Lorentschitsch wehrt sich gegen AK-Preisvergleiche
RETAIL fritz weber 04.03.2015

Lorentschitsch wehrt sich gegen AK-Preisvergleiche

Unseriöse Analysen Die Tests der AK lassen laut Handelsvertreterin zahlreiche grundlegende Komponenten außen vor

Rahmenbedingungen in Österreich: höhere Belastungen und Einkaufspreise, „schwierigere” Topografie.

Wien. Wien ist teurer als Berlin. Günstigste Lebensmittel schlagen sich hierzulande um ein Fünftel höher zu Buche als in Deutschland. Das schreibt die Arbeiterkammer AK letzte Woche in einer Aussendung, in der sie auf einen Preismonitor vom Februar dieses Jahres verweist. Die 40 preiswertesten Lebensmittel aus jeweils acht Supermärkten und Diskontern in Wien und Berlin wurden dabei untersucht. Das Ergebnis: Der Warenkorb kostete in Wien 91,95 €, in Berlin waren es nur 75,97 €. Wien ist daher der AK zufolge um 21 Prozent teurer als die deutsche Hauptstadt. „Der Preisaufschlag lässt sich nicht schönreden”, kommentiert AK-Konsumentenschützerin Gabriele Zgubic das Resultat.

„Unsaubere Untersuchung”

Die Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich will das so nicht auf ihrer Branche sitzen lassen. „Wenn manche Produkte in Österreich teurer sind als etwa in Deutschland, dann liegt das nicht an einem Körberlgeld, das sich der Handel machen würde, sondern an höheren Kosten, mit denen österreichische Händler konfrontiert sind”, erklärt Sparten-Obfrau Bettina Lorentschitsch und ergänzt: „Ja, es gibt Waren, darunter auch Lebensmittel, die in Wien teurer sind als in Berlin: Andernfalls würde das ja bedeuten, dass ein europäischer Einheitspreis existiert – und das kann ja niemand wollen. Vielmehr sind unterschiedliche Preise Teil und logische Folge der Marktwirtschaft.” Dazu komme, dass die Behörde ihre Untersuchung so wie jedesmal unsauber durchgeführt habe und etwa Aktionen im Lebensmittelhandel unberücksichtigt lässt. Dazu Lorentschitsch: „Das wiegt umso schwerer, als im Lebensmittelhandel in Österreich der Aktionsanteil bei über 30 Prozent liegt.” Es spreche für den österreichischen Handel, dass es trotz der wesentlich höheren Belastungen viele Produkte gebe, die in Österreich gleich viel kosten wie in Deutschland, und dass es sogar manche Waren gebe, die hierzulande billiger sind, erläutert die Obfrau weiter. Auch das habe die Arbeiterkammer immer wieder zugegeben. „Nur ist diese Botschaft weniger spektakulär, weshalb davon in der Öffentlichkeit so gut wie nie die Rede ist.”

Österreich benachteiligt

Außerdem wünscht sie sich, dass endlich damit aufgehört wird, die Preise immer nur mit Deutschland zu vergleichen. „Dass die Schweizer nach Österreich strömen, um bei uns billiger einzukaufen, ist eine Tatsache, die kaum den Weg in eine Schlagzeile findet.” Zu Wortmeldungen aus der Politik hat Lorentschitsch auch etwas zu sagen: „Auch Politiker können wissen, dass Rahmenbedingungen nicht nur aus der Umsatzsteuer bestehen. Der Vergleich mit Deutschland zeigt nämlich auch in den meisten anderen Bereichen exorbitante Nachteile für die österreichischen Betriebe.” Als Beispiele nennt sie höhere Steuern (nicht nur die Umsatzsteuer-Differenz von drei Prozentpunkten für Lebensmittel), höhere Sozialversicherungsabgaben (neun Prozent mehr), höhere Belastungen, die aus dem Umweltrecht resultieren (dazu ein wesentlich strengerer Vollzug in Österreich), strengere Lebensmittelkontrollen, höhere Verkaufsflächendichte, eine andere Topografie (höhere Transportkosten) und höhere Einkaufspreise. „Keine dieser Ursachen ist für sich allein ausreichend, um die Preisunterschiede, die teilweise bestehen, zu erklären; in ihrer Gesamtheit hingegen wiegen all diese Unterschiede schwer”, kommentiert die Handels-Obfrau.

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