3D-Druck nimmt Fahrt auf
© Hewlett Packard
Innovativ Seit 2012 steigt die Zahl neuer Patente für den 3D-Druck massiv an. Vor allem chinesische Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen sind hier sehr aktiv.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY 19.02.2016

3D-Druck nimmt Fahrt auf

Innovative Start-ups haben den 3D-Druck zur Marktreife gebracht, jetzt ziehen auch die großen ­Druckerhersteller wie Canon, Xerox und HP mit eigenen Geräten und Verfahren nach.

••• Von Britta Biron

KARLSRUHE. Gut Ding braucht Weile. Diese Sprichwort trifft auch auf so manche Innovation zu, wie das Beispiel des 3D-Drucks zeigt.

Dessen Anfänge reichen immerhin mehr als 30 Jahre zurück in eine Zeit, als man zum Telefonieren von unterwegs noch Telefonzellen nutzte, das Internet noch kein World Wide Web war und technische Spielereien wie der Replicator auf dem Raumschiff Enterprise klar zum Reich der Science Fiction zählte.  Ob dieses Serien-Requisit Chuck Hull 1983 zu seinem „Apparatus for production of three-dimensional objects by stereolithography” inspiriert hat, ist unklar, auf jeden Fall war der US-Erfinder und spätere Gründer von 3D Systems der erste, der 1986 ein Verfahren sowie ein Gerät für den Druck von Objekten patentieren ließ. 1989 folgte Stratasys-Chef Scott Crump mit einem Patent für einen „Apparatus and method for creating three-dimensional objects”. Dieses Fused Deposition Modeling (FDM) ist heute noch eines der am häufigsten verwendeten 3D-Druckverfahren.

Starkes Plus bei Patenten

In den folgenden Jahrzehnten hatten die beiden 3D-Pioniere – wie eine vom FIZ Karlsruhe durchgeführte Recherche ergeben hat – nur wenige Nachahmer. Bis 2011 zeigt die auf qualitativ hochwertige Datenbanken mit dem Schwerpunkt Patentinformationen spezialisiere STN-Onlineplattform pro Jahr nur rund 150 neue Patente zum 3D-Druck; 2012 kam es dann bereits zu einer deutlichen Steigerung auf über 250 und seither geht es mit den neuen Erfindungen aber sprunghaft nach oben. Im Vorjahr lag die Zahl der Patente bereits bei deutlich über 2.500. Als Hauptgrund für diesen Anstieg sehen die FIZ-Forscher, dass der 3D-Druck die Versuchsphase hinter sich hat und man damit Geld verdienen kann.  Zudem sind etliche der frühen Patente ausgelaufen, darunter etwa das Fused Deposition Modeling oder jenes für das Selective Laser Sintering (SLS), wodurch der Weg für neue Anbieter offen war.

China holt auf

Die Datenbanken liefern natürlich auch Infos darüber, welche Unternehmen im Laufe der Jahre die meisten 3D-Druck-Patente angemeldet haben. Betrachtet man den Zeitraum zwischen 2000 und 2015, so liegen die beiden Pioniere Stratasys und 3D Systems klar in Führung, startet man das Ranking aber erst mit Beginn des 3D-Booms im Jahr 2012, dann liegen mit Xian ZKTM (94 Patente) und Print Rite Unicorn Image Products (79 Patente) zwei chinesische Unternehmen klar vor Stratasys (55 Patente). Und auch auf den folgenden Plätzen dominieren Unternehmen aus China. Allerdings bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die USA ihre bisherige Vormachtstellung schon verloren haben.  Denn die chinesischen Hersteller konzentrieren sich vor allem auf Geräte für den Privathaushalt und weniger auf solche für industrielle Anwendungen, die nach Umsatz deutlich größer ist.

Neue Dimensionen

Große Druckerhersteller wie Canon, Olivetti, Xerox oder HP sucht man auf der Liste der Top-Innovatoren im 3D-Druck bisher vergeblich. Das liegt vor allem daran, dass es sich dabei nicht, wie die mittlerweile übliche Bezeichnung vermuten lässt, einfach um ein weiteres Druckverfahren handelt und den Unternehmen das spezielle Wissen rund um Materialwissenschaften, Computersteuerung und Maschinenbau gefehlt hat.

Seit Kurzem sind die traditionellen Druckerhersteller aber auch auf den 3D-Zug aufgesprungen.  So hat Canon im Vorjahr in Europa eine Kooperation mit 3D Systems geschlossen und anlässlich der Canon Expo im Oktober in Paris unter anderem auch den 3D-Druck als eines der Wachstumsfelder präsentiert, denen man sich künftig verstärkt widmen will.  „Wir beschäftigen uns kontinuierlich mit der Bewertung neuer Marktchancen, dort wo wir glauben, wir können unseren Kunden einen Vorteil bieten”, so Jeppe Frandsen, Leiter der Production Printing Group, Canon Europe. Klar ist, dass 3D-Druck, aufgrund seiner potenziellen Vorteile für Unternehmen, eine solche Marktchance darstellt.

Hohe Erwartungen

HP wollte seinen Multi Jet Fusion bereits 2014 auf den Markt bringen, allerdings gestaltete sich die Entwicklungsarbeit dann doch komplizierter als erwartet. Mittlerweile wurde aber der Launch des gemeinsam mit Intel entwickelten Geräts für dieses Jahr bestätigt. „HP Multi Jet Fusion ist darauf ausgelegt, die bisherigen Einschränkungen in der 3D-Druck-Technologie zu beseitigen und völlig neue Möglichkeiten der Fertigung zu bieten”, versprach Dion Weisler, Executive Vice President, Printing & Personal Systems bei HP, anlässlich der Vorstellung des Geräts.  Wie hoch die Erwartungen in diese Technologie sind, zeigt sich auch darin, dass im Zuge der Aufspaltung des Konzerns in die beiden Unternehmen HP Enterprise und HP Inc. eine eigene Business-Unit für den 3D-Druck eingerichtet wurde. „Der 3D-Druck ist eine wesentliche Schlüsseltechnologie für das Wachstum von HP Inc.”, so Weisler. Auch der Mitbewerber Xerox, der 2013 seine Sparten Design, Engineering und Chemie an 3D Systems verkauft hatte, will sich sein Stück vom dreidimensionalen Kuchen sichern und hat im Frühling des Vorjahres das Patent „Digital Manufacturing System for Printing Three-Dimensional Objects on a Rotating Surface” eingereicht.

Trendthema auf der Drupa

Auch die internationale Fachmesse der Druckbranche, die Drupa (31 Mai bis 10. Juni in Düsseldorf), widmet sich dem 3D-Druck ausführlich. „Uns war es wichtig, dieses Highlight-Thema aufzugreifen und in den Fokus zu stellen. Denn schließlich ist das Potenzial von 3D-Druck in vielen vertikalen Märkten nicht zu unterschätzen. Vor allem das Ersatzteilgeschäft im Maschinenbau oder das Packaging Design bieten große Chancen für Maschinenbauer, Anwender aber auch Druckdienstleister”, erklärt Sabine ­Geldermann, Director der Drupa.  „Der 3D-Druck erlaubt die totale Individualisierung und ist der Schlüssel für eine hochflexible Produktion. Dies macht ihn etwa für Werbeartikel sehr attraktiv. Auch bei der Werkzeugherstellung im Bereich kleiner Losgrößen lässt sich der 3D-Druck optimal einsetzen”, erläutert Rainer Gebhardt, Projektleitung der AG Additive ­Manufacturing des VDMA.

Satte Umsatzsteigerungen

Dass die Aussichten auf gute Geschäfte mit dem 3D-Druck berechtigt sind, zeigt eine Analyse der US-Beraterfirma IDC, die für diese Sparte eine Steigerung der weltweiten Umsätze von aktuell knapp 10 auf fast 24 Mrd. € im Jahr 2019 prognostiziert.

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