Das Internet der Dinge ist „The next big thing”
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Status quo „Das Umfeld ist herausfordernd – und ja, auch die Netzanbieter untereinander schenken sich nichts.”
MARKETING & MEDIA Redaktion 25.11.2016

Das Internet der Dinge ist „The next big thing”

Drei-CEO Jan Trionow über populistische Regulierer, Trends im Mobilfunk und das Kopf-an-Kopf-Rennen mit T-Mobile.

Intensiver Wettbewerb, die Belastung der Infrastruktur durch Internet-Giganten wie Google oder Facebook und eine überbordende Regulierung seitens der EU setzen den Telekomsektor in Österreich seit Jahren unter Druck. Dennoch ist das Preisniveau niedrig, die Versorgungsquote mit mobilem Internet hoch. medianet führte dazu ein Gespräch mit Drei-Chef Jan Trionow.


medianet:
Herr Trionow, ganz simpel gefragt: Wie geht’s Drei?
Jan Trionow: Einfach zu beantworten: gut. Wir haben die letzte Phase der Unternehmenszusammenführung (mit Orange, Anm.) gut bewältigt, die Zahlen für das erste Halbjahr sprechen eine deutliche Sprache. Wir haben in allen Dimensionen Fortschritte gemacht, Kundenzahl und Marktanteile gesteigert, ein sehr gesundes Unternehmen aufgebaut. Damit kann man zunächst einmal zufrieden sein. Aber natürlich ist unser Blick nach vorn gerichtet – wie wir uns weiterentwickeln und weiterwachsen können. Denn das ist das Ziel.

medianet:
Was natürlich in einem saturierten Markt nicht einfach ist, aber auch über die letzten Jahre hinweg nie war …
Trionow: Das Umfeld ist herausfordernd, die virtuellen Anbieter haben auch eine gewisse Rolle im Wettbewerb gehabt – und ja, auch die Netzanbieter untereinander schenken einander nichts. Außerdem sind wir weiter unter Druck der Internetkonzerne, die unsere Dienstleistung oft gratis anbieten – und auch die Regulierung trägt dazu bei, dass es nicht einfacher wird.

medianet:
Ihrem Halbjahres­report ist zu entnehmen, dass es eine weitere ganz starke Steigerung des Datenvolumens gegeben hat …
Trionow: Ja, dort fängt die Reise erst an. Wir sind der Anbieter in Österreich, wenn es um mobile Daten geht. Zwei Drittel aller mobilen Daten in Österreich werden über unser Netz transportiert – das ist doppelt so viel wie bei den beiden anderen zusammen. Auch bei Mobile TV etwa verzeichnen wir große Fortschritte. Und dann gibt es noch viele neue Sektoren, die nach und nach ins Portfolio kommen werden. Das Internet der Dinge etwa ist langfristig ein Wachstumstreiber.

 

medianet: ‚Internet der Dinge' – merkt man davon schon etwas oder ist das noch ein Schlagwort in Österreich?
Trionow: Das ist zunächst von den Umsatzzahlen her noch ein Schlagwort, der Umsatzbeitrag ist noch ein sehr kleiner, aber wir sind uns dessen bewusst, dass das die nächste große Welle sein wird. Die Faktoren, die es braucht, damit dieses Thema durchbricht, kommen erst langsam auf das passende Niveau. Modems werden jetzt günstig genug; die Technologie ist reif, um die Dinge umzusetzen. Die Kosten passen und die Wahrnehmung der gesamten Gesellschaft und Wirtschaft ist jetzt reif, solche Produkte einzusetzen. Das Thema wird stark zulegen. Wir haben eben ein neues Produkt gelauncht: Iot complete, eine umfangreiche Komplettlösung aus einer Hand.

medianet:
Drei hat vergangenen Sommer einen durchaus ansehnlichen Netzausbau abgeschlossen …
Trionow: Natürlich ist ein Netz in Wahrheit nie fertig. Aber die Grundlage steht seit letztem Jahr, und darauf bauen wir auf. LTE ist in Österreich fast flächendeckend verfügbar, wir haben fast 98 Prozent Bevölkerungsabdeckung. Damit ist unser LTE-Netz in weiten Teilen des Landes, gerade im ländlichen Raum, das schnellste Internet, das Kunden, das Unternehmen vorfinden können. Damit leisten wir auch einen großen Beitrag zur Überbrückung des Digital Divide zwischen Stadt und Land.

Das Datenvolumen verdoppelt sich jedes Jahr, und unsere ­Geschwindigkeiten sind dennoch hervorragend, wenn man sich die RTR-Netztests ansieht. Die 4G-Netze in Österreich sind ungefähr vier bis fünf Mal schneller als die alten Kupfernetze. Drei hat die letzten vier Netztests übrigens klar gewinnen können.


medianet:
Plant Ihr Unternehmen derzeit weitere technische Ausbauschritte oder wird man sich auf den Investments der letzten zwei Jahre erst einmal ausruhen?
Trionow: Nein, ein Ruhepolster kann es nicht sein. Wenn sich das Datenvolumen ständig vergrößert, muss man am Ball bleiben. Es kommen immer wieder neue Technologien dazu: Aus LTE wird LTE advanced, und die Vorstufen von 5G werden nach und nach marktreif – mit neuen Antennentechnologien, neuen Frequenzen …Wir sind also weiterhin am intensiven Ausbau.

medianet: Das fusionierte Unternehmen aus Drei und Orange liegt heuer erstmals auf Platz zwei nach der Teilnehmerzahl …
Trionow: Ja, stimmt, wir liegen in manchen Bereichen Kopf an Kopf mit T-Mobile, in anderen sind wir schon klar die Nummer zwei am Markt, in anderen sind wir sogar auf Platz eins – etwa, wenn es um Netzqualität und mobile Daten geht. Das macht uns stolz und zufrieden – aber stehen bleiben können wir deshalb nicht.

medianet:
Wie sieht Ihr nächstes unmittelbares Ziel also aus?
Trionow: Ein Teilziel ist natürlich, in einem schwierigem Marktumfeld Wege zu finden, umsatzmäßig weiterhin zu wachsen.

medianet:
Einer dieser potenziellen Wachstumsbereiche ist das Corporate Business …
Trionow: Natürlich ist auch im Geschäftskundenbereich das gute Netz die Grundvoraussetzung. Wir haben also die Grundlage – und bauen unser Portfolio dementsprechend aus. Das reicht von traditionellen Lösungen wie Festnetz mit Nebenstellenanlage bis zu neuen Produkten wie einer Corporate Registrierkassenlösung in Kooperation mit einem Partner. Sehr stark setzen wir auch auf das Thema Service: Wir liefern schon jetzt Kunden ab zehn SIM-Karten einen fixen Ansprechpartner.

Nicht unterschätzen sollte man auch die Tarife: Seit September haben wir einen neuen Tarif insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen; hier beginnen die Tarife ab vier Euro mit einem Grundpaket, dann können 19 verschiedene Optionen sehr flexibel dazugebündelt werden. Damit – nämlich Produkte ganz individuell zu konfigurieren – haben wir auch einen Nerv getroffen.


medianet:
Die Diskussion um die Roamingregulierung ist auch ein heißes Thema, besonders für kleinere Länder. Wie beurteilen Sie das?
Trionow: Eines steht fest: Die Abschaffung der Roaming­gebühren wird kommen, nächstes Jahr werden sie für die meisten Anwendungsfälle abgeschafft sein. Das hört sich für die Konsumenten natürlich zuerst einmal gut an. Wenn man als Branchenkenner hinter die Kulissen schaut und sieht, was das bedeutet, ist das Bild nicht mehr ganz so positiv. Die Abschaffung ist relativ unbalanciert passiert. Sie ist eingebettet in die Bemühungen der EU, einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen – und das ist eine Entwicklung, die wir als solche natürlich unterstützen. Es ist im Prinzip die richtige Strategie, aber man muss es natürlich richtig machen: Das heißt, man müsste die Voraussetzungen für einen Binnenmarkt schaffen, etwa gleiche Bedingungen bei der Vergabe von Frequenzen und bei wesentlichen anderen Kostenfaktoren. Und für gesunden Wettbewerb sorgen. Was derzeit hier unternommen wird, ist relativ populistisch. Einfach direkt am Einzelhandelspreis eine Regulierung einzuführen, ist per se als Mechanismus schon ein Sündenfall.

medianet:
Welche Konsequenzen wird das haben?
Trionow: Für uns bedeutet es, dass von einem Tag auf den anderen ein signifikanter Umsatzanteil einfach weggeschnitten wird, und wir überlegen müssen, wie wir das kompensieren, inwieweit das Einfluss auf die Investitionsbereitschaft der Marktteilnehmer hat oder wie es dem Markt gelingt, diese Umsatzeinbußen auf die nationalen Preise umzulegen. Unterm Strich ist es jedenfalls keine Ruhmesblatt für die europäischen ­Regulierer.

medianet:
Drei hat aber manche Dinge, die sich aus dem Aus für die Roaminggebühren ergeben, ohnehin schon vorweg­genommen …
Trionow: Dass leistbares Roaming für eine moderne Informationsgesellschaft ein wichtiger Faktor ist, ist unbestritten. Genau aus diesem Grunde haben wir auch in der Vergangenheit immer sehr attraktive Angebote gemacht.

medianet:
Eine der Fusionsauflagen seitens der Regulierer war der Zugang von Mitbewerbern zum Drei-Netz zu vertretbaren Zusammenschaltungskosten. Auf diesem Sektor hat sich einiges getan, sogar die Kronen Zeitung hat einen eigenen Handy­tarif. Wie sehen Sie das?
Trionow: Aus Sicht der Wettbewerbshüter sind diese virtuellen Anbieter eine Erfolgsgeschichte. Es hat sich in den letzten zwei Jahren eine extrem lebhafte Szene entwickelt; 35 Mobilfunkmarken gibt es inzwischen in Österreich – und man kann mit dem Hosting auch Gewinne machen, keine Frage. Die Margen mit den eigenen Marken sind zwar höher, aber trotzdem. Es ist auch heute so leicht wie nie zuvor, ein MVNO (virtuelle Netzbetreiber, Anm.) zu werden. Wir werden sehen, dass auch immer kleinere Nischen durch MVNOs bedient werden können. Das sehen wir auch durchaus positiv.

medianet:
Trotz des zunehmendeen Wettbewerbs?
Trionow: Absolut. Man kann auch als Regulierer mit dem österreichischen Markt durchaus zufrieden sein. Unser Merger hat Synergien und Effizienzen geschaffen, die letztlich die Netze deutlich besser haben werden lassen. Die Vorleistungen von Drei beim Ausbau von LTE haben auch die anderen stimuliert. Die durchschnittliche Geschwindigkeit in unserem Netz ist siebenfach höher als noch vor dem Merger. Es werden sechs Mal mehr Daten transportiert, und trotzdem ist der Preis­wettbewerb intensiv. Im Grunde hat der österreichische Konsument in jeder Dimension profitiert. (sb)

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