Bürokratieabbau-Paket soll Unternehmerfrust senken
APA Hans Klaus Techt
Christoph Leitl & Helmut Mitterlehner
PRIMENEWS Redaktion 25.01.2016

Bürokratieabbau-Paket soll Unternehmerfrust senken

Fünf-Punkte-Entlastungspaket für Unternehmen: Gründungen vereinfachen, existenzbedrohende Mehrfachbestrafungen beenden und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen

Wien. Ein neues Bürokratie-Entlastungspaket soll bis März fertig und vor dem Sommer im Parlament sein. Es soll den Frust von Unternehmern mildern und Millionen einsparen, hoffen Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer. Auch mit Österreichs unbedankten Fleißaufgaben bei der Umsetzung von EU-Vorgaben ("Golden Plating") soll Schluss sein. Ebenso mit Mehrfachstrafen für das selbe Verwaltungsdelikt.
Die Bürokratie wird von den Unternehmen als lähmend, frustrierend und bedrohend empfunden, gab Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl am Montag zu bedenken. In Zeiten wie diesen, wo Aufträge und Kunden weniger wurden, werde der Bürokratieaufwand noch stärker spürbar, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. In der Wirtschaft komme es stark auf die Stimmung an. Die brauche jetzt einen Ruck nach vorn. Für einen Stimmungswandel werde es aber noch nicht reichen, wurde eingeräumt. Mitterlehner und Leitl sprachen von einer "Oase", nicht von der Beseitigung der Wüste. Ein nächster Schwerpunkt im Jahr 2017 wird die Vereinfachung der Lohnverrechnung sein, wurde am Montag angekündigt.

IV: "Es braucht noch mehr"

Die Industriellenvereinigung nannte den Abbau von Überregulierung heute ein Gebot der Stunde. Die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Strafen im Verwaltungsstrafrecht, Optimierung der Verfahrensdauer bei UVP-Verfahren, schnellere und einfachere Betriebsanlagengenehmigungen durch One-Stop-Shops und einheitliche Regelungen in Bauangelegenheiten seien jedenfalls positiv zu bewerten, es brauche aber noch mehr, so die IV. Auf der Agenda halten will die Industrie moderne Arbeitszeitregelungen.

Die geplanten Maßnahmen im Detail:

1. Mehrfachbestrafungen beenden:
"Eine zentrale Maßnahme ist die weitgehende Abschaffung des Kumulationsprinzips im Verwaltungsstrafrecht gemäß dem Motto 'Ein Vergehen, eine Strafe'", betont Mitterlehner. Künftig soll bei geringem Verschulden oder keiner bewussten Schädigungsabsicht nur eine geringere Gesamtstrafe verhängt werden können. Grund: Aufgrund von Mehrfach- bzw. Nebeneinanderbestrafungen für ein- und dasselbe Delikt können Strafen derzeit selbst bei Bagatellverstößen sehr hoch ausfallen. Das ist gerade für KMU eine schwere Belastung. „Mit dem vorliegenden Paket wird ein Meilenstein im Kampf gegen die Bürokratie gesetzt“, so Leitl. Der Wegfall der Mehrfachbestrafung aus gleichartigem Anlass sei wegweisend, denn unternehmerische Tätigkeit werde damit nicht mehr von existenzbedrohenden Strafen bedroht. Der WKÖ-Präsident verwies auf das Beispiel eines steirischen Unternehmens, das wegen einer Schadenssumme von 153 € zu 11.000 € Strafe verdonnert wurde.

2. Einfacher und günstiger gründen
In Zukunft sollen die Schranken für Interdisziplinäre Gesellschaften zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden beseitigt werden, damit fachübergreifende Gründungen möglich sind. "Das schafft Flexibilität für Unternehmen und Service für Bürger aus einer Hand", so Mitterlehner. Zum Beispiel können ein Wirtschaftstreuhänder und ein Rechtanwalt oder Ziviltechniker gemeinsam mit einem Baumeister eine interdisziplinäre Gesellschaft gründen und als ein Unternehmen ihre Beratungsleistung zur Verfügung stellen. Darüber hinaus soll die Handysignatur generell, insbesondere bei einfachen Gründungen ein gleichwertiger Ersatz für die notarielle Beglaubigung werden. Standardgründungen wären mit Mustersatzung ohne das Erfordernis eines Notariatsaktes möglich.

3. Genehmigungsverfahren beschleunigen
Als weiterer Punkt sollen die Betriebsanlagenverfahren deutlich beschleunigt werden. Derzeit muss sich ein Betrieb für die Genehmigung seiner Betriebsanlage separat an die Bau-, Wasser-, Naturschutz-, und Gewerbebehörden wenden, wenn sich das aus seinem Geschäftsbereich ergibt. In Zukunft soll die Bezirkshauptmannschaft als One-Stop-Shop agieren - nach dem Motto: Eine Anlaufstelle, ein Bescheid. Begleitend sollen die bisher notwendigen Einreichunterlagen reduziert werden - insbesondere jene, auf die eine Behörde ohnehin selbständig zugreifen kann, wie Meldebestätigungen und Grundbuchauszüge. Zudem soll das Verfahren durch die Wahlfreiheit bei Sachverständigen beschleunigt werden, wenn Amtssachverständige nicht sofort ausreichend zur Verfügung stehen. Durch dieses Beschleunigungspaket und weitere Maßnahmen soll die durchschnittliche Genehmigungsdauer von 90 auf 40 Tage sinken.

4. Informations- und Meldepflichten reduzieren
Künftig sollen Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet sein, Gesetze und Verordnungen zum Arbeitnehmerschutz extra aufzulegen oder elektronisch bereitzustellen. Zudem soll in Verwaltungsverfahren der Meldezettel entfallen. Als weitere Maßnahme sollen die Veröffentlichungspflichten für bestimmte industrielle Anlagen (IPPC-Anlagen, z.B. Zement, Stahl, Nahrungsmittel, Getränke) reduziert werden. Derzeit muss jede wesentliche Änderung einer solchen Anlage in drei verschiedenen Medien veröffentlicht werden.

5. "Golden Plating" vermeiden -Keine überschießende Erfüllung von EU-Vorgaben
Das so genannte "Golden-Plating" bei der nationalen Umsetzung von EU-Regelungen führt zu unfairen Zusatzbelastungen für Unternehmen und muss daher wo möglich reduziert und in Zukunft vermieden werden. (APA/red)

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