Voraussetzung, um von der Reform profitieren zu können, sei ein steuerpflichtiges Einkommen. Gleichzeitig betont das IHS, dass auch die Bezieher niedrigster Einkommen – durch die Ausweitung der Negativsteuer – profitieren, aber eben ungleich weniger, als Bezieher von höheren Einkommen.
Nicht nur die Steuerquote selbst, sondern auch die „effektive Abgabenquote” sinkt aus IHS-Sicht durch die Reform. Hier wurden den geleisteten Abgaben (Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern) die erhaltenen monetären Transferleistungen (Familienleis-tungen, Sozialleistungen, Arbeitslosengeld) gegengerechnet.
In Summe wird die durchschnittliche effektive Abgabenquote laut den IHS-Berechnungen von 23 auf 20% sinken. Am meisten profitieren hier die mittleren und höheren Einkommensbezieher (Dezile vier bis neun) mit etwa 2,8%, die unteren Dezile und das oberste Einkommensdezil bekommen nur geringere Entlastungen zu spüren.
Die Entlastung für Haushalte mit Kindern wird – trotz der Verdoppelung des Kinderfreibetrags und der Erhöhung der Familienbeihilfe – geringer ausfallen als jene für Haushalte ohne Familien. Bei Ersteren erwartet das IHS eine Entlastung von durchschnittlich 3,1%; für Haushalte ohne Kinder wird die Entlastung im Schnitt bei 3,4% liegen. Der Grund dafür: Die explizit familienorientierten Maßnahmen beinhalten weitaus weniger Budget als die familienunabhängige Entlastung durch die Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer.

Pro und Kontra

Während sich die Koalitionsparteien durch die IHS-Studie zur Steuerreform bestätigt fühlen, artikulieren Wirtschaft und breite Öffentlichkeit durchaus laute Kritik – siehe Beitrag auf Seite 37. Durch die Entlastung bleibe mehr Netto vom Brutto, womit die Kaufkraft gestärkt werde, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos – und ÖVP-Generalsekretär Harald Blümel freute sich über eine „Entlastung der Leistungsträger”. Auch das obere Drittel der Einkommensbezieher profitiere – diese positiven Ergebnisse seien jedoch „kein Grund für selbstzufriedenes Zurücklehnen”, verwies Blümel in Richtung SPÖ auf nötige Reformschritte im Bereich des Arbeitsmarkts, der Konjunkturbelebung und „natürlich auch der Pensionen”. Darabos wiederum zeigte sich darüber erfreut, dass dank der SPÖ die Arbeitnehmer die Entlastung nicht selbst bezahlen müssten: „Auch hier haben wir uns in vielen Punkten gegen die Einwände unseres Koalitionspartners durchgesetzt”, meint der Bundesgeschäftsführer damit „Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung von Steuerbetrug” wie die Registrierkassenpflicht.

Der weitere Zeitplan

Nach der Begutachtung der entsprechenden Gesetze muss der Ministerrat bis spätestens 16.6. eine Regierungsvorlage absegnen, damit diese am 17.6. im Parlament dem Finanzausschuss zugewiesen werden kann. Dieser wiederum tagt am 30.6. und kann dort rechtzeitig zum Sommer-Kehraus im Parlament (7., 8. und 9.7.) die Beschlussfassung durch den Nationalrat vorbereiten. Zu guter Letzt wäre dann laut Zeitplan am 23.7. der Bundesrat am Wort.(red)

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