Das Ende der Mediengattungen
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Markus Breiteneckers Credo: „Mit Innovationen verlorenes Terrain zurückgewinnen”.
MARKETING & MEDIA 05.05.2015

Das Ende der Mediengattungen

Kommentar Markus Breitenecker, GF ProSiebenSat.1 Puls 4, über die wahre Herausforderung für die heimischen Medienmacher

Die Aufteilung in klassische Mediengattungen steht vor dem Aus.

Wien. Die europäischen Medien stehen in regionalen Märkten vor der Auflösung der klassischen Mediengattungen. Mittlerweile finden sich alle Medienmarken nebeneinander auf Screens mobiler Endgeräte. Was für eine Revolution das bedeutet, beginnen wir erst jetzt zu verstehen.

Die App eines TV-Senders kämpft um die gleiche Aufmerksamkeit, wie die einer Tageszeitung, eines Musikplayers oder des Newsfeeds einer Suchmaschine. Zudem sind heute alle Mediengattungen durch den Mediaserver vergleichbar. Der Hauptdistributionskanal ist das Internet.
Die wahre Herausforderung kam durch die Keyplayer aus dem Silicon Valley, die durch ihre globale Bedeutung auch in den Regionalmärkten marktbeherrschende Stellungen eingenommen haben und in ganz direktem Wettbewerb zu den regionalen Medienanbietern getreten sind. Man muss zwei Arten von Anbietern unterscheiden: Contentmedien, die mit teuren Personalstrukturen Inhalte selbst produzieren und finanzieren, und Metamedien, die als Plattform algorithmusgesteuerte Inhalte Dritter vermarkten und die Contentmedien überholen.

Rechtliche Gleichstellung

Sind wir dieser Entwicklung ohne eine Chance ausgeliefert und müssen resignieren? Meine These: Nein! Wenn wir jetzt initiativ sind, können wir uns verlorenes Terrain zurückerobern: Die regionale Politik muss schnell und entschlossen eine konvergente Medienregulierung beschließen. Im Gegensatz zum TV haben die rechtlich bevorzugten Metamedien keine Werbebeschränkungen, gewähren zulasten von Print keinen Urheberrechtsschutz, kapitalisieren teilweise rechtswidrigen Content, zahlen keine Steuern in Österreich und müssen keine Werbeabgabe leisten.
Dabei ist die Forderung nach einem ‚level playing field', einer rechtlichen Gleichbehandlung von Meta- und Contentmedien, ohnehin nur eine milde Mindestforderung. Der Gesetzgeber entschuldigt seine Passivität, den globalen Digitalphänomenen regulatorisch entgegenzuwirken, oft mit komplizierten europaweiten Abstimmungen. Um den Rückstand der letzten zehn Jahre wieder aufzuholen, können wir aber das Mediensystem in Österreich neu ordnen, um dem Angriff der Big Five Metamedien standzuhalten.
Medienförderungen wie Rundfunkgebühren und öffentliche Inserate sollen in Zukunft nicht den operativen Alltagsbetrieb einzelner Medienhäuser fördern, sondern Qualität und Neugründungen und zwar nach einem Subsidiaritätsprinzip, was bedeutet, dass nur das gefördert werden darf, was der Markt nicht finanzieren kann, aber im öffentlichen Interesse liegt.

Informationsmonopol droht

Wollen wir in Zukunft verhindern, dass Google und Amazon ihre Marktdominanz missbrauchen, YouTube unsere teuer produzierten Inhalte stiehlt und der Facebook-Newsfeed ein Informationsmonopol bekommt, dann müssen wir spätestens jetzt handeln statt zu resignieren. Mit Kampfeslust die österreichischen und europäischen Gesetze anpassen, indem wir globale Datenmacht beschränken oder zerschlagen. Statt durch falsche Fördersysteme dem internen Wettbewerb zu schaden, muss die gemeinsame Energie auf den globalen Wettbewerb fokussiert werden.
Wir müssen als österreichische Contentproduzenten gemeinsam vom Spirit der jungen Gründer im Silicon Valley lernen und mutige Medienangebote entwickeln, die unsere User lieben.


Markus Breitenecker, GF ProSiebenSat.1 Puls 4, stv. VÖP-Vorsitzender & Obmann der Arbeitsgemeinschaft Teletest (AGTT).

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