„Letztendlich geht es um ein knallhartes Geschäft”
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MARKETING & MEDIA Skender Fejzuli 05.05.2017

„Letztendlich geht es um ein knallhartes Geschäft”

Die OmnicomMediaGroup betreut weltweit über 5.000 Kunden. medianet traf die lokale Führungscrew zum Interview.

••• Von Skender Fejzuli

Die Omnicom Media-Gruppe, zu der die Full Service Media- Netzwerke OMD und Phd gehören, ist eine der weltweit führenden Agenturen im Bereich Werbung, Marketing und Unternehmenskommunikation. Die Gruppe betreut über 5.000 Kunden in über 100 Ländern mit mehr als 8.500 Mitarbeitern. 65 der Mitarbeiter sitzen in Wien und betreuen als OMD und Phd die österreichischen und internationalen Kunden der Gruppe unter der Leitung von Susanne Koll, CEO OmnicomMediaGroup, mit den Leading Heads Elisabeth Plattensteiner, Managing Director, Prokuristin OMD, Anja Hettesheimer, Managing Director Phd, Andrea Reschreiter, Director Business Insights & Solutions, Andrea Wieseke, Director Digital Activation & Performance.

Neu im außerordentlich erfolgreichen Leader Team, wird Steffen Kai zukünftig als CDO die Leitung der digitalen Unit verantworten.

Vorsprung durch Innovation

Susanne Koll beschreibt den besonderen Erfolg der Agentur damit, dass sie besonders gut die Balance zwischen klassischen und digitalen Bereichen schafft. „TV und Online wirken schon seit Jahren sehr erfolgreich zusammen und das gilt es besser zu verstehen und zu nutzen”, so Koll. Es zahlt sich auch aus, dass OMG schon sehr früh in die digitale Entwicklung investiert hat und auch weiterhin investiert. „Digital ist ein Bereich, den wir immer noch als Investitionsfeld sehen. Investition insofern, dass der Bereich immer fragmentierter, komplexer und technischer wird. So arbeitet zurzeit ein Drittel der Mitarbeiter an digitalen Themen. Damit sind wir schon lange keine Schaltagentur mehr, sondern sehen uns vielmehr als strategischer Partner für unsere Kunden, der Technologien nutzt und entwickelt, um die Botschaft zielgerichtet, effektiv und effizient an den Endverbraucher zu kommunizieren”, beschreibt Koll.

Der Mix macht’s

Die Agentur ist, laut dem CEO, täglich damit konfrontiert, neue Möglichkeiten/Technologien im Markt zu finden und zu verstehen, welchen Mehrwert diese für ihre Kunden bringen könnten. Es ist für Koll jedoch extrem wichtig, nicht auf jeden Trend zu springen, sondern genau zu eruieren, was die Agentur damit erreichen kann und ob ihr eine Hinzunahme in den Mediamix hilft, die Kampagnenziele besser zu erreichen.

„Es ist unsere Agenturphilosophie, vorsichtig zu handeln, und sehr verantwortungsbewusst mit den Kundengeldern umzugehen”, erklärt Koll diese Vorgehensweise als wichtigen Aspekt der positiven Entwicklung in diesem Bereich. Plattensteiner sieht dies auch als Basis für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit Kunden und Medienpartnern, womit sich diese Investition auch doppelt lohnt.

Brand Safety im Fokus

„Generell machen wir nichts blind, sondern hinterfragen Trends/Technologien, und da hat sich zum Beispiel bei Programmatic gezeigt, dass das der richtige Weg war”, so Koll weiter. Die Agentur hat schon vor Jahren eine Kampagne testweise programmatisch eingekauft und war mit der Qualität und der Transparenz der Platzierungen bei Weitem nicht zufrieden. Streng nach dem Motto: „Wir möchten gern wissen, für was wir bezahlen”, hat OMD daraufhin eine Mitarbeiterin dafür abgestellt, die Seiten zu sichten, zu segmentieren und nach qualitativen Kriterien zu kontrollieren. Auch wenn manuelle Handarbeit dem programmatischen Einkauf eigentlich widerspricht, kann die Agentur, laut Koll, mit dieser Qualitätskontrolle ihren Ansprüchen puncto Qualität und Transparenz gerecht werden. Auch hat die Agentur schon sehr frühzeitig angefangen, „Fraud Tracking”-Tools/Technologien einzusetzen. Dass dieses notwendig war, zeigt Koll die derzeitige Diskussion über „Brand Safety”. Die Implementierung dieser Qualitätsparameter führt für Koll jedoch nicht automatisch zu besseren Ergebnissen/Conversions beim Einsatz von Programmatic; doch viel wichtiger ist für sie die Frage der ­sozialen Verantwortung. „Möchte ein Werbetreibender sein Marketingbudget wirklich dafür nutzen, zwielichtige Organisationen finanziell zu unterstützen? Ich denke die Antwort liegt auf der Hand”, so Koll.

Mittel richtig einsetzen

Das Agenturgeschäft bezeichnet Koll insgesamt als sehr personalintensiv, weil die Agenturen sehr oft mit kleineren Media­budgets von rund 150.000 € arbeiten, aber den gleichen Arbeitsprozess haben wie bei großen Budgets – „ein Problem, das alle kleineren Länder haben: Im Social Media-Bereich wie etwa Facebook-Posts fällt es besonders auf, da die Arbeit dahinter die gleiche ist, wie wenn man das Zehnfache investiert. Die Folgen schmälern sonst weiter die Margen. Für uns war digital immer und ist immer noch investitionsreich. Da haben wir den Luxus, den die Digitalagenturen nicht haben. Wir können es uns durch das klassische Geschäft leisten, in Ressourcen und Technologien zu reinvestieren”, skizziert Koll und geht gleich zum nächsten Punkt über. Denn sie als Agentur setzen nicht ausschließlich auf die Entwicklung eigener Plattformen – der Trend geht aus ihrer Sicht eindeutig in eine andere Richtung. „Fakt ist, dass Technologien sich noch nie so schnell entwickelt haben wie heute. Es ist besser, man ist frei am Markt, um mit Anbietern zusammenarbeiten, und hat damit auch die Flexibilität, zu wechseln, falls ein neuer Technologieschub bessere Lösungen hervorbringt. Es ist aus meiner Erfahrung nur ein sehr kurzweiliger USP, den man durch eine eigene, entwickelte Plattform genießt, bevor sie schon wieder veraltet ist. Das Netzwerk der OMD und Phd strebt eine System­unabhängigkeit an, die für die nötige Flexibilität sorgt. Damit kommen bei uns laufend neue Technologien zum Einsatz, und das ist natürlich eine Herausforderung für unsere Mitarbeiter und mich”, beschreibt Koll die Grundlage und Idee des Weges, den das Netzwerk geht.

Markt und Kunden

„Wir betreuen sehr viele Industrien und Branchen mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen und in unterschiedlichen Situationen. Markenartikler haben es momentan im Massengeschäft schwer. Insgesamt gibt es die Tendenz, dass sich die Unternehmen mehr fokussieren und speziellere Zielgruppen anvisieren”, umreißt Koll die Situation.

Hettesheimer sieht den Automarkt als Beispiel im Umbruch: „Der Weg vom klassischen Autohersteller zum innovativen Mobilitätspartner stellt nicht nur die Autohersteller selbst, sondern auch die Agenturen vor neue Herausforderungen. Es geht um Leads, Sales und Conversion und wie on- und offline miteinander zusammenspielen. Wohin die Reise geht und wie sich alles weiterentwickelt? Ich glaube, dass kein Stein auf dem anderen bleiben wird.”
Was die gesellschaftliche Entwicklung betrifft, sieht Hettesheimer Media und Automobilindustrie als zwei Beispiele von Branchen, die sich am Puls der Zeit bewegen und keine Zeit zum Zurücklehnen bieten. Dafür sorgen schon laut Hettesheimer KPIs, Benchmarks, Tracking und Reporting. Vor lauter KPIs darf man bei allen Abverkäufen nicht dazu tendieren, den Markenaufbau aus den Augen zu verlieren, erinnert Koll: „Das mussten viele Kunden in den letzten Jahren vernachlässigen, weil der Preiskampf am Markt unserer Kunden sehr ­aggressiv war – unter dem Motto ‚Wir sind ein Rabattland'.”
Wichtig, so Koll sei es, die richtige Balance zwischen Marke und Aktion zu finden, um nicht in Schönheit zu sterben, und genau an diesen Punkt hilft digital extrem. „Mit den Zahlen aus den Research Tools erfahren wir, was interessiert und welche Themen gerade spannend sind. Wir müssen einfach relevanter in Werbebotschaften werden und digital bietet uns diese Möglichkeit”, so Koll.
Das hilft nicht nur den Agenturen, findet Koll, sondern auch die Unternehmen profitieren davon. Leider verkleinerten die Firmen ihre Marketingabteilungen in den letzten Jahren, und es wird heute für die sehr kleinen Abteilungen aus Sicht von Koll immer schwerer, das große Ganze zu verstehen.
„Es poppen jeden Tag von Kundenseite sehr viele Fragen auf, die sehr ins Detail gehen und viele Ressourcen binden – was auch nicht verwundert; die Sprache hat sich durch die viele Technik so verändert, dass ein Außenstehender nicht mehr versteht, was die Spezialisten sagen, und darin liegt eine Gefahr. Gleichzeitig war es für Kunden noch nie so schwer, ein immer komplexer werdendes großes Ganzes mit oftmals weniger personellen Ressourcen im Auge zu behalten; hier wollen wir unseren Kunden gern als ‚Reiseleiter' die Orientierung auf dem neuem Land erleichtern”, ergänzt Reschreiter.
„Wir werden durch unsere Investitionen in die Automatisierung immer mehr zum Technologiekon­zern, es geht auch nicht mehr anders. Auf der anderen Seite kommen wir zu einem Punkt, an dem die ­Beratungsleistung wieder mehr in den Vordergrund rückt. Das verlangen die Kunden, weil es inzwischen so viele Möglichkeiten gibt und sehr viele Insights benötigt werden, damit die Botschaften relevanter werden und wir uns auf der anderen Seite nicht in Kleinteiligkeit verlieren”, so Koll, um abschließend noch die Erwartungen für heuer zusammen zu fassen: „Wir sind gut ins neue Jahr gestartet und erwarten ein gesundes Wachstum.”

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