Lohnt sich Leistung in Österreich denn noch?
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OÖ Leistungspreis 2015 ausgeschrieben, um das „Gold in den Köpfen” der jungen ­Menschen in Oberösterreich zu heben: Landesrat Strugl (l.), Steuerberater Raml.
CAREER NETWORK PAUL CHRISTIAN JEZEK 29.05.2015

Lohnt sich Leistung in Österreich denn noch?

Aktuelle IMAS-Studie Das Meinungsbild der Österreicher rund um Beruf und Leistungsbereitschaft

Strugl: „Engagement und Gründergeist müssen wieder einen höheren Stellenwert bekommen.”

Linz. Die Österreicher vertreten wohl die Meinung, dass sich Leis-tung lohnen muss. Aber welche Art von Leistung steht dabei im Beruf im Vordergrund? Um Aufschluss darüber zu erhalten, hat das IMAS in einer Eigenstudie an 1.000 Österreicher die Frage gerichtet, wovon es ihrer Meinung nach in ers-ter Linie abhängen soll, was ein Mensch im Beruf verdient.

Auf vier Kriterien sollte es nach Ansicht der Bevölkerung ganz besonders ankommen, nämlich auf:

•?die körperliche Schwierigkeit der Arbeit (von 70% genannt);
•?die Verantwortung, die jemand für andere Menschen trägt (65%);
•?die Erfahrung (62%);
•?das gesundheitliche Risiko, das jemand im Beruf hat (61%).

Im Mittelfeld der Abfrage rangieren dann Aspekte wie geistige Schwierigkeit der Arbeit und das finanzielle Risiko. Kreativität, Flexibilität, etc. werden nur von kleinen Teilen der Bevölkerung als besonders wichtig genannt.
Interessanterweise ergibt sich dieses Bild nahezu ident unter erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Personen; die Bevölkerung ist somit in der grundsätzlichen Einschätzung sehr einheitlich.
Im Trend zu 2010 zeigen sich einige bemerkenswerte Auf und Abs: Die Bedeutung des finanziellen Risikos nimmt deutlich zu, auch das Dienstalter und die Erfahrung; hingegen sinkt die Bedeutung der Zuverlässigkeit.

Stärkere Belastungen

Vier Fünftel der Österreicher meinen, dass die Belastungen am Arbeitsplatz zunehmen, nur jeder Zehnte empfindet das Gegenteil. Genau genommen sind es 47%, die der Aussage, die Belastungen am Arbeitsplatz haben stark zugenommen, voll und ganz zustimmen. Überdurchschnittlich häufig äußern dies Personen zwischen 35 und 59 Jahren, Facharbeiter und einfache Angestellte.
„Zahlt sich Leistung im Beruf noch aus?” Bei dieser Fragestellung zeigt sich eine klare Meinungspolarität. Rund 44% der Bevölkerung würden die Aussage, Leistung zahlt sich in Österreich nicht aus, bejahen, rund 45% verneinen. In den beiden äußeren Skalenbereichen liegt das Verhältnis bei 10 zu 16. Männer, Personen zwischen 35 und 59 Jahren und Menschen mit höherer Bildung äußern häufiger Zweifel an der Leistungsgerechtigkeit.
Bemerkenswert: Jeder zweite Österreicher ist zumindest teilweise der Ansicht, dass junge Menschen nicht mehr so leistungsbereit sind wie noch vor zwei bis drei Jahrzehnten. Knapp zwei Fünftel würden dieser Behauptung widersprechen. In der sogenannten Top-Box zeigt sich ein deutliches Altersgefälle: Je älter, desto eher gilt der Rückgang der Leistungsbereitschaft der Jugendlichen als gegeben.

Die Jungen lassen nach

„Es muss uns zu denken geben, dass laut dem vorliegenden Befund aus der Meinungsforschung die Bedeutung von Leistung in der Bevölkerung abnimmt”, kommentiert der oberösterreichische Wirtschafts-Landesrat Michael Strugl die Ergebnisse der aktuellen IMAS-Studie. So sei beispielsweise die Bedeutung des Faktors „Einsatzbereitschaft und Zeit, die jemand für seinen Beruf aufwendet”, im Vergleich zu einer Erhebung im Jahr 2010 sogar zurückgegangen.
„Damit setzt sich ein bedauerlicher Trend fort, denn schon eine IMAS-Umfrage vom Oktober des Vorjahres hat ergeben, dass Leis-tung und sozialer Aufstieg keine anstrebenswerten Lebensziele mehr sind”, bedauert Strugl.

Anforderungsprofi veraltet?

„Aus dem Gesamteindruck dieserUmfrage drängt sich der Eindruck auf, dass sich das berufliche Anforderungsprofil der Bevölkerung noch stark an der Realität der Schornsteinindustrie orientiert und somit etwas veraltet wirkt”, kritisiert der oberösterreichische Steuerberater Markus Raml, Initiatordes Raml und Partners Forums, eines gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Thinktanks. „Zubezweifeln ist, ob das derzeit nochbestehende berufliche Tugend-register in ausreichender Weise dem modernen Ideal eines initiativen, geistig flexiblen Arbeitnehmertyps entspricht, den die Wirtschaft zur Behauptung im internationalen Wettbewerb benötigt.”
Leistung könne nicht grenzenlos sein, es bedürfe in Zukunft stärkerer qualitativer Aspekte als quantitativer, sagt Raml. „Die Umfrage zeigt, dass die Aussage ,Leistung zahlt sich im Beruf aus' nicht eindeutig bejaht wird und somit ein starker Zweifel der Bevölkerung erkennbar ist. Das ist eine Gefahr für den Glauben an den sozialen Aufstieg und die Leistungsorientierung!” (pj)

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