„Umbrüche im System erfordern neue Visionen”
© Pfizer/Werner Harrer
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 27.10.2017

„Umbrüche im System erfordern neue Visionen”

Die Zukunft im Gesundheitswesen ist so spannend wie nie zuvor, sagt Pfizer-Österreich-Chef Rumler.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Die Österreich-Tochter des weltweit größten Pharmakonzerns ist auf Erfolgskurs: „Das ist ein wirklich ambitioniertes Jahr. Die Integration der übernommenen Impfstoffproduktion mit 240 Beschäftigten war eine Herausforderung. Dazu haben wir in den vergangenen zwölf Monaten fünf neue Produkte auf den Markt gebracht”, erzählt Geschäftsführer Robin Rumler im medianet-Interview. Für 2018 erwartet er weitere drei neue Produkte: „Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Wir haben eine solide Pipeline und sind fit für die Zukunft. Der Konzern hat derzeit 70 Moleküle in 99 Programmen laufen.” Hintergrund dafür sind seiner Ansicht nach nicht zuletzt neue Technologien in der Forschung. „Die Zukunft ist so spannend, wie ich das noch nie in unserer Branche erlebt habe. Big Data ist eine große Chance, auf die man setzen muss. Jeder valide Datensatz kann helfen, das Gesundheitswesen weiter zu entwickeln.”

Big Data als Chance

Pfizer arbeitet seit knapp einem Jahr im Bereich der Immunonkologie mit dem IT-Riesen IBM zusammen. Das cloudbasierte kognitive Programm „Watson for Drug Discovery” soll die Forschung beschleunigen. Watsons Fähigkeiten zu maschinellem Lernen, der Verarbeitung natürlicher Sprache sowie andere kognitive Eigenschaften werden genutzt, um neue Ansatzpunkte für Medikamente zu entdecken, Kombinationstherapien zu erforschen und Patienten zu identifizieren, die von einer immunonkologischen Behandlung profitieren können. Während ein Wissenschaftler im Durchschnitt rund 200 bis 300 Artikel pro Jahr liest, hat Watson direkten Zugriff auf eine Datenbank aus 25 Mio. medizinischen Abstracts, mehr als eine Mio. Artikel aus Fachzeitschriften sowie vier Mio. Patente.

Derartige Entwicklungen stellen das Gesundheitswesen vor Herausforderungen, ist Rumler überzeugt: „Wir müssen das System zeitgerecht anpassen. ­Allerdings herrscht hier noch ein sehr kurzfristiges Denken vor.” Rumler will mehr Transparenz schaffen und rechtzeitig informieren. Man habe am Beispiel Hepatitis C gesehen, dass neue Medikamente einen gesamten Bereich verändern, wenn sie die Heilung massiv voranbringen. „Wir müssen rechtzeitig informieren, wenn wir derartige Medikamente bringen, und das System muss schauen, welche Effekte das auf Patienten und Versorgung hat.”

Gemeinsame Visionen

Letztendlich brauche es aber auch eine Basis auf der Grundlage gemeinsamer Analysen, ist Rumler überzeugt: „Man muss über den Tellerrand blicken, den Menschen in den Mittelpunkt des Handelns stellen und Visionen entwickeln. Wir müssen uns gemeinsam im System fragen, wo wir hin wollen und was es dazu braucht. Dann können wir nicht nur messbare Meilensteine definieren, sondern kommen automatisch zur Präventionsmedizin. Kurz: Wir müssen die Akteure dazu bringen, einer Idee zu folgen.” Dazu gehöre auch, dass man im Gesundheitswesen Sorge trage, dass neue Medikamente bei den Menschen ankommen.

Wirtschaftsmotor

Pfizer will dafür auch einen wichtigen Beitrag leisten, sagt Rumler. Das Pharmaunternehmen ist seit über 60 Jahren in Österreich aktiv und beschäftigt aktuell rund 520 Mitarbeiter an zwei Standorten in Wien und Niederösterreich. Mit über 135 Medikamenten und Impfstoffen und jährlichen Forschungsausgaben in Millionenhöhe (2016: 4,7 Mio. € in Österreich) leiste das Unternehmen einen zentralen Beitrag für die Gesundheit und den medizinischen Fortschritt sowie einen wichtigen Beitrag für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Steueraufkommen. Das wurde zuletzt auch vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung analysiert. ­Fazit: 144 Mio. € wurden im Jahr 2016 an volkswirtschaftlichem Mehrwert geschaffen, 1.600 Arbeitsplätze gesichert und 37 Mio. an lohnabhängigen Steuern und Abgaben generiert.

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