Längst keine Insel der Seligen mehr
© Lisi Specht
Wechsel Werber Herbert Rohrmair-Lewis, im Brotberuf Inhaber und GF der Agentur Lobster, übergibt den Bundesvorsitz der Jungen Wirtschaft an die nächste Generation.
MARKETING & MEDIA Redaktion 02.12.2016

Längst keine Insel der Seligen mehr

Herbert Rohrmair-Lewis, scheidender Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft im medianet-Interview.

WIEN. Ab 1. Jänner 2017 wird die Salzburgerin Amelie Groß (29) als neue Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft (JW) fungieren und damit den aus Altersgründen scheidenden Bundesvorsitzenden Herbert Rohrmair-Lewis ablösen.

„Nachhaltige Entwicklung”

„Mit Groß steht ab 1. Jänner 2017 eine Unternehmerin an der Spitze der JW-Bundesorganisation, die rund 37.000 Mitglieder zählt und die Interessen der rund 120.000 Unternehmern unter 40 Jahren vertritt. Mit ihr bilden Barbara Havel (Wien), Christiane Holzinger (Kärnten) und Burkhard Neuper (Steiermark) das neue Vorstandsteam.

medianet hat mit Vorgänger Rohrmair-Lewis im Interview Bilanz gezogen und sich über die aktuellen Herausforderungen der Jungen Wirtschaft unterhalten. Generell ortet Rohrmair-Lewis einen guten Spirit in Österreich, um Unternehmen zu gründen: „Wir sind zwar in der Zahl der Gründungen im internationalen Vergleich eher nicht oben mit dabei, dafür aber bei der nachhaltigen Entwicklung. Von zehn Gründungen überleben in den ersten drei Jahren sieben bis acht. Sie schaffen im Durchschnitt 2,4 Arbeitsplätze direkt im ersten Jahr und indirekt 5,4 Arbeitsplätze. Das ist international gesehen ein Spitzenwert.”
Für Rohrmair-Lewis ist es daher notwendig, den Wirtschaftsstandort Österreich als attraktives Gründerland zu forcieren. Dem scheidenden Bundesvorsitzenden fehlt in diesem Zusammenhang der Masterplan. „Wenn man sich große Volkswirtschaften ansieht, dann haben die mit grundlegenden Programmen Richtung gemacht. Da werden Duftmarken gesetzt, um sich international zu behaupten – wie z.B. die KöSt-Senkung in ­Irland.” Oft werde Österreich noch immer als Insel gesehen, „wir müssen aber schauen, wie wir uns im internationalen Wettbewerb behaupten können”.
Diese Diskussion, so Rohrmair-Lewis, könne man mit den Sozialpartnern überhaupt nicht führen. „Stattdessen diskutieren wir über die sechste Urlaubs­woche oder über die Maschinensteuer. Wir sprechen immer nur über Einzelmaßnahmen anstatt dass wir über die große Richtung diskutieren: Woher kommen unsere Jobs, wie kommen wir von den hohen Arbeitslosenzahlen runter, etc.?”

Mehr Industrie

Rohmair-Lewis denkt dabei an neue Steuermodelle: „Man muss den Unternehmen etwas in die Hand geben, damit Österreich wieder attraktiv als Standort wird. Wir sind ein kleines, überschaubares Land, aber steuerlich ist es unattraktiv. Es kommt mir oft vor, dass Unternehmen oft nicht gewünscht sind, wie in Wien zum Beispiel, wo sich kaum noch neue Industrie ansiedelt.”

Für seine eigene Branche – Rohrmair-Lewis ist Inhaber der Werbeagentur Lobster – regt er mehr Internationalität an: „Wichtig ist, dass wir uns in Österreich nicht verstecken, sondern verstärkt international ausrichten müssen. Wir haben zu viele inhabergeführte Agenturen, die Kunden nur in Österreich haben und nicht in andere Länder gehen.” Ein wichtiges Thema in der Kreativbranche sei zudem der Trend, dass der ­Mittelstand abhanden kommt. (mf/fej)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL