„Ein gemeinsames Ziel”
© Tanja Hofer
„In Wahrheit haben wir ja alle ein gemeinsames Ziel, und das ist die höhere Wertschöpfung”, plädiert Hannes Anton für eine „verstärkte Zusammenarbeit in der ganzen Angebots-palette”.
DESTINATION sabine bretschneider 29.09.2017

„Ein gemeinsames Ziel”

Burgenland Tourismus-Chef Hannes Anton über Chancen und ­Defizite im östlichsten Bundesland – und über Wiener Schwachsinn.

••• Von Sabine Bretschneider

WIEN/EISENSTADT. Seit Anfang Juli ist der ehemalige Podersdorf Tourismus-Chef Hannes Anton Direktor des Burgenland Tourismus. Im Gespräch mit medianet zieht er eine Bilanz seiner ersten 100 Tage und skizziert seine Vorstellungen für das Burgenland.

medianet:
Ihre berufliche Biografie ist sehr vielfältig. Sie waren in der Brauereibranche, bei der Kärnten Werbung, bei Casinos Austria …. Was können Sie von diesen Stationen in ihrem jetzigen Job einsetzen?
Hannes Anton: Jeder Bereich trägt etwas dazu bei. In 17 Jahren Brauerei in Kärnten kommt man in engen Kontakt mit den Gastronomen, Beherbergern, eignet sich Know-how an und lernt auch die Probleme dieser Seite genau kennen. In der Kärnten Werbung lag der Fokus auf dem Eventbereich, man hat damals versucht, über Imagewerbung und insbesondere über Events die Marke Kärnten neu aufzupolieren, sich neu zu positionieren. Das hat auch sehr gut funktioniert.

medianet:
Sie haben in Kärnten das größte Harley Davidson-Treffen Europas am Faaker See mitorganisiert, Sie haben sogar ‚Wetten dass' nach Klagenfurt geholt … Welchen Event würden Sie gern ins Burgenland holen?
Anton: Wir haben ja vergangenes Jahr schon die ‚Starnacht' in Podersdorf gehabt. Fernsehtechnisch wäre es aber natürlich ein Hammer, wenn wir wieder etwas wie den ‚Winzerkönig' (TV-Serie mit Harald Krassnitzer als Winzer in Rust, Anm.) hätten. Wir haben so ein vielfältiges Angebot – und das müsste sich auch widerspiegeln. Mit einer Fernsehserie, die langfristig läuft, hat man schon eine nachhaltige Werbewirkung. Wenn Sie an das ‚Schloss am Wörthersee' denken, das hat für den Tourismus schon einiges gebracht.

medianet:
Seit ­Ihren Auftritten in ‚Narrisch guat' und dem ‚Sommerkabarett', das Sie organisiert haben, haben Sie ja auch einen guten Draht zum ORF...
Anton: Ich hab mir in meiner Zeit bei der Kärnten Werbung gute Kontakte zum ORF und auch zum ZDF erarbeiten können. Wir sind in Gesprächen mit dem ORF und auch an kleineren Projekten dran. Aber da ist bis jetzt noch nicht spruchreif.

medianet:
Sie haben auch in der Politik Erfahrungen gesammelt. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen? Eine hohe Frustrationstoleranz?
Anton (lacht): Nein, ich möchte meine Jahre in der Politik gar nicht missen, obwohl sie in meiner Lebensplanung im Vorfeld gar nicht vorgekommen sind. In meinen Jahren bei der Villacher Brauerei habe ich 15 Jahre lang einen Arbeitskollegen gehabt, den Gerhard Dörfler, der nach dem Tod von Jörg Haider Landeshauptmann geworden ist. Und der hat mich dann gebeten, von Casinos Austria in die Landesregierung zu wechseln, als Protokollchef, und für meinen Heimatbezirk im Landtag zu sitzen, wo ich dann auch wieder mit den Tourismusagenden betraut war. Es war ein Blick hinter die Kulissen und eine spannende Zeit. 2012 hab ich als Protokollchef den Besuch des Dalai Lama organisiert. Das war schon ein einzigartiges Erlebnis, eine Gelegenheit die man im ­Leben nicht so oft hat.

medianet:
Ihre letzte Station war der Podersdorf Tourismus. Gibt es Strategien, die man jetzt übernehmen, also einfach vom Kleinen ins Große übertragen kann?
Anton: Ja, ich denke, dass etwa Podersdorf in gewisser Weise den gesamten burgenländischen Tourismus widerspiegelt: Viele kleine private Vermieter, die mit der großen Herausforderung konfrontiert sind, noch mehr in Qualität zu investieren und wieder schöne Arbeitsplätze im eigenen Ort zu errichten. Was das ganze Burgenland brauchen könnte, ist, dass man insgesamt wieder eine gestärkte positive Tourismusgesinnung hat.

medianet: Konkret heißt das …?
Anton: Es muss eine verstärkte Zusammenarbeit in der ganzen Angebotspalette geben. Ich habe oft das Gefühl, es gibt noch zu viele ‚Satelliten'; unsere Aufgabe ist es, sie alle zusammenzufangen. In Wahrheit haben wir ja alle ein gemeinsames Ziel, und das ist die höhere Wertschöpfung. Ich spreche ganz bewusst nicht in Nächtigungszahlen, sondern von Wertschöpfung. Beim heutigen Gästeverhalten, den vermehrten Kurzaufenthalten, ist der Gast heute, wenn er Qualität vorfindet, bereit, in drei, vier Tagen mehr auszugeben als früher in einer Woche.

Wir müssen uns also verzahnen, unsere Vorteile herausstreichen und die Leute dafür sensibilisieren, dass das Thema Tourismus ein unglaublich wichtiges ist, weil wir damit eine Milliardenwertschöpfung erzielen und Tausende Menschen im Tourismus beschäftigt sind. Das ist eine Botschaft, die auch bei den Gastgebern ankommen muss: Wir sind das Bundesland mit dem größten Angebot, mit der größten Vielfalt, mit dem besten Wein.


medianet:
Gibt es Überlegungen zu einer Vereinheitlichung der diversen Marken?
Anton: Erstens hat man mit dem neuen Tourismusgesetz schon einen wichtigen Schritt gesetzt, indem man die Verbände reduziert hat. Wir müssen im Denken auch wegkommen vom Nord-, Süd- und Mittelburgenland. Wir haben ein Burgenland mit über drei Millionen Nächtigungen in 2016. Wir sollten auch nicht mehr klein denken, sondern in größeren Einheiten. Und wir müssen schauen, dass wir die Marke Burgenland so stärken, dass alle, die als Anbieter auf den Markt gehen, egal welche Region und welches Produkt, automatisch davon mitgenommen werden. Es gab vor Kurzem die Gründung der Dachmarke Burgenland, wo wir dann wirklich alle zusammenschließen wollen. Mit dieser Dachmarke werden wir ab 2018 eine gemeinsame Strategie erarbeiten und das Burgenland noch besser nach innen, aber auch nach außen vermarkten.

medianet:
Kurz zu den Zahlen: Da jagt ja derzeit im Tourismus ein Rekord den anderen. Muss man sich um diese Branche also keine Sorgen machen?
Anton: Ich bin da sehr realistisch. Hier spielen auch die geänderten Reisebedingungen eine Rolle, aufgrund der ganzen Krisensituation weltweit. Der Flugtourismus geht zurück, es gibt einen Campingboom, die Leute verreisen wieder mit dem Auto – und das heißt, wir haben auch wieder mehr Bewegung im Land. Das spürt Österreich natürlich, und das spürt das Burgenland. Das sind also die momentanen Voraussetzungen – und wir als Tourismusorganisationen sind ohnehin nur die Türöffner; alles andere passiert draußen bei den Unternehmen, bei den Beherbergern.

Kurz: Ich sehe also eine große Gefahr darin, dass man bequem wird, sich zurücklehnt und sagt, die Welt ist eh in Ordnung. So soll es aber nicht sein. Man muss, wenn ein bisschen Geld hereinkommt, auch wieder investieren in die Qualität unserer Unterkünfte und generell nicht nachlassen. Parallel dazu muss man das Marketing gezielter machen und noch besser auf die Bedürfnisse unserer Gäste eingehen, noch mehr Angebote schnüren. Jede Wohlfühlphase birgt auch die Gefahr, dass man sich auf die Schulter klopft und vergisst, dass es in zwei, drei Jahren schon wieder ganz anders ausschauen kann. Das ist eine Riesenchance – und eine Riesengefahr.


medianet:
Die ÖVP will die erst im Vorjahr erhöhte Mehrwertsteuer für Beherbergungsdienstleistungen wieder senken? Ist das eine gute Idee?
Anton: Was da in der Vergangenheit passiert ist mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Registrierkassenpflicht, war ein Schwachsinn der obersten Klasse. Denn: In Wahrheit wurde genau das Gegenteil dessen erreicht, was man erreichen wollte. Erstens hat man den Wettbewerb geschwächt – und das Zweite ist: Uns ist damit ein großer Teil der kleinen Gastronomie weggebrochen, weil sie gesagt haben: So, und jetzt ist der Punkt gekommen, wo wir nicht mehr mitkönnen und wollen. Das sind diese Schreibtischtäter, die sich in Wien irgendwelche Geschichten ausdenken …. Es ist ja auch nicht damit erledigt, dass der Gastronom zusperrt. Es ist dann ja auch der Bäcker davon betroffen, der Fleischhacker, die Brauerei, der Winzer, der Elektriker, der Tischler … Wenn Sie mich fragen: Die Rücknahme dieser Steuererhöhung, diese Reparatur, das wäre oberstes Gebot! Da muss zukünftig jemand in der Regierung sitzen, der sich auch die Realität in den Betrieben anschaut und einmal direkt bei den Betroffenen fragt, wo der Schuh drückt.

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