Bitter im Abgang, ein Hauch Wehmut
MARKETING & MEDIA sabine bretschneider 12.05.2017

Bitter im Abgang, ein Hauch Wehmut

Der Vizekanzler haut den Hut drauf. Ein Rückblick auf ehemalige Euphorien.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

AD FINITUM. Jetzt ist Django tatsächlich unchained. „‚Killing Me Softly', heißt ein bekanntes Lied. Es ist die Hymne der Volkspartei”, schreibt die Kleine Zeitung. Dabei konnte Reinhold Mitterlehner diese windschiefen Metaphern gegen Ende immer weniger leiden. Auch der ORF entschuldigte sich nach der harschen Kritik des scheidenden ÖVP-Chefs und Vizekanzlers für den „Django und die Totengräber”-Scherz in der „Zeit im Bild 2” am Dienstag. Man müsse „zur Kenntnis nehmen, dass dies von Mitterlehner als persönliche Kränkung verstanden wurde, dies tut uns leid”, erklärte TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher in einem Statement zum prominenten Abgang, in dem auch etwas Wehmut mitschwang. Jetzt ist der Zeitpunkt, sich an die große Erleichterung von damals zu erinnern. Nach der Ära Faymann-Spindelegger – der eine von Enten geplagt, der andere im Overcoaching verheddert – stand plötzlich das Duo Kern-Mitterlehner im Ministerrat. Rhetorisch gewandt, angenehm im Umgang, vice versa halbwegs wohlgesonnen und voller Tatendrang. Lang hat es nicht gehalten.

„Bis zum Start des Wahlkampfs war Mitterlehner nur mehr die traurige Rolle als Platzhalter für den bis dahin wartenden schwarzen Superman Sebastian Kurz zugedacht”, schreibt die ­Tiroler Tageszeitung. Und das wollte er auch nicht mehr sein, ein „Platzhalter”, gab Mitterlehner in seiner Abtrittsrede bekannt. Verständlich. Der, für den er den Schleudersitz freihielt, ziert sich noch. Auch verständlich. Andererseits käme mit Kern-Kurz jetzt das fotogenste Doppel auf uns zu, das große Koalitionen je gesehen haben. Da können sich YouTuber und Influencer aus dem gemeinen Volk schon mal warm anziehen.
Aus den Salzburger Nachrichten: „Wer eine Wahl mutwillig vom Zaun bricht, hat sie schon verloren.” Stimmt nicht – auch diese Mär wurde im Zuge der aktuellen Berichterstattung enttarnt; dafür gebe es keine Belege, sagen die Experten. Nun denn, an die Urnen! Zumindest die Werbekonjunktur profitiert davon. Lesen Sie dazu auch den Kommentar auf Seite 40.

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