Einmalerlag vor dem Aus?
Ricardo Herrgott, APA/Helmut Fohringer
Peter Eichler„Der Deckungsstock ist eine Solidarveranstaltung, er gleicht im Zeitverlauf und zwischen den einzelnen Kunden aus. Neukunden zehren noch von alten, guten Veranlagungen, man darf aber den Deckungsstock nicht überstrapazieren.”
FINANCENET 09.10.2015

Einmalerlag vor dem Aus?

Peter Eichler, Vorstand von Uniqa Österreich, skizziert Alternativen, um den aktuell ­unlustigen Rahmenbedingungen der klassischen LV zu begegnen.

WIEN. Uniqa und Raiffeisen Versicherung sind Anfang des Jahres in Österreich vorgeprescht und haben die Lebenspolizze ohne Garantiezins lanciert. Im Interview erklärt Vorstand Peter Eichler die aktuellen Rahmenbedingungen für Versicherer.

medianet: Welche Überlegungen haben dazu geführt, wie ist der Verkauf der neuen Polizze bisher gelaufen?
Peter Eichler: Wir sind offenbar mit dem neuen Produkt richtig und gut gelegen, dies bezeugen die bis dato etwa 30.000 Abschlüsse. Wir erwarten bis Jahresende an die 40.000, Raiffeisen Versicherung und Uniqa gemeinsam. Es wurde sowohl vom angestellten Außendienst als auch von den Agenten und dem Bankenvertrieb sehr gut angenommen. Und es zeigt sich, dass auch von den Kunden die richtige Zielgruppe im Produkt anspart, das Durchschnittsalter liegt knapp unter 30 Jahren.

Kurz zur Erinnerung: Diese Lebensversicherung kommt ohne Rechnungszins aus, d.h. die ganze Kalkulation ist der aktuellen Zeit angepasst, weil wir zum einen die Kosten über die gesamte Laufzeit und zum anderen diese nicht aus der Prämie, sondern aus den Erträgen entnehmen. Bis auf die Versicherungssteuer gehen also 100 Prozent der Prämie in den Sparteil hinein. Garantiert sind lediglich das eingezahlte Kapital und eine lebenslange Rente mit Mindest-Betrag. Die Zillmerung (Anm.: Früher wurden sämtliche Abschlusskosten, also auch die Provision, zu Beginn der Laufzeit fällig, was bedeutete, dass es lange dauerte, bis das eingezahlte Kapital Früchte zu tragen begann) geriet angesichts des heutigen Zinsumfelds zu Recht in die Kritik. Das Produkt ist in der Darstellung sehr transparent, wir haben somit die Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz ab Anfang 2016 vorweggenommen. Auch die Versicherungssteuer mit vier Prozent bzw. elf Prozent bei Auszahlung aus einer Rentenversicherung gegen Einmalerlag vor dem zehnten Jahr nach Vertragsabschluss ist ein Anachronismus aus Zeiten mit ganz anderen Zinsen.


medianet: Ist mit einer weiteren Absenkung des Rechnungszinses zu rechnen?
Eichler: Davon kann ausgegangen werden, wir wollen daher ab 2016 auch alle anderen Produkte auf die neue Linie umstellen. Den Rechnungszins wird es nur mehr bei einigen biometrischen Produkten geben, die als zusätzlicher Baustein integriert werden können, etwa eine Berufsunfähigkeitspolizze.

medianet: Wie sieht es denn bei den Einmalerlägen aus?
Eichler: Wir haben heuer erstmals das Volumen kontingentiert. Der Grund liegt darin, dass die Verträge meist über zehn oder fünfzehn Jahre laufen und das, was man heute in risikoarmen Veranlagungen für zehn Jahre bekommt, weniger ist, als was wir zusagen und verdienen müssen. Die Belastung für den Deckungsstock würde andernfalls zu groß werden, man würde die neuen Polizzennehmer zulasten der alten bevorzugen. In der Raiffeisen Versicherung waren mit Ende März bereits 200 Mio. Euro gezeichnet, und auch bei Uniqa ist der Rollbalken sozusagen im April runtergegangen. Aus einem Veranlagungsnotstand heraus hätten aber gern viel mehr Kunden gezeichnet.
medianet: Wie sieht diese Praxis bei anderen Assekuranzen aus, was kommt 2016 auf uns zu?
Eichler: Auch andere begrenzen das Volumen. Der gesamte Markt wird 2016 vermutlich keine Einmal­erläge mehr zur Verfügung stellen. Die Politik sollte kapitalgedeckte Verfahren und die Pensionsvorsorge nicht als Kollateralschaden des Defizitabbaus sehen – bei allem ,Nutzen' der tiefen Zinsen für hochverschuldete Staaten sollte man auf die Versicherungswirtschaft nicht vergessen.

medianet: Das ‚Renditeheil' wird nun offenbar in Infrastruktur­projekten gesehen ....
Eichler: Ja, die EU-Kommission sähe gern, dass die Gelder teils in Form von Direktinvestitionen in Infrastruktur, z.B. für Schulen, Spitäler, Kindergärten, Windparks, etc. – in den USA sind es sogar Gefängnisse – umgeleitet würden. Dazu müssten aber die Eigenkapital-Anforderungen für Versicherer drastisch sinken. Die bisherigen Vorstellungen von 59% sind jedenfalls zu hoch. Die Branche braucht Vertrauen in die Regulierung und Rahmenbedingungen. (cr/lk)

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