Forschung ist nach wie vor ein Risiko
© istock by Getty images
MedikamentePharmamanager diskutierten am Dienstag in Wien über die Entwicklung von Arzneien und das enorme Risiko.
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 13.10.2017

Forschung ist nach wie vor ein Risiko

Die Umsetzung von Wirkprinzipien in neue Medikamente ist weiter von vielen Zufällen geprägt, sagen Experten.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Wenn ein innovatives Arzneimittel einen Durchbruch in der Therapie einer Krankheit darstellt, wird gern die Geschichte von einer völlig rationalen Entwicklung der Wirksubstanz erzählt. Doch noch immer hängt das Schicksal neuer Medikamente – teilweise – auch von Zufällen ab, hieß es Dienstagabend bei einem Hintergrundgespräch des Pharmakonzerns Sanofi und des Wiener Biotech-Unternehmens Apeiron.

„Die Medikamentenentwicklung ist zunehmend rational geworden – vielleicht auch nur pseudo-rational”, sagte Hans Loibner, Geschäftsführer von Apeiron. Das Unternehmen, an dessen Gründung auch der Leiter des Instituts für molekulare Biotechnologie (IMBA/Wien), Josef Penninger, federführend beteiligt war, hat mit der EU-Zulassung des monoklonalen Antikörpers Dinutuximab zur Behandlung des Neuroblastoms bei Kindern einen für kleine Biotech-Unternehmen in Europa riesigen Erfolg erzielt.

Wenig Wissen

Der Manager, der auf eine jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet der Biotechnologie zurückblicken kann, kennt aus eigener Erfahrung die meisten Fallstricke, die zu einem Misserfolg führen: „In Wirklichkeit verstehen wir viel weniger, als wir meinen, dass wir verstehen, was die Arzneimittelentwicklung angeht. Noch immer machen der Zufall und der Spürsinn sehr viel aus – und das Ausnützen von Zufällen.” Er glaube sogar, sagen zu können, dass man noch nicht einmal so wirklich verstehe, warum „Aspirin” so tut, wie es tut. Ähnlich sei das bei den modernen Krebs-Immuntherapien. „Die wirken bei 25 bis 30% der Patienten – und keiner weiß, warum.”

Die Entwicklungskosten für ein neues Arzneimittel liegen bei bis zu 1,5 Mrd. €. An der Entwicklungszeit von zehn bis zwölf Jahren hat sich bis auf einige Ausnahmen wenig geändert. Meist noch länger dauert es oft, bis die Zeit von einer in den Blickpunkt der Arzneimittelforschung kommenden Erkrankung über die Identifizierung eines möglichen Ziels für ein Medikament, der Suche nach potenziellen Wirkstoffen und der Erfindung eines Wirkstoffkandidaten die langen Testreihen von Tiermodellen bis zur Wirksamkeitsprüfung (Phase-III) an Patienten absolviert ist.

Wichtige Studien

Entscheidend sind immer die klinischen Studien an Probanden. Auf die Untersuchung eines potenziellen Medikaments am Menschen sind die Forscher immer angewiesen: Weil es für die Krankheit kein gutes Tiermodell gibt (z.B. psychische Erkrankungen), weil die Abschätzung des Wirkungs-Nebenwirkungs-Spektrums auch Daten von Probanden verlangt, weil der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit und der Verträglichkeit die Voraussetzung für die Zulassung durch eine Arzneimittelbehörde und die Kostenerstattung durch das Gesundheitswesen entscheidend ist, wie Dieter Paar, medizinischer Direktor für den Bereich Diabetes und Herz-Kreislauf von Sanofi für Österreich, die Schweiz und Deutschland, feststellte.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL