Fondsmanager halten Indien, China die Stange
FINANCENET 30.01.2015

Fondsmanager halten Indien, China die Stange

Reformwille Für zahlreiche Fondshäuser wie Pioneer und Comgest könnten die beiden Märkte 2015 Highflyer sein

Comgest-Experten halten Energieversorger Power Grid of India für den aussichtsreichen Einzeltitel.

Wien. Vor rund zehn Tagen erlebten die beiden maßgeblichen chinesischen Aktienhandelsplätze den größten Tagesverlust seit Mitte 2008. Als Hauptgrund für den Kursrutsch auf breiter Front von fast acht Prozent sahen die Marktteilnehmer geplante Verbote für bestimmte Finanzprodukte, die massiv spekulatives Geld in Umlauf gebracht hatten. Dazu kommt das zu erwartende schwächere Wirtschaftswachstum in diesem Jahr – zwar immer noch 7,2%, aber doch die tiefste Zuwachsrate seit fast einem Vierteljahrhundert.

Dass China strenger bei den Finanzprodukten wird, gereicht nicht unbedingt zum Nachteil. Und dann scheinen sowohl China als auch Indien die Vorreiterrolle bei Reformen für die Region einzunehmen. Dies ASEAN-Staaten müssen folgen; dies meinen jedenfalls Emil Wolter und David Raper, beide Portfoliomanager Asia ex Japan bei der Fondsboutique Comgest.

Sehr heterogene Region

Walter Liebe, Senior Vice President von Pictet Asset Management, rechnet damit, dass die Emerging Markets in 2015 „die positive Überraschung des Jahres sein werden”. Marktteilnehmer beurteilten die südostasiatischen Volkswirtschaften derzeit en gros zuversichtlich; die Aussichten für Nordostasien schätzten sie jedoch negativ ein. „Diese Diskrepanz steht im Gegensatz zu unserer Sichtweise”, sagen Wolter und Raper. „Die Emerging Markets (EM) müssen seit geraumer Zeit sehr differenziert betrachtet werden. Potenzielle Gewinner in dieser heterogenen Umgebung würden die Länder sein, die ein gewisses Maß an Freiheit in ihrer Fiskal- und Geldpolitik behalten sowie ein starkes Engagement in Richtung strukturelle Reformen aufwiesen. Indien und China sind unserer Ansicht nach die besten Kandidaten, um in dieser Übergangsphase erfolgreich zu sein. Sowohl im Aktien- als auch im Anleihen-Bereich wird unser Fokus auf Qualität und Diversifikation der Emittenten liegen”, erläutert Hans Köck, Experte bei von Pioneer Investments Austria.Im Falle Indiens handelt es sich um eine relativ abgeschottete Volkswirtschaft mit sehr guter demografischer Entwicklung. Das Land beabsichtige, seine Industrieproduktion anzukurbeln, die Engpässe bei der Infrastruktur zu beseitigen und die ineffiziente öffentliche Verwaltung zu verbessern. Signalwirkung hat die klare Reformagenda der Regierung, so Comgest. Die Herausforderung für Indien besteht darin, mehr ausländische Investitionen anzuziehen, um die nachhaltige Wachstumsrate mit verbesserter Infrastruktur nach oben zu treiben. Gleichzeitig müssen strukturelle Schwächen wie ein hohes Maß an Bürokratie und Korruption abgebaut werden.

Reformprozess in China

China wiederum habe die Notwendigkeit erkannt, den Reformprozess zu beschleunigen, den Schuldenabbau innerhalb seiner Volkswirtschaft voranzutreiben und das Investitionsniveau zu reduzieren. In der Vergangenheit habe der zuletzt genannte Faktor das Land zwar zweifellos vor einem Abschwung bewahrt, aber um den Preis von Überkapazitäten in vereinzelten Sektoren. Positiv zu vermerken sei die Reformierung des Hukou-Systems, des Bereichs der staatlichen Unternehmen sowie des Finanzmarkts.Der Verfall der Ölpreise komme beiden Volkswirtschaften zugute.Die Anlageregion der ASEAN-Staaten stecke momentan in einer „Falle der mittleren Einkommen” fest. Die Investitionen in harte und weiche Infrastruktur sind seit der Asien-Krise nicht mehr weiter angestiegen und auch das Pro-Kopf-BIP stagniere. Die Bewertungen der ASEAN-Börsen liegen noch überden Langfrist-Durchschnitten. Als aussichtsreichsten Einzeltitel sieht Comgest den Stromnetzbetreiber Power Grid of India. (lk)

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