Wenn Flüchtlinge Babys essen
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Das im Jahr 2016 gegründete Institut für digitale Kompetenz und Medienbildung bietet Workshops für Schüler an.
MARKETING & MEDIA daniela prugger 20.01.2017

Wenn Flüchtlinge Babys essen

Fake-News sind ein Problem; vor allem junge ­Menschen müssen lernen, sie zu hinterfragen.

••• Von Daniela Prugger


WIEN. Lange war Medienpädagogik ein blinder Fleck im österreichischen Bildungssystem. Doch in einer Zeit, in der sich Verschwörungstheorien und Fake-News immer schneller verbreiten, ist ein Leitfaden zum Einordnen wirklichkeitsrelevanter Informationen unumgänglich. Tim Dombrowski, Leiter des Instituts für digitale Kompetenz und Medienbildung, über die Leichtgläubigkeit gegenüber dem Internet.

medianet: Mit welchen Herausforderungen werden junge Menschen heute insbesondere in medialer Hinsicht konfrontiert?
Tim Dombrowski: Jugendliche informieren sich vor allem online. Dort finden sie eine unüberschaubare Menge an Informationen vor, die ungefiltert auf sie einwirkt. In Sozialen Medien kann man exzellente Texte lesen, stößt aber auch auf unzählige Falschinformationen und Verschwörungstheorien. Informationsquellen unterschiedlicher Qualität erscheinen gleichwertig nebeneinander. Daher ist es heute im Sinne einer mündigen und demokratischen Gesellschaft unabdingbar geworden, dass vor allem junge Menschen lernen, diese kritisch zu reflektieren.

medianet:
Wie können Heranwachsende kritisch erzogen werden?
Dombrowski: Wir sind der Meinung, dass es entscheidend ist, Jugendliche selbst das Problem erkennen zu lassen; zusätzlich muss ihnen dann ein Handwerkszeug aufbereitet werden, um die Internetinhalte auf ihre Qualität hin zu überprüfen. Dafür haben wir in unseren Workshops einen spielerischen Ansatz gewählt, bei dem Schüler selbst aktiv werden müssen. Zum einen werden sie mit Falschmeldungen und ihrer Entstehung direkt konfrontiert, um ein Problembewusstsein zu schaffen.

medianet:
Welche Rolle spielt eigentlich Medienpädagogik in ­Österreich?
Dombrowski: Medienpädagogik spielte bislang eine untergeordnete Rolle in Österreich und fand höchsten auf Projektbasis statt. In der derzeitigen Debatte rund um den Fake-News-Begriff merkt man, dass dieser Umstand nun von vielen Leuten bis hin zur Bildungsministerin Sonja Hammerschmid erkannt wird.

medianet:
Wie gehen die Schüler in den Workshops mit Fake-News um?
Dombrowski: In unserem ersten Workshops hat ein großer Teil der Schüler eine Meldung des Postillon für wahr gehalten, in der beschrieben wird, wie ein Flüchtling sich den Unterkiefer ausrenkt und ein deutsches Baby isst. Das war natürlich ­Satire, wurde aber aufgrund der professionellen Aufmachung des Artikels nicht hinterfragt. Das ist eine Problematik, die nicht mit kursierenden Ideen von Wahrheitministerien oder einer Fake-News-Polizei gelöst werden kann. Vielmehr sollte selbstverständlich werden, dass Menschen die Kompetenz besitzen, die Glaubwürdigkeit von Quellen im Internet selbstständig beurteilen zu können. Da ist es wichtig, bereits in der Schule den ersten Schritt zu machen – hier liegt unser Ansatz.

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