Schatzsuche in der Stadt
FINANCENET reinhard krémer 16.01.2015

Schatzsuche in der Stadt

Urban Mining Jahrhundertelang wurden auch wertvolle Materialien, einst Baustoffe, einfach unbeachtet gelassen

Steigende Rohstoffpreise brachten einen Trend: Urban Mining sieht die Stadt als Rohstoffquelle.

Wien. Über Jahrzehnte wurden Bodenschätze in die Städte verfrachtet und beispielsweise in Hochhäuser, Handys und Autos verbaut. Diese „Stillen Reserven” will man seit einigen Jahren in den Wirtschaftskreislauf zurückholen.

Die Größenordnungen sind beträchtlich, denn schon die beim Bau verwendeten Metalle machen eine beträchtliche Menge aus: In einer 100 Quadratmeter-Wohnung stecken bis zu 7,5 Tonnen davon, vor allem Stahl in den tragenden Konstruktionen. Bei Aluminium oder Kunststoffen kommt – rein statistisch gesehen – auf jeden Bewohner der Bundeshauptstadt je eine Tonne.

Die Preisrichtung ist klar

Kein Wunder also, dass „Urban Mining” (englisch für „Bergbau im städtischen Bereich”; siehe Kasten) eine dicht besiedelte Stadt als riesige „Rohstoffmine” sieht. Und diese Schätze können bei den ständig steigenden Rohstoffpreisen nicht mehr einfach unbeachtet liegen gelassen werden. So hat sich der reale, inflationsbereinigte Preis für Kupfer seit 1960 vervierfacht. Der Thomson Reuters/Jefferies CRB-Index als „Benchmark” für die Entwicklung der Rohstoffpreise hat sich im Bereich „Metalle” seit 1947 mehr als verzehnfacht. Zwar hat die Krise der letzten Jahre die Preise gedämpft, wie auch Entsorger Gerhard Schauerhuber beklagt: „Die aktuellen Preisrückgänge bei Rohstoffen und die matte Konjunktur drücken die Branche ordentlich.” Doch die langfristige Richtung ist klar: aufwärts. Die Preisentwicklung auf den Rohstoffmärkten geht nämlich nicht auf eine Verknappung der einzelnen Rohstoffe zurück, sondern wird von Experten mit einem fundamentalen Strukturwandel auf der Nachfrageseite in Verbindung gebracht, der eng mit der fortschreitenden Globalisierung der Weltwirtschaft in Zusammenhang steht.

Als Anleger profitieren

Damit rückt also alles, was an kostbaren Rohstoffe auch in den Wänden abrissreifer Gebäude, auf längst vergessenen Mülldeponien und ausgedienten elektronischen Geräten liegt, in den Fokus „urbaner Mineure”, die heuer mit der neuen Recyclingbaustoffverordnung hieruzulande erstmals gesetzliche Rahmenbedingungen erhalten. Anleger können in Öster-reich nur indirekt über Aktien von Bauunternehmen, die in diesem Segment engagiert sind, profitieren: mit Aktien der Porr AG (ISIN: AT0000609607) oder der Strabag (ISIN: AT000000STR1). Bei beiden ist der Prozentsatz an der Konzernleistung aber nicht sehr hoch.Mehr Auswahl gibt’s im Ausland: In Frankreich sind Veolia mit den Geschäftsschwerpunkten Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft, Energie und Transport und rund 249.000 Mitarbeitern (ISIN: FR0000124141) sowie Séché Environnement (ISIN: FR0000039109) sehr aktiv.In Deutschland lohnt sich ein Blick auf Interseroh (ISIN: DE0006209901) und Alba (ehemals Interseroh; auf die Sekundärrohstoffe Stahl- und Metallschrott spezialisiert; ISIN: DE0006209901). In den USA ist der Kurs der Rock Tenn Co. (ISIN: US7727392075) heuer bereits stark gestiegen; man traut dem Unternehmen, das unter anderem auch im Recycling-Bereich aktiv ist, aber durchaus weitere Kursgewinne zu.Die Aktie des Unternehmens lief im Vorjahr eher „mau”, hat aber Fantasie: Erst vor wenigen Tagen wurde ein Entsorgungs-Auftrag des Pharmariesen Boehringer am Standort im deutschen Biberach übernommen.

Geld mit Müllverbrennung

Nicht im Urban-Mining-Bereich, aber als Entsorger tätig ist die deutsche MVV Energie (ISIN: DE000A0H52F5). Der Versorger gewinnt aus Abfall Energie; die Dividendenrendite der Aktie wird heuer bei mehr als 3,5 Prozent liegen, wie Experten berechneten.

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