Wenn nichts und alles anders wird
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Seit 20 Jahren gibt es den Radiosender FM4 – davon 19 leitet ihn Monika Eigensperger als Senderchefin höchst erfolgreich.
MARKETING & MEDIA Dinko fejzuli Constantin Utner 19.05.2015

Wenn nichts und alles anders wird

Mission Der Auftrag an den damals neuen Sender war von Anfang an, ein anspruchsvolles und informatives Kulturprogramm zu entwickeln

FM4-Chefin Monika Eigensperger zieht anlässlich des 20sten Geburtstag von FM4, den sie nun seit 19 Jahren leitet, Bilanz.

Wien. Bereits seit 1980, damals noch als freie Mitarbeiterin im ORF in der Ö3-Serviceredaktion und anschließend als Musik- und Sendungsgestalterin (Ö1, Ö3, ZickZack) sowie als Reporterin (Feature-Redaktion) tätig, übernahm Monika Eigensperger im Jahr 1996, und damit nur ein Jahr nach seiner Gründung, den Jugendkultursender FM4. Unter ihrer Leitung avancierte FM4, das heuer seinen 20sten Geburtstag feiert, zum Kultprogramm mit Musik abseits des Mainstream. medianet bat Eigens-perger zum Geburtstagsinterview.

medianet: Zu Beginn. Was war das Konzept hinter FM4?
Monika Eigensperger, FM4 GF: Der Auftrag lautete, ein anspruchsvolles und informatives Kulturprogramm zu entwickeln und dadurch ein Angebot für ein junges, anspruchsvolles Publikum anzubieten.

medianet:
Damals, bei der Gründung von FM4, ging es ja nicht nur darum, den Sender innerhalb des ORF zu positionieren, sondern auch stark nach außen gegenüber der aufkommenden privaten Konkurrenz.
Eigensperger: Wir hatten damals die einmalige und wunderbare Gelegenheit, einen Sender komplett neu zu gründen, der nicht nur gute Musik spielen konnte, sondern auch Inhalte transportieren durfte, die uns wichtig und wesentlich erschienen sind. FM4 sollte ein öffentlich-rechtliches Programm mit einem Mehrwert bieten und dadurch besonders jüngere Personen erreichen.

medianet:
Gibt und gab auch Quotenvorgaben oder Marktanteilsvorgaben?
Eigensperger: Wir sollten natürlich schon Publikum erreichen. Der Auftrag war, die Reichweite und den Marktanteil zu verdoppeln. Das ist uns gelungen. Mit dem Programmangebot, dass wir bieten, ist auch ungefähr das Potenzial, welches es in Österreich gibt, abgedeckt. Die Vermehrbarkeit würde nur auf Kosten von bestimmten identitätsstiftenden Dingen, die FM4 ausmachen, gehen. Würden wir daran etwas ändern, wäre FM4 nicht mehr dasselbe.

medianet:
Könnten Sie beschreiben, was vom ‚alten' FM4 heute noch da ist und was sich seitdem verändert hat?
Eigensperger: Es hat sich alles und nichts verändert. Wenn eine Sendung exakt so klingen würde, wie vor 20 Jahren, dann würde sie zuallererst einmal anachronistisch auffallen. Das heißt, selbst Sendungen, die es schon lange gibt, wie ‚Im Sumpf' zum Beispiel, haben sich im Laufe der Zeit an das Hörverhalten der Menschen angepasst.
medianet: Wie hat sich dieses Hörverhalten denn geändert?
Eigensperger: Die Zeiten, in denen die Menschen 24 Stunden vor dem Radio gesessen sind, sind längst vorbei. Das junge Publikum ist offen, interessiert und gut ausgebildet. Zudem ist eine neue Hörergeneration multimedial aufgewachsen, was auch neue Herausforderungen mit sich bringt. Es ist wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind, und das bedeutet heutzutage die intensive Auseinandersetzung mit den Sozialen Medien. Wer in diesen Dingen zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Gerade in diesem Bereich haben wir unserer Community sehr viel zu verdanken. Ohne sie würde es weder eine FM4-App noch einen FM4-Stream geben, denn wie Sie wissen, wurden uns hier legistisch viele Knüppel zwischen die Beine geworfen. Aber hier ist unsere Hörergemeinde eingesprungen, und dann gab es eben einen Live-stream des Senders, von dem wir bis heute nicht wissen, wer ihn damals betrieben hat ...


medianet:
Umgekehrt hat sich FM4 aber auch stark für die heimische Musik-Community eingesetzt. Der Sender ist bekannt dafür, dass er österreichischen Bands eine Plattform geboten hat. Hat sich FM4 als eine Art gallisches Dorf zwischen den anderen Sendern gefühlt?
Eigensperger: Jeder, der mich schon länger kennt, weiß, dass mein Einsatz für österreichische Musik immer schon da war, auch in meiner Zeit vor FM4, noch bei Ö3, und es ist sehr erfreulich, zu sehen, dass dieser Versuch der Vermittlung langsam fruchtet. Vor allem in Deutschland sind neben Zeitungen auch private Plattenlabel an österreichischen Künstlern höchst interessiert. Wenn wir finden, dass etwas Qualität hat und Unterstützung verdient, dann setzen wir uns auch dafür ein.
medianet: Lassen Sie uns zu ein paar unangenehmen Dingen kommen. Seit dem Sparzwang vom ORF gibt es einige Beschränkungen. Wie sind für Sie die Budgetvorgaben?
Eigensperger: Ja, es gab Budgetkürzungen, und ich habe meine Ansichten diesbezüglich auch gebührend und langanhaltend kund- getan. Trotzdem muss ich sagen, dass diese Maßnahmen fair abgelaufen sind.

medianet:
Ein für manche eher unerfreuliches Thema ist der anstehende Umzug in den neuen, dann gemeinsamen Standort am Küniglberg. Wie wird sich das auf den Sender auswirken, und wie ist Ihre generelle Position dazu?
Eigensperger: Prinzipiell ist es so, dass ein gutes Team überall gut arbeiten kann. FM4 hat teilweise unter räumlichen Voraussetzungen gesendet, in denen es wirklich ein Wunder ist, dass wir nicht alle depressiv geworden sind. Meine Musikredaktion ist etwa sicher länger als zwei Jahre in einem fensterlosen Raum im Finsteren gesessen. Trotzdem habe ich im Funkhaus die herrlichste Zeit meines Lebens verbracht, und welcher Mensch ist nicht sentimental, wenn es um die Wurzeln geht?

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