Richtig einkaufen für Industrie 4.0
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Einkauf 4.0 Der Einkauf hat jetzt die Chance, Entwicklungen im Rahmen der Industrie 4.0 aktiv mit­zugestalten.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY PAUL CHRISTIAN JEZEK 20.01.2017

Richtig einkaufen für Industrie 4.0

Fabriken und Lieferanten sollen vernetzt werden, um in individueller Losgröße produzieren zu können.

••• Von Paul Christian Jezek

KÖLN. Die vierte industrielle Revolution ist derzeit eines der Top-Themen in den Managementetagen. In der Praxis klafft noch eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wenn es um übergreifende Strategien und Umsetzungsmaßnahmen geht, wie eine Studie von Inverto zeigt.

„Derzeit ist es so, dass einzelne Unternehmensbereiche individuelle Lösungen entwickeln”, weiß Caroline Päffgen, Senior Consultant bei der Inverto GmbH in Köln und Expertin für das Thema Industrie 4.0 im Competence Center Supply Chain Management. „Da jedoch alle Bereiche von Industrie 4.0 betroffen sind, ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise und eine unternehmensweite Strategie erforderlich.”
Denn der Weg zur Industrie 4.0 umfasst mehr als reine Systemimplementierungen: Vernetzung, Digitalisierung und Automatisierung funktionieren erst dann, wenn zuvor eine ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungskette vorgenommen wurde und alle Abteilungen involviert sind.
Eine solche Analyse sollten SCM-Verantwortliche gemeinsam mit dem Einkauf durchfüh-ren, da dieser für die anschließen-de Beschaffung der passenden Lösungen zuständig ist. Dies bietet dem Einkauf die Chance, sich als Steuermann für die Digi-talisierung zu positionieren, weil er über die meisten Schnittstellen zu internen und externen Stakeholdern verfügt. Er ist damit in der Lage, die gesamte Supply Chain zu überblicken und Informationen allen Abteilungen zugänglich zu machen.

In IT-Infrastruktur investieren

„Umfassende Transparenz und Datenverfügbarkeit ist einer der Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Transformation zur Industrie 4.0”, meint Päffgen. „Dafür müssen viele Unternehmen ihre IT-Infrastruktur modernisieren und nachrüsten.”

Die Auswahl von passenden IT-Lösungen ist dabei alles andere als trivial: Neben Preis und Leistung ist die Möglichkeit zur digitalen Vernetzung von Systemen und Prozessen des Lieferanten ein zentrales Entscheidungskriterium.
Um die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit, die viele Vorteile der Industrie 4.0 überhaupt erst erschließt, zu ermöglichen, sollten Einkaufs- und Supply Chain Manager Pläne entwickeln, wie sie die Zulieferer und Partner bestmöglich in die Wertschöpfung einbinden. Die Bandbreite reicht von der Schaffung gemeinsamer Plattformen und Standards über das Teilen bestimmter Informationen – etwa Betriebsdaten von Maschinen – bis zu gezielten ­Investitionen in die gemeinsame Innovationsentwicklung.

Strategische Einkaufsfunktion

Damit wächst auch die Komplexität beim Lieferanten- und Partnermanagement: Die Fremdfirmen und deren Maschinen, Produkte oder Dienstleistungen müssen per Schnittstellen und Clouds mit der eigenen Supply Chain vernetzt und die dafür notwendigen Abläufe beschrieben werden. Dadurch entstehen neue, teils stark technologiebezogene Risiken, die gemanagt werden müssen: Zu Versorgungs- und Ausfallgefahren kommen solche hinzu, die IT-Sicherheit, Datenschutz sowie Compliance betreffen.

Im Gegenzug fallen operative Dispositionsvorgänge weg – z.B. wenn Maschinen Materialbedarfe auf Basis des aktuellen Bestands und der prognostizierten Absatzmenge berechnen und eigenständig bestellen. Weil sich manuelle Tätigkeiten erübrigen, lassen sich so auch mögliche Fehlerquellen reduzieren.
Gleichzeitig werden neue, softwarebasierte Applikationen das Datenmanagement und die Steuerung erleichtern. Tritt z.B. ein Problem mit einem Teil in der Lieferkette auf, erhalten Einkäufer und Produktionsmitarbeiter eine entsprechende Nachricht und einen Vorschlag, per App für Ersatz zu sorgen.

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