"Wir brauchen faire Lösungen"
APA / Roland Schlager
Gernot Blümel, Wiener ÖVP-Obmann und Mediensprecher der Volkspartei.
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.09.2017

"Wir brauchen faire Lösungen"

Geplante Podiumsdiskussion "Stiefkinder Werbung & Kreativwirtschaft" im Forum Mozartplatz. ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel über seinen persönlichen Zugang zu Werbung.

WIEN. Birgit Kraft-Kinz lud am heutigen Mittwoch um 8:30 Uhr ins Forum Mozartplatz zur Diskussion zwischen Medienminister Thomas Drozda und ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel. Es sollte über das Thema „Stiefkinder Werbung und Wirtschaft“ diskutiert werden. Zahlreiche Journalisten waren anwesend, doch Drozda sagte im letzten Moment ab. Also wurde daraus ein Interview, das Eva Weissenberger mit Gernot Blümel führte.

Wie ist Blümels persönlicher Zugang zu Werbung? Er ist ein Print-Fan. Da schätzt er Werbung, im digitalen Bereich empfindet er sie als störend. Sein liebster TV-Spot war vor ein paar Jahren der CDU-Spot „Die falsche Wahl“: Eine Frau verlässt ihren Mann, weil sie bei ihm zufällig ein Beitrittsformular zur SPD findet.

Öffentliche Medienfinanzierung ist für Blümel grundsätzlich okay, um einen Ausgleich zu deutschen Medien zu schaffen, die nach Österreich ausstrahlen. Früher sei der öffentlich-rechtliche Auftrag so definiert worden, dass man der Allgemeinheit Zugang zur Information verschaffen solle; heute müsse präzisiert werden, dass diese Information auch "hochwertig" sein muss. Dafür sei Reichweite wichtig - um möglichst viele Personen zu erreichen, nicht zuletzt um Fake News, etc. wieder richtigzustellen. Dementsprechend sei seiner Meinung nach eine Zerschlagung des ORF nicht der richtige Weg. Weissenberger wollte von Blümel auch wissen, warum die ÖVP kontinuierlich eine Kampagne gegen den ORF fährt; Blümel bestritt dies jedoch. Zur Beziehung von Tarek Leitner zu Christian Kern meinte Blümel, es müsse legitim sein, hinterfragen zu dürfen, in welcher Beziehung Interviewer und interviewte Person stünden.
 
"Faire Lösung gegenüber den Privaten"
Blümel ist grundsätzlich für die Änderung des ORF-Gesetzes. Es solle eine faire Lösung gegenüber den privaten Anbietern geben. Die künftigen Mitbewerber des ORF seien jedoch jene im digitalen Bereich und keine österreichischen Player, sondern Google, Facebook usw. Heute sei das Problem der Online-TKPs, dass sie in den Keller fielen und online nur schwer Geld verdient werden kann. Blümel vermutet, dass sich die Reichweite des ORF für die Privaten nutzen lässt, wenn etwa ein österreichischer Vermarktungsring unter Beteiligung des ORF zustandekommt. Diese Idee sei aber noch nicht fertig entwickelt. Jedenfalls sieht er darin kein wettbewerbsrechtliches Problem, weil es bei der Vermarktung dann nicht nur um Österreich, sondern um den gesamten deutschsprachigem Raum ginge.  Und eine Gebührenerhöhung? Blümel ist gegen eine Erhöhung der GIS-Gebühren, da der ORF genug Budget habe, es allerdings besser einsetzen solle.
 
Fokus auf Leistungsschutzrecht
Leistungsschutzrechte sind Blümel ein besonderes Anliegen: Was analog gut wichtig und richtig ist, solle es auch digital sein. Leistungsschutzrechte sollten auf europäischer Ebene geschützt werden; dazu merkt Weissenberer an, dass bisherige nationale Initiativen etwas aus Deutschland oder Spanien noch keinen ausreichenden Einfluss auf die europäische Gesetzgebung ausüben konnten. Die Abschaffung der Werbeabgabe will Blümel nicht versprechen; ihm ist aber die Gleichbehandlung von Print und Online wichtig. Wie eine steuerliche Gleichstellung zwischen Print und Online aussehen kann, ohne eine zusätzliche Belastung für Werbetreibende zu schaffen und ohne sinnlosen Administrationsaufwand zu verursachen, das blieb offen. Weissenberger bezweifelte, ob Online-Konzerne tatsächlich jemals solche Steuern zahlen würden.

Birgit Kraft-Kinz nutzte nochmals die Gelegenheit, im Namen des Wirtschaftsbunds die Abschaffung der Werbeabgabe zu verlangen, da sie "veraltet" und ein "Wirtschaftshemmnis" sei. Abschließend wollte Weissenberger von Blümel wissen, ob die eine Milliarde Euro an öffentlichen Mitteln für Medien seiner Meinung nach zu viel, zu wenig oder richtig dotiert sei - auch diese Frage blieb unbeantwortet. Als Stadtpolitiker in Wien jedenfalls möchte Blümel zunächst einzelne seiner Meinung nach exzessive Ausgaben ändern; er führte an, dass in Wien zehn Mal mehr für Werbung ausgegeben wird als in anderen Bundesländern. Allerdings gebe auch die österreichische Bundesregierung (gemessen an Ausgaben pro Einwohner) über elf Mal mehr aus als die deutsche Regierung, so Weissenberger. (oj)

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