Droht Google eine Strafe von 6 Milliarden Euro?
MARKETING & MEDIA 16.04.2015

Droht Google eine Strafe von 6 Milliarden Euro?

Langjährige Querelen Brüsseler Wettbewerbsverfahren gegen US-Internetkonzern läuft schon seit Jahren

Google bevorzuge systematisch den eigenen Preisvergleichsdienst auf seinen Suchergebnisseiten.

Brüssel. EU-Digitalkommissar Günther Oettinger rechnet für die nächsten Tage mit Entwicklungen im Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission gegen Google. Es habe „sehr kompetente Beschwerden” gegeben, betonte Oettinger am Rande der Hannover Messe am Dienstag.

Laut jüngsten Medienberichten will die EU-Kommission den Druck auf Google in dem bereits seit Jahren laufenden Verfahren erhöhen, möglicherweise auch mit formalen Vorwürfen. Für die Ermittlungen ist Oettingers Kollegin Margrethe Vestager zuständig, die Wettbewerbskommissarin ist.Die EU-Wettbewerbskommissarin leitete zudem eine kartellrechtliche Untersuchung zu Googles Mobilfunk-Betriebssystem Android ein, das auf Smartphones und Tablets genutzt wird. „Sollte die Untersuchung unsere Befürchtungen bestätigen, müsste Google die rechtlichen Konsequenzen tragen und seine Geschäftspraxis in Europa ändern”, sagte Vestager. Im schlimmsten Fall könnte Medienberichten zufolge Google eine Stafe von 10% des Umsatzes drohen; auf 2014 umgelegt, wären das satte sechs Mrd. Euro.Konkurrenten und Unternehmen aus der Medienbranche werfen Google ja vor, sie in der Suchmaschine zugunsten eigener Dienste zu benachteiligen. Sie wollen unter anderem einen prominenteren Platz bei der Anzeige von Suchergebnissen. Der Internet-Konzern erklärte sich im Zuge des Verfahrens zu Zugeständnissen bereit, die Vestagers Vorgänger Joaquín Almunia ausreichend fand. In der Kommission gab es jedoch Widerstände gegen eine Einstellung des Google-Verfahrens.Oettinger sagte, oberstes Gebot sei die Neutralität in der EU – würde auf Suchmaschinen ein Eigenprodukt bevorzugt, verstoße das gegen Wettbewerbsregeln. Wenn ein Unternehmen 85% Marktanteil habe, sei das ein Quasi-Monopol, da müsse man genau hinschauen.Außerdem soll die EU eine Meldeplattform für Cyber-Attacken bekommen, wie Oettinger weiter sagte. Die jüngste Cyber-Attacke gegen den französischen TV-Sender TV5 Monde habe die Notwendigkeit verdeutlicht. „Wir wollen eine europäische Plattform schaffen – mit Mitteilungspflicht.”Zugleich bekräftigte Oettinger frühere Ankündigungen, dass zum Sommer eine einheitliche Datenschutzverordnung stehen solle. „Ich glaube, wir bekommen noch vor Juli eine europäische Datenschutzgrundverordnung hin, die praktisch das Thema Datenschutz europäisch einheitlich organisiert”, sagte er. Die entsprechende Direktive werde gerade im Dialog mit dem EU-Parlament geschaffen.

Fragmentierter Datenschutz

Bereits am Vorabend hatte Oettinger die derzeitige Datenschutz-Situation kritisiert: „Google geht in Europa zu einem fragmentierten Datenschutzraum, wo die gerings-ten Datenschutzrechte formuliert sind, bringt den Staubsauger mit und saugt dort die gesamten Daten Europas und der deutschen Wirtschaft ab, bringt sie in die USA, verarbeitet sie und verkauft sie.” Abhilfe könne eine europaweit einheitlichere Nutzung und Sicherung von Daten bringen: „Wer die Daten hat, hat die Macht”, so Oet-tinger zu einer möglichen Lösung des Problems.Der Kommissar beklagte zudem einen Mangel an IT-Fachkräften. Pro Jahr dürften durch die digitale Industrie EU-weit rund 150.000 neue Stellen entstehen. Da etwa 40 bis 50 Prozent der Stellen im produzierenden Gewerbe wegfallen könnten, würde es unterm Strich aber nur einen leichten Überschuss in den kommenden fünf Jahren ­geben. Für digitale Forschungsprojekte habe die EU ihre Mittel gerade gegenüber der vergangenen Förderperiode auf rund eine Mrd. Euro pro Jahr aufgestockt. Der digitale Sektor spiele dabei eine zentrale Rolle.(APA)

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