Start-up aus der Apotheke
© Dr. Peithner KG
Portraits Die Gesundheitsbranche gilt als Wachstumsmarkt der Zukunft. Gleichzeitig belastet sie öffentliche Haushalte. Martin Rümmele sprach für sein Buch (siehe unten) mit den Akteuren. Teil 4: Martin Peithner.
HEALTH ECONOMY Redaktion 23.09.2016

Start-up aus der Apotheke

Neues Buch zur Gesundheitswirtschaft zeigt Portraits von Unternehmern. „Gesunde Ideen” im medianet-Vorabdruck – Teil 4: Dr. Peithner KG.

WIEN. In kaum einer Branche gibt es ein derartig breites Nebeneinander von dynamischen Start-ups und traditionsreichen Unternehmen mit Wachstums­potenzial, wie im Pharma­bereich. Und viele dieser Unternehmen wurden oft selbst als Start-ups gegründet – im Fall des Wiener Unternehmens Dr. Peith­ner KG gehen die Wurzeln auf das Jahr 1796 in Pilsen zurück; die Familie Peithner hatte dort eine Apotheke und übersiedelte Ende des 19. Jahrhunderts nach Graz, um dort die Apotheke am Hauptplatz zu führen.

Internationales Niveau

„Mein Urgroßvater war Militär­apotheker im Ersten Weltkrieg und hat damals die Apotheke in Graz verkauft”, erzählt Geschäftsführer Martin Peithner. Das Geld gab er seinem Schwager, der damit die St. Anna Apotheke in Wien Meidling gründete. „Mein Großvater hat diese übernommen. Er war im Zweiten Weltkrieg ebenfalls Militärapotheker und ein exzellenter Botaniker. Als es in den Nachkriegsjahren Arzneimittelengpässe gab, hat er dieses Wissen ausgegraben und mit der Herstellung von pflanzlichen Produkten und Homöopathika begonnen.”

Hier liegt auch die Basis für das Industrieunternehmen, das seinen Durchbruch auch einem Zufall verdankt: In den Nachkriegswirren sei seinem Großvater ein Teil des homöopathischen Ur-Tinkturenlagers des deutschen Herstellers Schwabe angeboten worden, der aus Ostdeutschland in den Westen flüchtete und viel zurücklassen musste. „Schwabe war sehr bekannt, weil das Unternehmen das erste Arzneimittelbuch nach dem Homöopathie-Gründer ­Samuel Hahnemann geschrieben hat.” Peithners Großvater nahm Kontakt mit Schwabe auf, kaufte für ihn das verloren geglaubte Lager und erbat sich, von jeder Tinktur ein Fläschchen behalten zu dürfen. Weil die beiden Unternehmer gut miteinander konnten, arbeite man zusammen, und Peithner vereinbarte 1949 die Lizenz­herstellung von homöopathischen Einzelmitteln und Phytotherapeutika durch die St. Anna Apotheke.

Rasches Wachstum

1969 folgte dann eine erfolgreiche Kooperation mit der Firma Biologische Heilmittel Heel in Baden-Baden. Die Dr. Peithner KG ist bis heute in Österreich Generalvertreterin für Komplexmittel des deutschen Unternehmens. Seit den 1960er-Jahren produziert die Dr. Peithner KG zudem Schüßler Salze in Lizenz der deutschen DHU (Deutsche Homöopathie Union).

Im März 1983 wurde – weil die Apotheke längst zu klein geworden war – ein Neubau in Wien-Inzersdorf seiner Bestimmung übergeben. Dazu Peithner: „Das war an jenem Tag, an dem das Arzneimittelgesetz 1983 in Kraft getreten ist, das erstmals Homöopathie in Österreich als Arzneimittel definierte.”
Weil das Konzept für Generalvertretungen in Österreich begrenzt war, folgte Anfang der 1990er-Jahre die Expansion in die Slowakei, nach Ungarn und Tschechien.

Rasches Wachstum

2009 verkaufte Peithner dann die Dr. Peithner KG an die Unternehmensgruppe Schwabe. Die Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung und Herstellung pflanzlicher Arzneimittel; sie beschäftigt 3.500 Mitarbeiter auf allen fünf Kontinenten. Zu dieser Gruppe gehört auch die Deutsche Homöopathie Union, in deren Lizenz die Dr. Peithner KG Schüßler Salze und Homöopathika herstellt.

Die Dr. Peithner KG selbst ­beschäftigt heute 120 Mitarbeiter in Österreich sowie 70 im Ausland und setzt dabei insgesamt 37 Mio. € um – rund 70% davon mit Phytopharmaka und 30% mit homöopathischen Produkten.

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