Auf der Jagd nach Glücksgefühlen
© Claudia Pischler
Experten-Treff Peter Pototsch­nig (GF CX Agentur), Stefan Schiel & Christian Bosch (beide Managing Director marketmind), Christine Krimmel (GF CX Agentur), Barbara Stöttinger (Dekanin WU Executive Academy), Silke Hieke (Institut für Marketing-Management,
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 10.02.2017

Auf der Jagd nach Glücksgefühlen

Kürzlich fand an der WU ein hochkarätig besetzter Expertentag zum Thema Customer Experience statt – eine Zusammenfassung.

••• Von Dinko Fejzuli

An welchen Touchpoints der Customer Journey braucht es Excitement, an welchen müssen wir das Erwartete funktional erfüllen? Woran liegt es, dass der Kunde an einzelnen Touchpoints unzufrieden ist? Liegt es an unserer (unzureichenden) Performance oder liegt es an überzogenen Kundenerwartungen? Und hat das alles Relevanz für die „Wertigkeit“ des Kunden und dessen Kundenbindung?
Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigten sich kürzlich gleich mehrere Experten der heimischen Marketing-Szene bei ihren Vorträgen an der WU Wien.

Kunden sind (vor)informiert
Zunächst gab Silke Hieke vom Institut für Marketing-Management, WU, eine Einführung und einen Themenüberblick über das Feld der Customer Experience. Danach sprachen Christian Bosch und Stefan Schiel (beide marketmind) zum Thema „Gestalten und Managen der Customer Experience jenseits klassischer Kundenzufriedenheitsmessungen“, und zum Abschluss skizzierten Christine Krimmel und Peter Pototschnig (beide CX Agentur) ihre Gedanken zum Thema „Entwicklung und Umsetzung von kundenzentrierten Strategien, Produkten und Prozessen“.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen heute und früher sei, dass Kunden heute wesentlich (vor)informierter zu den diversen Touchpoints kommen würden.
Früher sei ein Autokauf eine Kette von mehreren Besuchen im Autohaus gewesen; heute kommt der Kunde oft nur ein Mal und kauft dann aber dafür auch – oder eben nicht.
Zudem würden die Kunden heute ob der Verästelung der Möglichkeiten, die sich ihnen bieten würden, auch auf unterschiedlichen Customer Journeys zu einem kommen. Auch änderten sich Trends und das Medienkonsumverhalten, vor allem bei den nach 1995 Geborenen.

Zwei Einflussfaktoren bleiben aber gleich: Weiterhin hänge die Customer Journey auch vom ­eigenen Interesse und noch mehr vom verfügbaren Budget ab. Unübersehbar sei auch der Trend zum Dialog zwischen Anbieter und Nachfrager; Tools wie Facebook & Co. hätten diese Entwicklung unausweichlich befeuert und bedingt. Man sollte die Sozialen Medien aber nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance sehen, kann man doch so Kunden bei der Entstehung eines Produkts „ins Boot holen“ oder zu Botschaftern der eigenen Marke machen; sie sind auch bereit, ihre Erfahrungen mit meiner Marke mit mir zu teilen.

Auch schätzten es Kunden immer mehr, auf kuratierte Inhalte zurückgreifen zu können; Spotify sei hier geradezu ein Paradebeispiel: Ich versorge ein Tool mit einigen Informationen über meine Wünsche und Bedürfnisse und bekomme dazu passende, weiterführende Inhalte. Wichtig dabei sei, zu wissen, dass Kunden nicht an jedem Punkt der Customer Journey den identen, dichten Grad an Personalisierung benötigen. Im Wert steigen würden ebenfalls die Verfügbarkeit von Informationen und die Geschwindigkeit, in der ich als Marke in der Lage sein muss, diese mit meinem Kunden zu teilen. Gerade die Sozialen Medien erlauben hier keine langen Wartezeiten, bis man als Unternehmen reagiert. Doch gerade die neuen, interaktiven Möglichkeiten böten viele neue Chancen, so Christian Bosch von marketmind. Dabei geht es den Kunden längst nicht mehr darum, am Ende des Kaufprozesses zufrieden zu ein, weil man das richtige Produkt erworben hat, sondern heute will sich der Kunde mit den Produkten, die er kauft, auch identifizieren können und nicht nur zufrieden, sondern glücklich sein.

Warum Zufriedenheit allein nicht genügt und das Glücksgefühl des Kunden heute mehr zählt, fasst Stefan Schiel gleich in mehreren Punkten zusammen: Zum einem kaufen glückliche Kunden öfters und mehr ein, sie würden zu unseren Promotoren und empfehlen uns weiter; außerdem habe man bei einem glücklichen Kunden weit höhere Chancen, das Cross-Selling auszubauen. Und wer als Kunde vom Glück berauscht ist, schaut auch nicht mehr so genau aufs Preisschild, sprich Kunden mit einer höheren Affinität zu meiner Marke und meinen Produkten sind auch bereit, höhere Preise zu bezahlen – gut für mich als Unternehmen, denn durch all diese Auswirkungen senke ich quasi automatisch meine Akquisitionskosten. Wichtig in dieser Marke-Kunde-Beziehung als Bindeglied sind die eigenen Mitarbeiter. Denn: diese arbeiten lieber mit zufriedenen Kunden, womit auch der Share of Value steigt – quasi eine Win-Win-Win-Situation für alle drei Beteiligten in dieser Beziehungskette.

Zum Schluss meinten Christine Krimmel und Peter Pototschnig, die Experten der CX Agentur, zum Thema Customer Experience: „Wir leben in einer Erlebnisökonomie. Der Homo oeconomicus ist eine Fiktion. Wir suchen danach, emotionale Bedürfnisse zu befriedigen. Nur Unternehmen, die das bieten, werden als Marken eine erfolgreiche Zukunft haben.“

Negatives vermeiden
Ihr Fazit: Das schönste Produkt oder die beste Dienstleistung helfe nichts, wenn der Kunde am Weg zum Kauf oder zur Auftragserteilung negative Erfahrungen machen muss, wenn Kundenprozesse nicht optimal ablaufen oder interne Strategien versagen. All dem gelte es vorzubeugen, indem man versucht, herauszufinden, wo überall Kunden mit meiner Marke in Kontakt – den berühmten Touchpoints –, in Berührung kommen und entsprechend gewappnet zu sein.

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