„Wir wollen gleiche ­Spielregeln für alle”
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MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 28.10.2016

„Wir wollen gleiche ­Spielregeln für alle”

Markus Breiteneckers flammender Appell, Face­book & Co rechtlich endlich als „Medien” zu behandeln.

••• Von Dinko Fejzuli

Auf Einladung von AmCham Austria-Präsident und Hilton Country General Manager Austria Norbert B. Lessing sprach am vergangenen Freitag ProSiebenSat.1 Puls 4-Geschäftsführer Markus ­Breitenecker beim Business Breakfast der U.S.-Handelskammer im Hilton Vienna Plaza. Unter dem Titel „Europe vs. Facebook – die digitale Transformation für europäische Medien am Beispiel Österreich” ging der Medienmanager auf die aktuelle Debatte über die Stellung amerikanischer Großkonzerne im Wettbewerb mit europäischen Medienunternehmen ein.

Sein Fazit fiel eher düster aus. Die Lage sei „bedrohlich”, so Breitenecker, dabei verlange man nichts anderes, als gleiche Regeln für all jene einzuführen, die sich am selben Spielfeld bewegen: „Die Lage ist bedrohlich, da mit den ‚Big Four' ­YouTube, Amazon, Netflix und Facebook einige ganz wenige Unternehmen die Geschäftsmodelle aller anderen disrupten.”

„Wir wollen …

Das wirkliche Match spiele sich am Printsektor ab, denn während hier die Umsätze sinken würden, mache Google allein mehr Umsatz als alle Zeitungen zusammen, so Breitenecker. Auf der anderen Seite hacke Facebook als supranationales Unternehmen ohne jegliche Regu­lierung nicht nur die Medien, sondern gleichzeitig auch die Demokratie: „Facebook verdient mit Hasspostings und den dadurch steigenden Reichweiten Geld; dabei wäre eine Lösung dieses Problems so einfach. Die Sozialen Medien müssen als das bezeichnet werden, was sie sind: Medien – und dann als solche auch den gleichen Regeln unterworfen wie alle anderen Medien auch.”

„Facebook ist keine technische Plattform, wo jeder seine Meinung bis ins Strafrecht hinein äußern kann”, so Breitenecker, ohne dass Facebook etwas dagegen unternehmen könne. Das Argument, dass man Millionen von Postings nicht kontrollieren könne, sei „lächerlich”. Spätestens wenn ein nackter Frauenbusen auftauche, könne man quasi live mitverfolgen, wie Facebook sehr wohl in der Lage sei, Inhalte zu kontrollieren und zu löschen.
„Damit nimmt Facebook Einfluss auf die Inhalte, wie andere Medien auch”, so Breitenecker.„Facebook lässt sich Inhalte, Bilder, Videos und anderen Content schenken und gibt der Community dafür Feedback in Form von Kommentaren, Shares und Likes. Der einzige Unterschied zu anderen Medien ist, dass ­Facebook keine Journalisten anstellt, wir dafür aber auch von uns gestohlene Inhalte auf deren Plattform finden.”
Zudem verkaufe Facebook – ebenfalls wie alle anderen Medien auch – Werbung und mache damit einen Umsatz von 60 Mrd. €. Dies sei übrigens ein weiteres Argument dafür, dass der Konzern eben keine fremdbespielte Plattform sei, die keinen Einfluss auf die Inhalte nehmen könne, sondern sehr wohl ein Medium, welches sich endlich den gleichen Regeln wie alle anderen unterwerfen müsse, so Breitenecker weiter. „Wenn wir es schaffen, die Politik zu überzeugen, dass Facebook ein Medium ist, hätten wir viele anderen Probleme automatisch nicht mehr.”
So wären Hasspostings nicht mehr möglich, das Problem der Urheberrechte wäre ebenfalls klar geregelt und gelöst, ebenso wie das Problem des Datenschutzes als auch jenes der Steuer­n und die Frage, wo Facebook diese Steuern zu entrichten habe.
„Während heimische Medien eines nach dem anderen eingestellt werden, verzeichnet Facebook dreistellige Zuwächse in Österreich, ohne dabei hier Steuern zu zahlen, Mitarbeiter anzustellen oder eine Werbeabgabe zu leisten. Es ist daher höchste Zeit, dass sie zumindest ihre hier erwirtschafteten Umsätze auch ins heimische Wirtschaftsleben zu integrieren. Unsere Forderung ist mild. Wir wollen, dass sie rechtlich gleich behandelt werden, wie wir lokale Medien”, so der SevenOne-Boss.
Doch selbst mit dieser Minimalforderung, die aber „sehr wichtig” sei, komme man derzeit bei der Politik nicht durch, da Facebook, Google & Co mit ihrer Lobbying-Übermacht in Brüssel für die eigenen Interessen Stimmung machen würden – es sei eine ­„personelle Armada”, gegen die man nicht ankomme, so ­Breitenecker.

… Facebook regulieren”

Was Breitenecker vor allem ­ärgert, ist das Argument von Facebook & Co, jegliche Regulierung wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dies sei nicht richtig und leicht zu durchschauen, denn „niemand will die Meinungsfreiheit einschränken, wir wollen Facebook regulieren”, so Breitenecker. Face­book setze sich aber derzeit argumentativ noch mit dem Internet gleich und komme mit diesem Trick auch bei der Politik derzeit noch durch.

Trotzdem sieht Breitenecker zumindest eine gewisse Chance, mit den eigenen Forderungen durchzukommen, aber nur dann, „wenn wir die Chance in Europa haben, selbst gute digitale Projekte zu entwickeln, um sie den US-amerikanischen entgegenzustellen”. Dazu benötige es aber auch staatliche Hilfe, vor allem bei der Forschung und Entwicklung. „Derzeit fließt sehr viel Geld ins Mediensystem, vor allem in ­Öffentlich-rechtliche, die diese Mittel sinnlos für Sport-Serien- oder Filmrechte verschwenden, die der Zuseher auch auf anderen Sendern konsumieren kann. Dieses Geld sollte aber in gute, digitale Gegenprojekte zum ­Silicon Valley gesteckt werden”, so Breitenecker abschließend.

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