Banken: zu viele strenge Regeln
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Hochkarätige Runde diskutierte über die Kreditlastigkeit in Österreich, die eventuelle Digitalisierungseuphorie und zu viele Regeln.
FINANCENET 25.09.2015

Banken: zu viele strenge Regeln

Eine hochkarätige Runde diskutierte die Lage der ­heimischen Banken. Die Herausforderungen bleiben ­bestehen, vieles wird man überdenken müssen.

••• Von Kurt Sattlegger

WIEN. Sieben Jahre sind seit Beginn der großen Finanzkrise vergangen – sieben magere Jahre auch für die heimischen Banken. Geht es jetzt wieder aufwärts? Mit dieser Frage setzte sich ein hochkarätiges Podium bei einer Veranstaltung des Finanz-Marketing Verband Österreich (FMVÖ) auseinander.

FMVÖ-Vizepräsident Josef Redl brachte einleitend einige Argumente für Optimismus: Die heimischen Problembanken seien fürs Erste unter Kontrolle, die Ertragslage habe sich verbessert, und ein gesunder Schrumpfungsprozess sei in Gange. Und das Vertrauen in die Hausbanken sei zurückgekehrt: „Die Weiterempfehlungsbereitschaft ist hier stärker als vor der Krise.”

Kredite wichtig für Investition

So ganz wollte das Podium auf den Optimismus nicht einsteigen. Josef Taus, Unternehmer, Ex-Politiker und auch Ex-Banker, brachte das heiße Eisen auf den Tisch: „Österreich ist außer Tritt gekommen, es gibt kein Wachstum, weil es keine Investitionen gibt.” Und er sah ein besonderes Problem für ­Österreich: Hierzulande würden 66% der Investitionen über Bankkredite gestemmt, in den USA seien es etwa nur 11%. Durch die strengen Regulierungen von Basel 3 würden „wir uns unsere Wachstumsschiene selbst zudrehen”. Jedenfalls hätte Österreich mehr Zeit gebraucht, das Finanzierungssystem (mehr über Kapitalmarkt) entsprechend umzustellen.

US-Regeln kontraproduktiv

Ähnlich sieht Franz Gasselsberger, Vorstandschef der Oberbank AG, die Situation: „Die Regulierungen sind mittelfristig ein Riesenproblem für uns.” Basel 3 sei noch gar nicht umgesetzt, und schon seien neue Vorschriften von der EZB zu erwarten, und Basel 4 werde bereits diskutiert.

Willibald Cernko, Vorstandschef der UniCredit Bank Austria AG, ­assistiert: „Die Europäer sollten sich auf die Hinterbeine stellen und nicht einfach die US-Spiel­regeln akzeptieren.”
Auch OeNB-Governeur Ewald Nowotny sieht „eine Gefahr durch zu viel Regulierung”. Jede einzelne Regel für sich mache Sinn, aber es geben eine Reihe von Institutionen (von EZB bis G20), die ständig neue vorschlagen, in Summe könne es zu viel sein.
Und sogar der Direkter der Wiener Arbeiterkammer, Werner Muhm („Lassen uns US-Spielregeln umhängen”), konnte zustimmen.

„Werden uns neu aufstellen”

Weiteres wichtiges Thema: Welches Geschäftsmodell sollten die heimischen Banken jetzt verfolgen? „Wir werden nicht daran vorbeikommen, uns völlig neu auszustellen”, zeigte sich Cernko überzeugt. Die Bank Austria investiere gerade 100 Mio. Euro in das digitale Angebot. Gasselsberger warnte vor einer „Digitalisierungseuphorie” und setzte auf den Faktor Mensch.

Der Konsolidierungsprozess (Stichwort: overbanked) habe erst richtig begonnen, war das Podium einig; es werde eine radikale Restrukturierung des Filialnetzes geben, meinte Cernko.

Eher Qualität wichtig

CEE bleibe weiter wichtig, allerdings, so Nowotny, dürfe das Wachstum nicht im Tempo vergangener Jahre weitergehen, auch weil im Notfall noch immer der Staat für die Banken geradestehen müsse: „Es muss in Zukunft eher um Qualität als Quantität gehen.”

Auch europaweit habe sich die Too-Big-To-Fail-Problematik in den letzten Jahren eher vergrößert, meinte Nowotny. So seien etwa deutsche und französische Institute weiter gewachsen, weil angeschlagene Mitbewerber übernommen wurden.

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