Oberhauser setzt Fokus auf Frauengesundheit
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HEALTH ECONOMY Ina Karin Schriebl und Martin Rümmele 24.06.2016

Oberhauser setzt Fokus auf Frauengesundheit

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser ist nun auch Frauen­ministerin. Im medianet-Interview kündigt sie einen Aktionsplan an.

••• Von Ina Karin Schriebl und Martin Rümmele

WIEN. Gesundheitsministerin ­Sabine Oberhauser (SPÖ) ist künftig auch Frauenministerin und sieht in diesem Ressort das Schließen der Einkommensschere als Schwerpunkt. „Die weitere Entwicklung der Einkommensberichte ist sicher ein Thema”, sagte sie. Weiters nannte Oberhauser die Themen Gesundheit und Empo­werment von Frauen.

Fast jede zweite erwerbstätige Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Die Frauen-Teilzeitquote ist von 26% im Jahr 1994 auf 48,2% im ersten Quartal 2016 angestiegen, geht aus Daten der Statistik Austria hervor. Bei Teilzeitarbeit wird weniger in die Pensionsversicherung eingezahlt, Frauen sind daher stärker von Altersarmut bedroht als Männer. Das wiederum wirkt sich auch auf die Gesundheit aus, wie Oberhauser im Interview mit der medianet betont. Und sie kündigt an, dass demnächst ein „Aktionsplan Frauengesundheit” präsentiert wird, der 40 Maßnahmen zur Gesundheitsförderung von Frauen enthält, die alle Lebensphasen und die jeweilig damit verknüpften besonderen Bedürfnisse oder Herausforderungen für die Gesundheit umfassend abbilden.

Fokus auf Prävention

„Mit dem ‚Aktionsplan Frauengesundheit' wollen wir den geschlechtsspezifischen Aspekt in Prävention und Gesundheitsversorgung weiter fördern und alle Akteure im Gesundheitswesen dafür sensibilisieren. Der Aktionsplan beinhaltet die wichtigsten gesundheitlichen Belange von Frauen in den verschiedenen Phasen ihres Lebens. Gesundheitsrisiken können in jeder Phase variieren und andere Symptome und Krankheiten hervorrufen”, sagt die Ministerin. Wesentlich seien auch die Unterschiede im Gesundheitsverhalten, im Krankheitserleben und in der Bewältigung von Krankheit.

Unterschiedliche Symptome

Gesundheit habe ein Geschlecht, unterstreicht Oberhauser. „Inzwischen hat sich in der Medizin diese Erkenntnis durchgesetzt. Frauen weisen bei vielen Erkrankungen andere Symptome auf, sprechen auf Medikamente und Behandlungsmethoden unterschiedlich an; daher sind neue Ansätze notwendig.”

Galt der Herzinfarkt etwa bis weit in die Achtzigerjahre als typisch männliche Erkrankung, so hat sich heute herausgestellt, dass sogar mehr Frauen daran sterben als Männer, allerdings in höherem Lebensalter. „Trotzdem kommen Frauen nach Beginn der ersten Symptome eines Herzinfarkts durchschnittlich erst zweieinhalb Stunden später in die Klinik als Männer, weil sie andere Symptome haben, die oft nicht richtig erkannt werden. Und in der Klinik sterben mehr Frauen als Männer an einem Myokardinfarkt.”

Männer überspielen Leiden

Depression wiederum werde als Frauenkrankheit angesehen und deshalb bei Männern häufig nicht erkannt. Oberhauser: „Männer überspielen die Symptome oftmals mit Aggression oder erhöhter Risikobereitschaft, weil das besser ins Rollenbild passt. Auch wenn die Diagnose gestellt ist, erfahren Männer oftmals wenig Unterstützung bei psychischen Erkrankungen. Ein von rollenspezifischem Verhalten geprägter Blick kann also nicht nur Frauen schaden, sondern auch Männern.”

Schon bei Mädchen und Jungen würden die Unterschiede im Gesundheitsverhalten ins Auge fallen: „Jungen äußern sich kaum über Krankheitssymptome und verdrängen diesbezügliche Ängste, sie tendieren auch eher zu Extremsportarten und konsumieren unkritisch leistungssteigernde Mittel. Mädchen haben oft aufgrund der medialen Vorbilder ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper und neigen zu gesundheitsschädlichen Diäten. Darüber hinaus sind Mädchen öfter als Jungen Opfer sexueller Gewalt mit entsprechenden körperlichen und seelischen Folgen. Frauen trinken und rauchen zwar weniger, sind jedoch eher medikamentenabhängig und zeigen Essstörungen.”

HPV-Impfung

Als erfolgreiche Aktivitäten sieht Oberhauser die freie Impfung gegen HP-Viren sowie die Neuordnung des Brustkrebsscreenings. „Einige HPV-Typen gelten als Ursache für die Entwicklung bösartiger Tumore, vor allem Gebärmutterhalskrebs, aber auch andere Krebsformen im Genital- und HNO-Bereich. Gebärmutterhalskrebs stellt bei Frauen weltweit die zweithäufigste Krebsform und die dritthäufigste Krebstodesursache dar.” Daher sei die für Kinder eine kostenlose HPV-Impfung eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung onkologischer Erkrankungen, wie Gebärmutterhalskrebs, aber auch von Halstumoren, deren Inzidenz in den letzten Jahren gestiegen ist. Seit Februar 2014 ist die HPV-Impfung Teil des kostenlosen Kinderimpfprogramms für alle Kinder vom 9. bis zum 12. Lebensjahr.

Für Mammografie-Screenings, die als bevölkerungsbezogene Früherkennungsprogramme durchgeführt werden, liege wiederum ausreichend Evidenz vor, „dass sie Tumore in einem früheren Stadium erkennen, brusterhaltende Operationen möglich sind und auch die Mortalität gesenkt werden kann.” Dadurch werde die Lebensqualität und die Gesundheit von Frauen verbessert.

Ergebnisse zu Jahresende

Ein wichtiger Bestandteil des Programms sei auch das begleitende Monitoring und die in regelmäßigen Abständen stattfindende Evaluation. „Ende 2016 werden erstmals nach Ablauf des ersten Zwei-Jahres-Zyklus Evaluations­ergebnisse vorliegen.”

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