„Fairer Umgang”
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Kostendebatte Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber ortet das Ausgabenplus bei Medikamenten für heuer bisher bei 2%; er sieht deshalb kaum Spardruck.
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 26.08.2016

„Fairer Umgang”

Die Industrie drängt in Gesprächen mit den Krankenkassen auf faire Spielregeln, sagt Pharmig-General Jan Oliver Huber.

••• Von Martin Rümmele

ALPBACH. Eigentlich sollten die Gespräche zwischen Pharma­industrie und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger über eine Neuordnung des Erstattungskodex für neue Medikamente längst abgeschlossen sein. Doch die gemeinsam gesetzte Frist von Ende Juni ist bisher ergebnislos verstrichen. Im medianet-Interview erklärt Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber am Rande der Alpbacher Gesundheitsgespräche, wie es nun weitergehen soll.

medianet: Krankenkassen und Industrie haben beim Abschluss des Rahmen-Pharmavertrags eine Neuordnung des Erstattungskodex für Jahresmitte geplant. Bisher gibt es hier aber kein Ergebnis. Woran spießen sich die Gespräche?
Jan Oliver Huber: Wir haben eine Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen vereinbart. Dazu gehört auch der Erstattungskodex. Es ist wie so oft im Leben: es wird hart gerungen. Die Pharmawirtschaft zahlt heuer einen hohen Beitrag an die Krankenkassen von 125 Mio. Euro. Das trifft jedes Unternehmen. Der künftige Weg muss deshalb sinnvoll und für die Firmen auch finanzierbar sein. Es gibt noch kein Endergebnis, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

medianet: Um welche Punkte geht es genau?
Huber: Zum einen geht es Fragen welche Produkte in die grüne, für Ärzte frei verschreibbare Produkte, kommen. Und es geht um die Frage, wie man mit den nicht gelisteten Produkten verfährt, die ja unter bestimmten Bedingungen doch von den Chefärzten der Kassen genehmigt werden können. Wir reden auch über eine Regelung für Biosimilars, also Produkte, die nach dem Patentablauf von modernen Biotech-Produkten auf den Markt kommen. Man muss hier auch fairerweise das Gesamtbild sehen: Die Krankenkassen haben keinen Geldmangel, sondern sogar die Reserven ausgebaut.

medianet: Inwiefern?
Huber: Das Vorjahr brachte trotz aller Befürchtungen der Kassen sogar ein Plus. Und hätten sie nicht auch noch ihre Rücklagen erhöht, wäre das Plus noch größer gewesen. Trotz der viel zitierten hochpreisigen Hepatitis-C-Produkte kam es nicht zu Kostenexplosion. Heuer gab es bisher insgesamt ein Plus von zwei Prozent. Ich rechne damit, dass die Krankenkassen am Ende des Jahres einen Überschuss in Höhe eines hohen zweistelligen Millionenbetrags haben werden; vielleicht wird das Plus sogar dreistellig.

medianet:
Auch in einem anderen Bereich wächst der Druck; der Apothekerverband hat ein Schmerzmittel als Eigenmarke auf den Markt gebracht und will ein Pharmaunternehmen gründen.
Huber: Da frage ich mich, ob das zielführend ist. Die Apotheker haben die Verantwortung für die wohnortnahe Versorgung der Menschen, verbunden mit einer qualitativen Beratung. Dabei sollten sie auch bleiben. Ich denke, es wäre angesichts des jüngstens EuGH-Urteils zur Aufhebung des Gebietsschutzes wichtig, dass sich die Vertretung der Apotheker darum kümmert, dass es gute, rechtliche Rahmenbedingungen gibt.

medianet: Wagen wir noch einen Ausblick: Was ist Ihr Thema der kommenden Monate?
Huber: Wir arbeiten derzeit mit allen Partnern in der Wertschöpfungskette an der Umsetzung der Fälschungsrichtlinie der EU. Ab 2019 muss jedes verkaufte Medikament genau nachverfolgbar sein; hier müssen wir Strukturen wie Datenspeicher aufbauen und die Prozesse entwickeln. Die Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Systeme muss die Industrie tragen, aber es geht darum, alle Stakeholder einzubinden.

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