Das Motto bei Y&R lautet „Adapt or die”
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MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 13.01.2017

Das Motto bei Y&R lautet „Adapt or die”

Die Young & Rubicam-Geschäftsführer Sebastian Bayer und Alexander Hofmann im medianet-Jahres-Interview.

••• Von Dinko Fejzuli

Die Young & Rubicam- Geschäftsführer ­Sebastian Bayer und Alexander Hofmann sprechen im media­net-Interview über das abgelaufene Jahr 2016, wie sehr der Brand Asset Valuator auch als Akquisitionstool nützlich ist und welche Erwartungen man für das Jahr 2017 hat.

medianet: Am Beginn des neuen Jahres: Wie fällt der Blick auf 2016 aus?
Sebastian Bayer: 2016 war ein sehr intensives Jahr, durchaus nicht zum Zurücklehnen. Wir haben 2016 genutzt, um weiter der Agentur näherzukommen, die wir sein wollen. Wir haben die Profitabilität 2015 gesteigert, das konnten wir auch 2016 halten. Wenn man so eine Agentur übernimmt, sind die ersten zwei Jahre vom Umbau geprägt, auch was das Team betrifft. Da spritzt auch immer ein wenig der Gatsch, wenn man das überspitzt formuliert. Als Agentur, die sich weiterentwickeln will, ist man immer ein bisschen im Beta-Modus.
Alexander Hofmann: Die Rahmenbedingungen ändern sich ständig, man muss sich immer ein wenig neu entwickeln und neue Themen beachten. So ist etwa auch das Thema Markenentwicklung größer und wichtiger geworden.
Bayer: Das Motto lautet ‚Adapt or die'. Oft werden wir Österreicher ja als Raunzer dargestellt. Interessanterweise bekommen wir von Y&R International oft die Rückmeldung, dass wir eines der offensten und energiereichsten Offices in Europa sind. Das kommt durch den Umstand, dass unser Netzwerk auf Wissen aufgebaut ist und wir keine Kunden quasi geschenkt bekommen, was letzten Endes ein Vorteil ist. Es gibt in vielen Agenturen gute Leute. Wir haben allerdings Strategietools wie den Brand Asset Valuator, also BAV, die uns helfen, die guten Leute auch mit einzigartigem Wissen zu versorgen.

medianet:
Welche Kunden konnte Y&R 2016 gewinnen?
Bayer: Einige Pitches sind aktuell offen, da können wir noch nicht darüber reden. Hier sind wir sehr optimistisch. Wir haben mit Löffler, Hirter und Weinmarketing Österreich drei Kunden gewonnen, die schöne und spannende Marken sind. Die Löffler-Kampagne ist im Herbst on air gegangen und hat eine super Resonanz im Handel hervorgerufen. Bei Hirter und Weinmarketing Österreich sind wir gerade dabei, die Brand-Kampagne zu produzieren.

medianet:
Wie weit ist der Brand Asset Valuator für Y&R auch ein wichtiges Akquisitionstool geworden?
Bayer: Der spielt in jedem Pitch und in jedem Neukundengespräch eine Rolle, da wir dank des BAV über Marken sehr viel wissen. Wir starten mit einem Wissensvorsprung über die Marke des Kunden in das Gespräch ein. Die Auswertung des BAVs ist wie ein Fingerabdruck der Marke für uns. Wir haben sehr schnell ein Gefühl dafür, wo die Probleme liegen und an welchen Stellschrauben man drehen muss. Man braucht kein besonderes Vorwissen, um den BAV lesen zu können, und wir erstellen für unsere Kunden auch immer strategische Ableitungen, die weiter gehen als das herkömmliche Marktforschungsinstitute für gewöhnlich tun. Weil wir ja kein Marktforschungsinstitut sind, sondern uns als strategische Kommunikationsagentur verstehen. Der BAV ist für uns Mittel zum Zweck, die Erkenntnisse sind für die Kunden zur Strategieerstellung direkt nutzbar. Da wir das Ziel haben, mehr über Marken und deren Entwicklung an sich zu erfahren, liefert der BAV einen sehr breiten Erkenntnisgewinn. Da es sich dabei um keine klassische Auftragsstudie handelt, können wir den Kontext viel breiter ziehen, als das für Unternehmen gewöhnlicherweise machbar ist.
Hofmann: Man sieht das dann auch speziell, wenn man von Kunden Berge an Unterlagen aus ihrer Marktforschungs-Abteilung bekommt, wo im Endeffekt aber nicht das Wesentliche zu finden ist. Da sind eine Millionen Zahlen drinnen, die dir nichts sagen. Es gibt viele Billig-Studien, die vor allem viel Papier mit Diagrammen liefern. Wir haben Tools, wo man nach einer Stunde weiß, wo man steht. Zudem haben wir die Daten auf Knopfdruck, der Kunde muss dann nicht noch fünf, sechs ­Wochen warten.

medianet:
Wie ist die Reaktion der Kunden, wenn die Daten des BAV deren eigenen Daten widersprechen?
Bayer: Jenes Wissen, das der BAV hervorbringt, fragen Kunden in ihrer eigenen Marktforschung erst gar nicht ab. Daher sind wir auf einer ganz anderen Ebene. In 98% der Fälle fragt der Kunde nur in seiner Branche ab. Wir erheben die Daten aber branchenübergreifend. Das ist ein ganz anderer Zugang. Die meisten Kunden wollen wissen, wo sie selbst stehen und welche Attribute Ansatzpunkte liefern können, die eigene Position zu verbessern. Hier schauen wir über den Tellerrand der Kundenmarke hinaus. Wir haben etwa 2016 erstmals Partneranalysen über Branchen hinweg eingeführt. Man kann daher gut beurteilen, welchen Effekt bestimmte Markenpartnerschaften mit sich bringen werden. Wir können punktgenau sagen, wo in einer Kooperation wer wie profitieren könnte. Weiters können wir beurteilen, welche Testimonials welchen Effekt auf die Marke haben würden. Dazu sind wir 2016 auch erstmals sehr stark in das Thema Sport hineingegangen.
Hofmann: Wir haben auch geschaut, dass wir noch mehr Schlüsse daraus ziehen, um Marken weiterentwickeln zu können. Wir haben hier Methodiken entwickelt, um das Ganze umlegen zu können. Es gibt fünf zentrale Attribute einer erfolgreichen Marke, die alle führenden Marken berücksichtigen. Wenn du als Marke erfolgreich sein willst, brauchst du diese fünf Attribute.

medianet:
Sind diese Attribute in allen Märkten gleich und um welche Attribute handelt es sich in Österreich?
Bayer: Wir haben heuer diese aufwendige Analyse nur für ­Österreich gezogen. Natürlich sind gewisse Imagedimensionen für Marken in allen Ländern wichtig. Aber soziale und ­politische Faktoren haben auf lokaler Ebene starken Einfluss, weshalb sich das Bild durchaus von Land zu Land unterscheiden kann. Die wichtigen Attribute in Österreich sind: echt, ­selbstbewusst, steht mir nah, einzigartig und vertrauen­erweckend.
Hofmann: Dass wir mit unserer Arbeit mit dem BAV auf dem richtigen Weg sind, zeigt sich auch darin, dass alle immer neugierig auf die neuen Zahlen warten und gegen Ende der Feldzeit fast täglich in der Strategieabteilung nachfragen: Sind die neuen Zahlen schon da?

medianet:
Das alles klingt sehr nach jener Entwicklung der letzten Jahre, in der Agenturen immer mehr zum Berater für den Kunden werden, wodurch das Agenturgeschäft immer mehr zu einem Consulting-Business geworden ist. Hält dieser Trend an?
Bayer: Das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Marke ist bei den österreichischen Unternehmensverantwortlichen noch nicht überall so durchgedrungen. Marketing wird noch immer zum Teil unterschätzt und oft nur auf die Umsetzung fokussiert und zu wenig auf die Marke an sich.

Wir sind aber der Meinung, dass nur laut sein nichts bringt. Bei uns muss die Umsetzung mit der Markengeschichte Hand in Hand gehen – eines ohne das andere ist sinnlos.

Hofmann: Zum Beispiel ist es für den Erfolg eines Markenprozesses unerlässlich, dass die entscheidenden Mitglieder der Geschäftsführung dabei sind. Die nehmen sich dann vier, fünf Halbtage Zeit. Die Marke steuert sehr viel zum Unternehmenserfolg bei. Bis zur obersten Ebene muss ein Bewusstsein entstehen, das sagt: Marke geht uns alle an! Unsere Studienergebnisse zeigen, dass sehr gut positionierte Marken den Markenwert bis zu sechs Mal stärker steigern können als andere – und das unabhängig vom Media-Etat. Die Recall-Werte kann man schnell steigern, diese bringen aber oft nicht den gewünschten nachhaltigen Effekt.
Bayer: Ziel muss es sein, als Unternehmen relevant zu differenzieren. Dafür ist es unerlässlich, zu definieren, warum man was wie tut. Und das ist die Positionierung der Marke.

Eine Folge dieses Zugangs in unserer Arbeit ist, dass wir zahlreiche Pitches, zu denen wir eingeladen werden, absagen – weil wir nicht immer genug Raum für die grundsätzliche Erarbeitung der Markengeschichte sehen.


medianet:
Warum?
Hofmann: Wenn ein Unternehmen acht bis zehn Agenturen antanzen lässt, weiß man schon, dass die sich vorher nicht mit der Materie beschäftigt haben. Es ist dann für uns relativ sinnlos oder auch oft gar nicht möglich, hier ins Detail zu gehen.
Bayer: Es ist daher umso wichtiger, dass sich die CEOs ganz intensiv um die Marke kümmern. Ich komme von Nike, da steht das auf der Tagesordnung. Da werden oft Produktionen, die bereits Kosten verursacht haben, in letzter Sekunde gestoppt, weil sie doch nicht ganz zur Markenpositionierung passen. Oft hören wir dann, dass man sich nicht mit so großen Marken vergleichen kann. Klarerweise ist der österreichische Markt klein, aber es darf keine Entschuldigung sein, dass man aus Österreich kommt. Man braucht sich nur Beispiele wie Runtastic ansehen. Durch die Digitalisierung kann man über die Grenzen hinweg in Sekundenschnelle bekannt werden.
Hofmann: Konsumenten kaufen auch eine Haltung, die hinter einem Unternehmen steht. Genau das wollen wir mit Unternehmen entwickeln, um einen klaren Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Mit Nike kaufe ich mir nicht nur Turnschuhe, sondern auch eine Wertvorstellung. Das ist in Österreich noch sehr selten. Viele wollen funktionelle Benefits, diese sind aber oftmals beliebig austauschbar.

 

medianet: Ist Y&R damit für Unternehmen, die sich über den Preis differenzieren, dann eher weniger geeignet?
Hofmann: Nicht unbedingt. Wir machen auch viel im Handel. Man muss hier natürlich sehr viel über den Preis arbeiten. So differenziert sich der Diskonter Hofer vordergründig sehr viel über den Preis, in Wirklichkeit aber nicht. Bei Hofer hat man jedenfalls das Gefühl, dass etwas günstiger ist, auch wenn das nicht immer stimmt.

medianet: Wie sehen Sie generell die Marktentwicklung; hat sich die Verkrampfung, das vorsichtige Agieren etwas gelockert?
Bayer: Die Stimmung ist aktuell wieder gut. Die wenigsten Kunden jammern. Viele Unternehmen haben neuen Schwung und wollen neue Zugänge finden. Sie wollen wieder etwas visionärer sein, gerade auch wenn man sieht, wie erfolgreich disruptive Marken wie Airbnb oder Uber sind.
Hofmann: Ja, es geht bei einigen Kunden viel weiter, aber auch in den vergangenen Jahren war keine negative Stimmung zu hören.

medianet:
Und wie sieht es mit den Mediaspendings aus? Wie haben sich die entwickelt?
Bayer: Das Budget wird nicht weniger, die Kunden denken aber deutlich intensiver darüber nach, wem sie wie viel Geld geben. Die Verteilung ist eine andere geworden.

medianet:
Welche Ziele hat sich Y&R für 2017 gesteckt? Welches Wachstum erwartet man sich?
Bayer: Wir wollen unserer Linie treu bleiben und eine markenbasierte Kommunikation entwickeln, die einen Unterschied ausmacht. Im Moment haben 30 Mitarbeiter, wollen aber auch keine 70-Personen-Agentur werden, da wir bei den Projekten auch involviert sein wollen.

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