Präventivtherapie mit Risikoscore
HEALTH ECONOMY ulli moschen 17.04.2015

Präventivtherapie mit Risikoscore

Statistik Ein neues, mathematisches Modell erlaubt eine weitgehend exakte und personalisierte Risiko-Einschätzung für Erkrankungen

In einer vertiefenden Studie wurden Erkrankungsrisiken für Diabetes-Patienten ermittelt.

Wien. Ein Forscherteam am Institut für die Wissenschaft Komplexer Systeme der MedUni Wien (MUW) unter der Leitung von Peter Klimek und Stefan Thurner hat in Kooperation mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sämtliche vom Gesundheitssystem erfassten Erkrankungen in den Jahren 2006 und 2007 analysiert und ausgewertet. Die Forscher entwickelten anhand dieser anonym analysierten Daten von rund acht Mio. Österreichern ein mathematisches Modell, das eine Einschätzung zulässt, wie hoch das zukünftige Erkrankungsrisiko für jede einzelne Krankheit in unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung, abhängig von Alter und Geschlecht der Patienten, ist.

Insgesamt wurden 1.642 Erkrankungen, von Alzheimer bis hin zu Zahnschmerzen, erfasst. Die Forscher versichern, dass die Analyse weltweit die erste dieser Art gewesen sei. Aus den Daten lassen sich aber nicht nur Prognosen für Einzelpersonen ableiten, auch die Gesundheitspolitik könnte davon profitieren. Denn anhand der Daten lässt sich prognostizieren, welche Kos-ten statistisch gesehen auf das Gesundheitssystem zukommen und wo Vorsorgeprogramme Sinn machen könnten – „vorausgesetzt, dass sich an der grundsätzlichen Qualität der medizinischen Versorgung in Österreich nichts ändert”, schränkt Klimek die Prognostizierbarkeit ein. In einer weiteren Studie gingen Klimek und Thurner in Kooperation mit Alexandra Kautzky-Willer von der Gender Medicine Unit an der MUW ins Detail, indem sie ermittelten, inwiefern sich die personalisierten Erkrankungsrisiken für Diabetes-Patienten von jenen der Restbevölkerung unterscheiden. „Aus unseren Ergebnissen lässt sich eine genaue ‚Erkrankungs-Demografie' für Österreich ablesen”, erklärt Thurner. „Man kann etwa sehen, an welchen weiteren Erkrankungen, mit welcher Wahrscheinlichkeit und wann im weiteren Leben etwa 25-Jährige, die heute Diabetes haben, in zehn Jahren leiden werden.” Gerade für junge Diabetes-Patienten ist zum Beispiel das Risiko, in späterer Folge an Schlafstörungen zu erkranken, doppelt so hoch, diesen kann jedoch, wie auch zahlreichen anderen Erkrankungen, bei rechtzeitigen Hinweisen frühzeitig vorgebeugt werden. Im Zuge der Datenerfassung konnten mehr als 100 sogenannte „Erkrankungspaare” identifiziert werden: Anhand der Auswertung der Daten wurde etwa deutlich, dass sich durch Diabetes das Risiko für koronare Herzkrankheiten um ein Siebenfaches erhöht, und für Depressionen um ein Fünffaches.

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