Wow-wow!
© Stephane De Sakutin/AFP/picturedesk.com; Bonhams
Jeff Koons (* 1955)Fünf Unikate des „Balloon Dog” (307,3 x 363,2 x 114,3 cm) gibt es: Pink (oben bei einer Austellung 2008 in Versailles), Blau, Gelb, Grün und Orange. Letzterer hält seit 2013 mit 43,6 Mio. € den Preisrekord.
FINANCENET 05.02.2016

Wow-wow!

Die Preise für tierische Bilder und Skulpturen zeigen: Der Kunstmarkt ist auf den Hund gekommen.

••• Von Marie-Thérèse Hartig

Je mehr ich von den Menschen sehe, umso lieber habe ich meinen Hund.” Diese Einstellung des preußischen Königs Friedrich II. teilen bis heute viele Zeitgenossen: Laut einer Schätzung des Tierbedarf-Marktführers Fressnapf leben in Österreich 640.000 Hunde, Tendenz steigend. Wer in bescheideneren Umständen lebt als der „alte Fritz”, der auf seinem Schloss Sanssoucis zeitweise 50 bis 80 Windspiele gleichzeitig hielt und mit ihnen Tisch und Bett (bis hin zur letzten Ruhestätte in Sarkophagen) teilte, der sammelt die treuen Vierbeiner aber vielleicht doch besser kunstvoll, sprich: in Form von Kunstwerken anstelle lebendiger Tiere.

Auswahl hat der Kunstmarkt jedenfalls genug zu bieten, denn zu allen Zeiten hielten Kunstschaffende die besten Freunde des Menschen gern im Bild oder in Skulpturen fest. Eines der ältesten Beispiele der Beziehung zwischen Zwei- und Vierbeiner datiert aus dem ersten Jahrhundert vor Christus: Die Marmorstatue eines Kindes, das einen Malteserhund liebevoll an die Brust gedrückt hält, befindet sich heute im Archäologischen Nationalmuseum Athen.

Stählerne Ballonpudel

Während der Wert dieser Antiquität sich nicht einmal schätzen lässt, kann man den Preis zeitgenössischer Kanidenkunst sehr genau bestimmen: Im November 2013 erzielte Jeff Koons „Balloon Dog (Orange)” bei einer Christie’s-Auktion in New York 58,4 Millionen Dollar (43,6 Mio. Euro). Okay, es handelt sich bei diesem Werk um den allerersten von fünf verschiedenfarbigen Luftballonpudeln, die übrigens aus farbbeschichtetem, hochglänzendem Edelstahl bestehen. Und Koons ist für seine überdimensionalen Hundeplastiken berühmt – man denke etwa an seinen zwölf Meter hohen, mit Blumen bepflanzten Westie-Welpen „Puppy” vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao.

Zurück zum Rekordrüden. Natürlich wird ein derart aberwitziger Preis so schnell nicht wieder erreicht werden. Wer aber meint, Millionen für die künstlerische Darstellung eines Hundes seien einmalig, der irrt. Allein Keith ­Haring hat mehrere Arbeiten in dieser Preiskategorie vorzuweisen, zuletzt etwa „Untitled (Dancing Dogs)”, die im Mai 2014 bei Sotheby’s knapp 4,6 Millionen Dollar (3,3 Mio. Euro) einspielten. Oder Andy Warhol und Jean-Michel Basquiat, deren „Untitled (Two Dogs)” in derselben Auktion in New York für 1,09 Millionen Dollar (791.000 Euro) zugeschlagen wurden.

Modische Hunderassen

Nun aber zu fürchten, am Hundekuchen nicht mitnaschen zu können, weil man bedauerlicherweise kein Millionär ist, wäre auch ein großer Fehler. Tatsächlich stammen die meisten Gemälde von Hunden aus dem 19. Jahrhundert und sie spiegeln die Modetendenzen dieser Zeit wider. Soll heißen: Jene Rassen, die damals en vogue waren, findet der Hundefreund zuhauf, während andere früher eine untergeordnete Rolle spielten und daher kaum abgebildet wurden. Als Beispiel nennt Bonhams-Experte Sam Travers den schwarzen Labrador, der heute zu den beliebtesten Rassen zählt, aber nur selten auf dem Kunstmarkt auftaucht.

Umgekehrt sind sehr zeittypische Rassen wie etwa der Otterhund, der in der viktorianischen Epoche besonders populär war, heute in natura extrem selten geworden; in Großbritannien steht dieser Hund sogar auf der Liste der bedrohten Rassen. „Bei Gemälden scheint es jedenfalls eine Hierarchie zu geben”, erklärt Hundefachmann Travers, „die mit den hocharistokratischen Rassen anfängt, allen voran der Pointer, gefolgt vom King Charles Spaniel, Mops und Terriern.” Noblesse oblige.
Wie sich der Zeitgeschmack auf die Preisentwicklung von Hundebildnissen auswirkt, ist schwer zu sagen. Einerseits hat etwa die vor einigen Jahren einsetzende Mops-Mode starke Auswirkungen auf die Auktionsresultate gehabt, andererseits gab und gibt es aber immer auch Rassen, die quasi immun gegenüber Fashion-Trends waren, zum Beispiel Terrier und Foxhounds. Einer, der diese beiden Rassen besonders gern portraitierte, war der britische Künstler John Emms; sein Gemälde „New Forest Foxhounds” wurde 2006 bei Bonhams für 860.000 Dollar (772.000 Euro) versteigert und hält damit bis heute hausintern den Rekord. Es gibt aber auch Arbeiten von Emms, die für wenige Tausend Euro zugeschlagen wurden und ebenfalls durchaus dekorativ sind.

Prominente Paare

„Am wertvollsten und begehrtesten sind Arbeiten, bei denen ein berühmter Hund eines berühmten Besitzers für einen berühmten Sammler gemalt wurden”, analysiert Sam Travers die Marktlage. „Ein Beispiel wäre etwa Edwin Landseers Gemälde von Prince ­Alberts Greyhound Eos, das von Königin Victoria in Auftrag gegeben wurde und eines der bekanntesten Hundebilder überhaupt darstellt. Das kommt natürlich nie zu einer Auktion, aber es beschreibt anschaulich die drei Top-Kriterien für die Preisfindung.”

Dazu kommt – und das stellt die unbekannte Variable dar – die emotionale Komponente, die jedem Kauf durch einen Hundesammler innewohnt. Nur so ist es zu erklären, warum etwa ein Gemälde von William Henry Hamilton Trood, „Sweet Slumber”, von Travers auf 10.000 bis 15.000 Dollar geschätzt wurde, bei der Auktion aber 27.000 Dollar erreichte; oder – noch drastischer – Troods „Dejeuner” 1987 bei Christie’s vergleichsweise moderate 18.000 Pfund (rund 30.000 Dollar) Hammerpreis erzielte, 2012 bei Bonhams hingegen 160.000 Dollar. Besonders eindrucksvolle Beispiele für Preissteigerungen stellen die Arbeiten von Cassius Marcellus Coolidge dar. Der amerikanische Maler wurde mit seiner Serie „Dogs Playing Poker” berühmt, die er um die Jahrhundertwende im Auftrag einer Zigarrenfirma zu Werbezwecken schuf. 1998 wurde eines der 16 Originalbilder bei Sotheby’s für 74.000 Dollar versteigert; 2005 offerierte das Auktionshaus Doyle New York („Dogs in Art”) gleich zwei der Coolidge-Werke für zusammen 30.000 bis 50.000 Dollar Schätzpreis. Tatsächlich erzielte das Paar aber 590.400 Dollar.

Beste Menschenfreunde

Nicht ganz so dramatisch, aber doch auch interessant ist die Wertsteigerung, die ein und dasselbe Coolidge-Werk, nämlich „The Poker Game” aus dem Jahr 1894, bei zwei Sotheby’s-Auktionen erzielte: Anfang Dezember 2008 fiel der Hammer bei 602.500 Dollar (475.000 Euro), im November 2015 bei 658.000 Dollar (617.000 Euro). Das Auktionshaus hatte angesichts des ersten Ergebnisses allerdings seine Werteinschätzung angepasst: Statt 200.000 bis 300.000 Dollar veranschlagte man im Vorjahr bereits 400.000 bis 600.000 Dollar. Nochmals zurück zu John Emms: Auch in der kommenden Auktion „Dogs in Show and Field”, die Bonhams wie jedes Jahr in New York abhält (nächster Termin: 17. Februar 2016), werden wieder mehrere Arbeiten des britischen Meistermalers angeboten, darunter das wertvollste Los des Abends, „Hounds and a Terrier in a Kennel” mit einem Schätzwert von 140.000 bis 230.000 Euro, aber eben auch „Portrait of Scamp” für bescheidene 1.800 bis 2.700 Euro.

Ebenfalls am unteren Ende der Preisskala rangiert ein persönlicher Favorit von Sam Travers, ­Samuel Fultons „Portrait of Nancy”: „In diesem Bild kommt die offensichtliche Liebe des Künstlers zu diesem Springer Spaniel zum Ausdruck, und es ist mit 2.700 bis 4.600 Euro Schätzwert wirklich nicht teuer.” Des Menschen Liebe zu Hund und Katz ist auch nach Auffassung von Christl Wolf, Expertin für Ölgemälde des 19. Jahrhunderts im Dorotheum, ausschlaggebend für die guten Ergebnisse, die Bilder von Haustieren bei Auktionen erzielen. „Einer der meistgefragten Künstler, der sich mit Hundedarstellungen beschäftig hat, ist bei uns Carl Reichert”, berichtet Wolf unter Verweis auf Zuschläge zwischen 15.000 und 25.000 Euro.

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