Muslim FH: ein Beruf wie jeder andere, oder?
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 03.06.2016

Muslim FH: ein Beruf wie jeder andere, oder?

An der derzeit aufgeheizten Stimmung gegen Asylsuchende sind nicht nur die rechten Hetzer schuld – auch die Medien sind unfreiwillige Helfer.

Leitartikel ••• Von Dinko Fejzuli


WAHRNEHMUNG. Am 20.10.2015 erschien in den Salzburger Nachrichten ein Artikel mit dem Titel „Warum in Österreich keine Asylunterkünfte brennen”; zitiert wird auch ein „hoher Beamter” mit dem bemerkenswerten Satz: „Warum, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist die Stimmung einfach nicht so aufgeheizt wie in Deutschland.”

Das hat sich mit dieser Woche erledigt. Wobei das nicht ganz richtig ist. Es gab schon bisher Fälle von Brandstiftungen und Böllerattacken auf Unterkünfte, in denen Flüchtende wohnen. In Wiener Neustadt wurden aus einem fahrenden Auto Schüsse aus einer Softgun auf Asyl­suchende abgegeben. Und nicht zu vergessen der Amoklauf eines Neonazis vor Kurzem in Vorarlberg, bei dem drei Menschen getötet und etliche andere verletzt wurden.

Selektive Wahrnehmung und ihre Folgen

Die Resonanz in den Medien war verhalten, und nach wenigen Tagen war das Thema aus den selbigen verschwunden.

Anders reagieren die selben Medien – und ich meine hier nicht nur den so oft gescholtenen Boulevard –, wenn etwa ein in Österreich geborener und aufgewachsener Grazer, aber eben mit familiären Migrationshintergrund, mit seinem Auto tragischerweise in Graz in eine Menschenmenge fährt. Da geht es dann medial plötzlich gar nicht so sehr um die Opfer, sondern um den Migrationshintergrund des Täters, der sofort in den thematischen Vordergrund gerückt und ausgeschlachtet wird.
Und es gibt weitere Beispiele, bei denen die mediale Berichterstattung vielleicht nicht ganz unschuldig ist an der Stimmung, die derzeit in Österreich herrscht.
Als etwa Neo-Bundeskanzler Christian Kern die neuen Mitglieder seiner Bundesregierung vorstellte, taten die Medien auch ihr Bestes, um Stereotype zu transportieren und Vorurteile zu zementieren.
Als es nämlich darum ging, die Neuen und deren beruflichen Hintergrund zu präsentieren, war die neue Bildungsministerin davor Rektorin der Veterinärmedizin, der neue Kulturminister Kulturmanager und der Infrastrukturminister ein Landesrat; nur die neue Staatssekretärin scheint vor ihrer Berufung in die Regierung von Beruf Muslima gewesen zu sein.
Manche Kollegen schafften es, gerade noch zu erwähnen, dass sie Juristin und Wiener Landtagsabgeordnete war, bevor sie sich auf den Umstand stürzten, dass sie die erste Muslima in der österreichischen Bundesregierung ist. So what? Relaxt und beruhigt euch mal ein bisschen!
Mich würde ja wirklich interessieren, ob es denn dazu auch passende Kurse gibt. ­Vielleicht bei Humboldt?

Fokussieren auf das wirklich Wichtige

Freiwillig oder unfreiwillig: Durch das mediale Transportieren von Stereotypen und das Reduzieren von Menschen auf ihren kulturellen und religiösen – in diesem Fall natürlich fremden – Hintergrund verstärkt sich auch das öffentliche Bild, welches zwar nicht real, aber, da irreal, um so beängstigender für viele Menschen in diesem Land ist.

Um so wichtiger wäre es, Dinge, die kein Aufreger sind, auch nicht als solche zu inszenieren.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL