Ein Hoch auf die Meister
© Chanel; Petr Krejci; Stefan Rohner; Lisa Edi
Als Gegenbewegung zu Automatisierung und Digitalisierung erfreuen sich handgefertigte Unikate derzeit wachsender Beliebtheit. Eine Ausstellung im MAK zeigt außergewöhnliche Handwerkskunst von gestern und heute.
LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 25.11.2016

Ein Hoch auf die Meister

MAK zeigt vom 14. Dezember 2016 bis 9. April 2017 die Entwicklung des Handwerks und seine Stellung in der Gesellschaft.

Wien. Das Handwerk hat einen goldenen Boden und steht derzeit (wieder) hoch im Kurs. So hat sich in den letzten Jahren eine starke Do it Yourself-Bewegung etabliert, wie der Erfolg der Online-Plattform dawanda.de zeigt. Vor fast genau zehn Jahren, am 3. Dezember 2006, startete der Marktplatz für Selbstgemachtes mit 250 Shops, 1.500 Produkten und 1.200 Nutzern, heute umfasst das Sortiment 6 Mio. ­Artikel von 360.000 Shops.

Handgefertigte Unikate …

Jede Minute geht eine Tasche über den virtuellen Ladentisch, alle 20 Sekunden ein Schmuckstück. Längst findet man auf DaWanda nicht nur liebevoll Gebasteltes von ambitionierten Laien, sondern auch exklusive und kostspielige Unikate von kleinen regionalen Manufakturen und Designern.
„Handarbeit ist mittlerweile vom Nischen- zum Lifestyle-Thema avanciert. Was einmal als altbacken galt, erfährt heute in unserer schnelllebigen Gesellschaft wieder einen hohen Zuspruch”, freut sich dawanda-Gründerin Claudia ­Helming.
Auch die im Sommer 2015 gelaunchte österreichische Plattform lieblingsbrand.at profitiert vom Trend ‚Klasse statt Masse' und dem Wunsch der Konsumenten nach Produkten abseits des Mainstreams.
Mittlerweile nutzen bereits mehr als 100 heimische Designer aus den Bereichen Mode, Schmuck und ­Accessoires das virtuelle Schaufens­ter, und die Erweiterung um eine neue Abteilung für Wohnen und Einrichtung steht kurz Handwerkskunst spielt auch bei den großen Luxusmarken eine immer größere Rolle – kein Wunder, schließlich stand am Anfang eines jeden internationalen Nobelunternehmens ein kleines Handwerker­atelier. bevor.

… erfreuen sich …

Bei so gut wie jeder großen Store­eröffnung ist daher auch mindestens ein Handwerker aus den Aeliers des Unternehmens vor Ort, der den Gästen Einblick in die Fertigung der edlen Produkte gibt.
Hermès schickt sogar bereits seit Jahren sein Festival des Métiers, bei dem Handschuhmacher, Seidendrucker, Schneider, Uhrmacher und Täschner aus ihren Ateliers ihre Kunst vorführen, rund um den Globus, und das Interesse an dem Blick hinter die Kulissen ist groß. Auch in den Sortimenten der ­Nobelbrands finden sich immer öfter Editionen, die aus besonders exklusiven Materialien und/oder mit besonders aufwendigen Techniken hergestellt sind. Zudem werden die Made-to-Order-Programme für individuelle Maßanfertigungen nach Kundenwunsch kontinuierlich erweitert.

… steigender Nachfrage

Wie sich die Bedeutung und Wertschätzung des Handwerks als wesentlicher Bestandteil der materiellen Kultur und der kulturellen Identität von der Antike bis heute entwickelt hat und welche Rolle es künftig spielen wird, zeigt ab dem 14. Dezember die Ausstellung „handWerk. Tradiertes Können in der digitalen Welt” im Wiener MAK.
Anhand von 160 Exponaten (Möbel, Tapeten, Fliesen, Teppiche, Mode oder Geschirr) wird historisches Handwerk dem aktuellen gegenübergestellt, eine begehbare Installation bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Materialien wie Stoffe, Leder, Holz, Metall und Keramik haptisch zu erfahren, und in einer Life-Werkstatt erhält der Besucher Einblick in insgesamt 20 traditionelle Handwerksmetiers – vom Schuhmacher über Weber, Tischler, Tapezierer, Keramiker und Geigenbauer bis zur Dirndlschneiderin.
Weiters zu sehen sind unter anderem Werkzeuge, Filme zum Thema Handwerk sowie ein Video-Interview mit dem Soziologen Richard Sennett, dessen Buch „The Craftsman” (New Haven 2008) wichtige Impulse für die Ausstellung lieferte.

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