Pharmabranche ist auf gutem Weg
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Die Pharmabranche ist international auf gurtem Kurs. In Österreich war das erste Quartal allerdings eher schwach.
HEALTH ECONOMY Ina Karin Schriebl 29.04.2016

Pharmabranche ist auf gutem Weg

Die ersten Quartalsergebnisse stimmen die meisten Pharma­konzerne zuversichtlich. Neue Investitionen geben Hoffnung auf innovative Therapien für verbreitete Krankheiten.

••• Von Ina Karin Schriebl

WIEN/BASEL/LONDON. Die Investitionen in der internationalen Pharmabranche halten an, die Umsätze steigen – mit wenigen Ausnahmen. Ein aktueller Zukauf könnte neben wirtschaftlichen Auswirkungen auch Einfluss auf die Entwicklung neuer Behandlungsformen von verbreiteten Auto­immunerkrankungen haben: Bristol-Myers Squibb (BMS) erwirbt nun das gesamte im Umlauf befindliche Aktienkapital von Padlock Therapeutics. Padlock ist ein privates, in Cambridge (Massachusetts) ansässiges Biotechnologie-Unternehmen, das neue Arzneimittel zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten (siehe Überblick rechts unten) entwickelt.

Alle Rechte erworben

Mit dem Erwerb erhält Bristol-­Myers Squibb die vollständigen Rechte an Padlocks Protein-Forschungsprogramm zu Peptidyl-Arginin-Deiminase-Hemmern (PAD-Hemmern), das der Entwicklung potenziell umwälzender Behandlungsansätze für Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) gewidmet ist. Padlocks PAD-Entwicklungsprogramm kann vermutlich auch genutzt werden, um systemischen Lupus erythematodes (SLE) und andere Autoimmunerkrankungen zu behandeln.

Auch für die Bekämpfung einer anderen weit verbreiteten chronischen Krankheit gibt es ab jetzt mehr Geld: Nestlé baut nämlich sein Engagement im Gesundheitssektor aus. Der Schweizer Lebensmittelkonzern habe sich an einer 14,5 Mio. € schweren Finanzierungsrunde beteiligt, teilte die Biotechfirma Enterome Bio­science mit Niederlassungen in Paris und Boston mit. Das Unternehmen entwickelt ein Medikament gegen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Nestlé will das ertragreiche Gesundheits- und Pharmageschäft ausbauen und trennt sich im Gegenzug von Bereichen, die geringere Renditen abwerfen.

Prognosen wurden angehoben

Die boomende Nachfrage nach einem neuen Lungenmedikament gibt wiederum der Schweizer Biotechnologiefirma Actelion Rückenwind. Für das laufende Jahr hob der Konzern seine Prognose an und erwartet nun einen Anstieg des bereinigten Betriebsgewinns im hohen statt im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Zu Jahresbeginn kam Actelion hier bereits auf ein Plus von 8% auf 227,6 Mio. € und erfüllte damit die Analystenerwartungen. Europas größtes Biotech-Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung von Medikamenten gegen Lungenhochdruck (PAH). Das Medikamentenarsenal des Unternehmens wird seit Kurzem durch das Mittel Uptravi ergänzt, das in den USA erst seit Jahresbeginn am Markt ist. In Europa hofft Actelion auf eine Zulassung in den kommenden Monaten. „Uptravi hatte einen exzellenten Start, der alle Erwartungen übertraf”, sagte Firmenchef Jean-Paul Clozel, einer der Gründer des Konzerns; Actelion erzielte damit bereits 32 Mio. € Umsatz.

Guter Start für J&J

Ein solider Jahresstart stimmt auch den US-Pharmakonzern Johnson & Johnson zuversichtlich. Der Hersteller von Penaten-Pflegeprodukten und Neutrogena-Creme hob seine Umsatz- und Gewinnprognose an. Im ersten Quartal kletterten die Erlöse vor allem dank einer starken Nachfrage nach Medikamenten in den USA um 0,6 Prozent auf 15,5 Mrd. €. Den größten Teil zum Gesamtumsatz des Unternehmens trägt aber nicht seine Pflege- sondern seine Pharmasparte bei, zu deren erfolgreichsten Mitteln Krebsarzneien und Blutgerinnungshemmer gehören.

Auch der britische Konsum­güterkonzern Reckitt Benckiser ist hoffnungsvoll: Aufgrund der starken Grippewelle in den Monaten Februar und März zogen die Erlöse im ersten Quartal um 5% auf 2,9 Mrd. € an, wie der Anbieter von Schmerzmitteln, Erkältungsmedikamenten und Halsschmerztabletten bekannt gab.
Der Schweizer Pharmakonzern Roche hat im ersten Quartal den Umsatz ebenfalls gesteigert – um 5% auf 12,4 Mrd. CHF. Bei den drei Krebsmedikamenten MabThera, Herceptin und Avastin, mit denen Roche mehr als die Hälfte aller Umsätze in der Pharma-Division erzielt, wurden die Verkäufe leicht gesteigert. Einzig in den USA verkaufte sich Avastin etwas schlechter als in der Vorjahresperiode; hier sank der Umsatz um 2%. Insgesamt steigerte Roche die Verkäufe in der Division Pharma um 5% auf 9,8 Mrd. CHF. In der kleineren Division Diagnostics wuchs der Umsatz um 4% auf 2,6 Mrd. CHF. Einen wichtigen Beitrag lieferten Produkte mit Immundiagnostik; hier stiegen die Verkäufe um 12%.

Starke Einbußen erlitten

Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hingegen hat im ersten Quartal 2016 deutliche Einbußen erlitten. Der Nettogewinn belief sich nur noch auf 1,76 Mrd. € – gegenüber 11,5 Mrd. € in der Vorjahresperiode. Dieser Rückgang war bedingt durch das Ergebnis der aufgegebenen Geschäftsbereiche, das im Vorjahresquartal außerordentliche Veräußerungsgewinne von gut 11 Mrd. € beinhaltete. Umsatzausfälle durch Generika, Kosten für den Umbau der schwächelnden Augenheilsparte und die Stärke der Konzernwährung Dollar machten dem weltgrößten Anbieter von verschreibungspflichtigen ­Medikamenten zu schaffen.

Verkauf von Beteiligung

Längerfristig sollen neue Medikamente frischen Schwung bringen: „Nach wie vor bin ich zuversichtlich im Hinblick auf unsere langfristigen Wachstumsaussichten, die durch unsere solide Pipeline untermauert werden”, erklärte Novartis-Chef Joseph Jimenez. Mit Blick auf das Gesamtjahr bestätigt Novartis den bisherigen Ausblick. So erwartet der Konzern den ­Nettoumsatz wie auch das Kern­ergebnis weitgehend auf dem Niveau von 2015. Nach Branchenberichten prüft Novartis derzeit zudem den Verkauf seiner Anteile am Konkurrenten Roche. Novartis hält knapp 30%, die an der Börse derzeit etwa 13 Mrd. € wert sind.

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