Immer mehr sind immer länger ohne Arbeitsplatz
CAREER NETWORK PETER KRIST 13.02.2015

Immer mehr sind immer länger ohne Arbeitsplatz

Arbeitsmarkt Langzeitarbeitslosigkeit schnellt nach oben, Dauer der Wirtschaftskrise verschärft die aktuelle Situation

Die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt an – und auch deren durchschnittliche Dauer wächst weiter.

Wien. Arbeitslose in Österreich waren 2014 im Schnitt 104 Tage lang ohne Job – das ist um eine ganze Woche mehr, als noch im Jahr davor (97 Tage). Zum Vergleich: 2008, also noch bevor die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu spüren waren, betrug die Verweildauer im Schnitt noch „nur” 88 Tage.

Immerhin findet „der Großteil” der Arbeitslosen schneller wieder ins Arbeitsleben zurück – die meis-ten (69%) innerhalb der ersten drei Monate, erklärt Beate Sprenger vom Arbeitsmarktservice (AMS). Jeder vierte Arbeitslose benötigt zwischen drei und sechs Monaten.

5x so viele lange ohne Job

Nur knapp 1% fand länger als 365 Tage keinen Job und galt damitals langzeitarbeitslos; im Jänner waren das in absoluten Zahlen 20.207 Personen (der Großteil davon männlich). Das klingt zwar nach relativ wenig, vergleicht man die Zahl jedoch mit der Vorjahreszahl, ist der Anstieg dramatisch. Denn die Zahl hat sich mehr als verdoppelt (+132,5%); sie sei natürlich relativ „hoch”, so Sprenger, insgesamt seien aber nach wie vor sehr wenige Personen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen.Hedwig Lutz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) will das so nicht gelten lassen. Denn sobald ein Arbeitsloser in diesen 365 Tagen an einer Schulung teilnehme, die länger als 28 Tage dauert oder vorübergehend eine Stelle findet, fällt er laut der Arbeitsmarktexper-tin aus dieser Definition heraus und die Zählung beginnt bei Null. Deshalb seien die Langzeitbeschäftigungslosenzahlen „wesentlich aussagekräftiger”. Personen, die über 365 Tage arbeitslos gemeldet sind, werden nach AMS-Definition als langzeitarbeitslos gezählt, Unterbrechungen bis zu 28 Tage bleiben unberücksichtigt. Langzeitbeschäftigungslos sind hingegen auch jene, die in diesem Zeitraum an Schulungen teilnehmen odervorübergehend einen Job haben. Und „es zeigt sich, dass es de facto viel mehr Menschen gibt, die innerhalb eines Jahres nicht nachhaltig ins Beschäftigungssystem integriert werden können, als mit dem Indikator Langzeitarbeitslosigkeit ersichtlich ist”, warnt Lutz. „Viel mehr” waren nach der Definition des Begriffs Langzeitbeschäftigungslosigkeit im Jänner 102.784 Personen, also mehr als fünfmal so viele wie jene, die das AMS als langzeitarbeitslos bezeichnet. Auch hier ist der Anstieg gegenüber Jänner 2013 beträchtlich: Mehr als 31.340 Personen beträgt das Plus, das sind fast 44%. Die beiden Arbeitsmarktexpertinnen sehen dafür zwei Gründe: Einerseitstun sich durch die lange Dauer der Krise immer mehr Menschen schwer, in Beschäftigung zurückzufinden. Das treffe insbesondere ältere Erwerbspersonen, deren Zahl wegen der starken Jahrgangs-besetzungen und wegen des erschwerten Zugangs in vorzeitige Pensionen steigt. Die Zahl der Arbeitsplätze erhöht sich zwar ebenfalls, aber es kommen auch immer mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt. „Die einen verdrängen die anderen”, vor allem bei weniger gut Qualifizierten, so Lutz.Zweitens wirkt sich die Tatsache, dass das AMS weniger kurzfristige Schulungen anbietet, auf die Statistik aus. Sprenger erklärt, dass deutlich weniger, dafür jedoch längere und qualitativ hochwertigere Schulungen angeboten werden. Das AMS hat seinen Schwerpunkt, wie auch AMS-Vorstand Johannes Kopf kürzlich erklärte, verschoben: Großer Wert wird auf die Reintegration älterer Arbeitnehmer gelegt, dafür gibt es weniger Qualifizierungen. Diese Maßnahmen beginnen auch langsam zu greifen, so Sprenger.

Je älter, desto schwieriger

Ältere Personen sind von Langzeitarbeitslosigkeit besonders stark betroffen: 47% der Menschen, die 2014 länger als zwölf Monate keinen Job hatten, waren über 50. Gut jeder zweite Langzeitarbeitslose entstammt der größeren Gruppe der 25- bis 49-jährigen Arbeitslosen. Ältere Arbeitnehmer verlieren zwar nicht so schnell ihren Job wie jüngere, so Lutz – aber wenn, ist es für sie umso schwieriger, wieder einen neuen zu bekommen.Das lässt sich auch an den Zahlen des Sozialministeriums ablesen: Während die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit bei 104 Tagen liegt, sind über 50-Jährige bereits mindes-tens 121 Tage auf der Suche; zwischen 55 und 59 Jahren sind es dann schon 138 Tage.Auch Lutz glaubt, dass die Maßnahmen, die von Regierung und AMS für die Gruppe 50 plus gesetzt wurden, zu greifen beginnen. Dazu zählt etwa die Eingliederungsbeihilfe, eine Lohnkostensubvention für Betriebe, die ältere Arbeitslose einstellen. Die Arbeitslosenquote der Altersgruppe 50 plus ist zwar nach wie vor höher als im Durchschnitt aller Altersgruppen, sie ist aber etwa zuletzt im Jänner etwas weniger stark gestiegen, so Lutz.

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