Crowdmanagement durch Cerberus
PRIMENEWS 11.12.2015

Crowdmanagement durch Cerberus

Eine Fortsetzung des Aktionsplans zur Bewältigung der Flüchtlingskrise – und ein Ausflug in die griechische Mythologie in italienischer Übersetzung.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider


LÜCKENHAFT. Der Grenzübergang im steirischen Spielfeld soll laut Innenministerium bis Jahresende für den Flüchtlingsstrom umgebaut sein. Das „Grenzmanagementsystem” vulgo „Flüchtlingsleitsystem”, ein Türl mit jeweils ca. zwei Kilometer langen Seitenteilen, ist in Arbeit. Angelehnt an moderne „Crowdmanagement-Systeme”, wird es die Abfertigung von etwa 11.000 Personen pro Tag ermöglichen.

Der Win-win-Faktor dabei: Man verschreckt sowohl die Xenophoben mit angedrohten 80.000 Grenzübertritten pro Woche als auch die Vertreter der Willkommenskultur (ein „Zaun!”). ­Allerdings hat man, das ist das Schöne an diesem Land, auch hierbei einen feinen österreichischen Kompromiss gefunden: Im Leitsystem klafft nämlich und bereits bekanntermaßen ein acht Meter breites Loch; dort gab es Differenzen mit dem Grundbesitzer. Und das ist jetzt quasi der Reblaus-Aspekt an der Geschichte („Und jetzt, Raab – jetzt noch d’Reblaus, dann sans waach!”): Denn daran kann man ablesen, dass die Alpenrepublik – in letzter Zeit durch Conchita, Ampelmännchen und Zivilgesellschaft im Sympathieranking liberaler Kreise jäh aufgestiegen – das alles ja doch nicht so todernst nimmt. Die „Ost-West-Drehscheibe”, der „Brückenbauer”, das alles darf so stehen bleiben. Eine ... Balustrade gibts halt jetzt, ein postmodernistisches Ziergitter, das uns davor schützt, nach dem steilen Aufstieg wieder abzustürzen.

Ein Hund namens Hedgefonds

Und weil wir zuletzt auch in diesem Medium lesen durften, dass nicht nur Bad News Good News sind, sondern auch Good News durchaus Nachrichtenwert haben – sofern man den neuen Leitsätzen des lösungsorientierten konstruktiven Journalismus Glauben schenkt –, widmen wir auch diesem Thema entsprechend Platz: Die Bank Austria nämlich darf, wenn schon sonst eventuell gar nichts, zumindest ihren Namen behalten. Das versicherte UniCredit-Chef Frederico Ghizzoni: „Der Namen Bank Austria hat einen ausgezeichneten Ruf, er wird nicht in UniCredit umgeändert werden”, sagte der italienische Manager dem Standard.

Das ist fein. Die Bawag PSK, der man Interesse am Privatkundengeschäft der Bank Austria nachsagt, steht im Mehrheitseigentum eines US-Fonds namens Cerberus Capital Management. Und eine „Cerberus Austria” beispielsweise ist assoziativ betrachtet nicht das Gelbe vom Ei beim traditionellen Retailbanking.
Obwohl … so ganz stimmt das auch nicht. Cerberus ist, wie die Fans der griechischen Götter- und Heldensagen wissen, der mehrköpfige Höllenhund, der den Eingang zur Unterwelt bewacht, „damit kein Toter herauskommt und auch kein Lebender eindringt”. Im Lichte der derzeitigen Entwicklungen am Bankensektor – besser: der Digitalisierungsoffensive in Form innovativer Online-Banking-Strategien zur Abwehr von Filial-Kunden – wäre Cerberus eigentlich der Markenname schlechthin.
Ein Nachtrag: Der Markt hat bisher übrigens negativ auf den vor einem Monat präsentierten Geschäftsplan der UniCredit 2014–2018 reagiert, der Aktienkurs hat seitdem um über zehn Prozent nachgegeben. „Ich bin über eine entsprechende Reaktion nicht überrascht”, sagte Ghizzoni. Dem ist wenig hinzuzufügen.

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