In zwei Wochen startet Arznei-Versandhandel
© Österreichische Post/Werner Streitfelder
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 12.06.2015

In zwei Wochen startet Arznei-Versandhandel

Medikamentenhandel In der Apothekenbranche herrscht Anspannung: In ­wenigen Tagen dürfen rezeptfreie Medikamente auch im Internet angeboten ­werden. Die Kammer startet eine Kampagne gegen Fälschungen.

Wien. In wenigen Tagen – am 25. Juni – startet in Österreich offiziell die Liberalisierung im Apothekenmarkt. Ab dann dürfen registrierte Apotheken rezeptfreie Arzneimittel auch im Internet verkaufen – Grund genug, dass die Apothekerkammer und der Apothekerverband als Vereinigung der selbstständigen Apotheker neue Kampagnen starten, die zwar nicht den Versandhandel anprangern, aber die Gefahr gefälschter Arzneimittel, die auch im Internet vertrieben werden.

Wer rezeptpflichtige Medikamente im Internet ersteht, macht sich zwar nicht strafbar. Er geht aber das Risiko ein, ein gefälschtes Mittel zu kaufen, das im besten Fall wirkungslos und im schlimms-ten Fall gesundheitsschädlich ist. Aus diesem Grund haben Gesundheits- und Innenministerium sowie die Apothekerkammer eine Aufklärungskampagne unter dem Titel „Auf der sicheren Seite” gestartet.

Schlecht informiert

Dass Information nottut, zeigt eine Umfrage unter Internet-Usern im Alter von 18 bis 70 Jahren, laut der praktisch jeder Zweite nicht wusste, dass der Verkauf rezeptpflichtiger Medikamente über das Internet in Österreich verboten ist. Auch die Rezeptpflicht wird vielfach falsch eingeschätzt: 60% der Kenner eines Produkts glauben, dass testosteronhältige Medikamente – hormonelle Präparate zum Muskelaufbau – rezeptfrei im Internet erhältlich sind. 31% meinen, dass Potenzmittel wie Viagra rezeptfrei zu bekommen sind, wie Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) bei einer Pressekonferenz sagte. „Die AGES Medizinmarktaufsicht hat in den letzten Jahren mehr als 4.000 Verdachtsproben analysiert. 95 Prozent aller dieser getesteten Proben waren gefälschte oder illegale Produkte”, berichtete Oberhauser.
„Das Internet ist zu einem Umschlagplatz für gefälschte Medikamente geworden”, warnte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Und die enthalten im schlimmsten Fall Staub, Dreck und Gift. Von Produktion und Handel profitiert die organisierte Kriminalität in Dimensionen, die bereits mit denen des Drogenhandels verglichen werden. Hergestellt wird ein Gutteil der Fälschungen in Indien, China und Südostasien, wie Apothekerkammer-Präsident Max Wellan erläuterte. Erst jüngst sei eine Schiffsladung Schmerzmittel im französischen Hafen Le Havre abgefangen worden. Die WHO schätzt den Jahresumsatz auf 100 Mrd. US-Dollar.

Kampagne im Netz

Die Aufklärungskampagne der Ministerien und der Kammer besteht aus fünf Elementen: einer Website mit der Adresse www.auf-der-sicheren-seite.at, Warnhinweisen bei Suchanfragen über Google, Werbebannern auf Sites, einem YouTube-Video sowie einer Postkartenaktion.
Die Umfrage im Auftrag der Apothekerkammer brachte auch zutage, dass 47% Medikamente in einem Online-Shop bestellen würden, wenn dieser seriös und professionell gestaltet ist. „Das wissen auch die Kriminellen”, sagte Wellan. Unseriöse Anbieter im Internet zu erkennen, ist also nicht unbedingt einfach. Der Apothekerverband startet parallel mit der Aufklärungskampagne „Fakes don`t care – but we do!” („Fälschungen helfen nicht – wir schon!”). Dafür begibt man sich direkt an den Tatort – also ins Internet – und hier in die Welt des Sozialen Netzwerks Facebook. Nicht ganz uneigennützig lautet dabei die Botschaft: „Schütz dich vor gefälschten Pillen aus dem Internet. Komm in die Apotheke oder auf die vom Verband initiierte Plattform www.apodirekt.at, auf der rund 700 Apotheken gemeinsam vertreten sind.”

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