EU-Datenschutz: Die Reform polarisiert
APA AFP Dieter Nagl
Max Schrems
PRIMENEWS Redaktion 16.12.2015

EU-Datenschutz: Die Reform polarisiert

Ostermayer-Sprecher: Begrüßen grundsätzlich Einigung. Datenschutzbehörde: Es braucht auch weiterhin österreichisches Datenschutzgesetz. Experte: Reform bringt Rechtsunsicherheit für Firmen.

Wien. Die österreichische Regierung begrüßt grundsätzlich die Einigung auf eine EU-Datenschutzreform. Mit einer konkreten Stellungnahme wolle man noch warten, bis man den umfangreichen Vorschlag geprüft habe, sagte der Sprecher des für Datenschutz zuständigen Kanzleramtsministers Josef Ostermayer (SPÖ), Nedeljko Bilalic, am Mittwoch.
Vertreter der 28 EU-Staaten, des Europaparlaments und der Kommission verständigten sich am Dienstagabend auf ein neues Datenschutzpaket. Ziel der ab 2018 geltenden Maßnahmen ist es, den Schutz der Daten von Konsumenten in der EU zu verbessern. Festgeschrieben wird etwa das mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeführte "Recht auf Vergessen" von Internetnutzern, sowie die Möglichkeit der Mitnahme von Kundendaten zwischen Anbietern. Konzernen etwa in der IT-Branche, die gegen die neuen Vorschriften verstoßen, drohen künftig millionenschwere Strafen.

Die EU-Verordnung muss noch in österreichisches Recht umgesetzt werden. Dafür brauche es auch weiterhin ein österreichisches Datenschutz-Gesetz, sagte die Leiterin der unabhängigen Datenschutzbehörde, Andrea Jelinek. Auch werde die Zusammenarbeit zwischen ihrer und den 27 anderen Behörden in der EU gestärkt.

"Max Schrems hätte sich in Österreich beschweren können"

Für Betroffene wird es dank der neuen EU-Regeln künftig leichter, zu ihrem Recht zu kommen, sagte Jelinek. Künftig sei etwa die nationale Datenschutzbehörde des Konsumenten die erste Anlaufstelle für Beschwerden, statt wie bisher die des EU-Sitz der Firma. Das mache auch juristisches Vorgehen leichter. "Max Schrems hätte sich nicht nach Irland wenden müssen - er hätte sich auch in Österreich beschweren können", sagte Jelinek in Anspielung auf die juristischen Anstrengungen des Datenschützers Schrems gegen den Facebook. Der US-Konzern hat seinen EU-Sitz in Irland. Künftig werde also die Datenschutzbehörde in Österreich gemeinsam mit der irischen vorgehen. Geschaffen wird erstmals auch ein EU-Datenschutzrat ("Data Protection Board"), in dem die 28 nationalen Datenschutzbehörden vertreten sind. Dieser Rat könne künftig verbindliche Entscheidungen über die Auslegung der neuen EU-Regeln treffen und Unklarheiten aus der Welt, sagte Jelinek.

Kritische Stimmen: Gefährdung auch der heimischen Unternehmen

Die Reform bringe für Unternehmen Rechtsunsicherheit - zu dieser Einschätzung kommt wiederum der Datenschutzexperte Lukas Feiler von der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie. Die Verordnung werde zu einer Rechtszersplitterung führen, da jedes Land diese anders umsetzen werde, befürchtet Feiler. Dazu komme, dass es nur eine lokale Rechtsdurchsetzung durch nationale Behörden geben soll. Das werde ebenfalls zu großen Unterschieden von Land zu Land führen, schrieb Feiler in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme.

Der Rechtsanwalt Rainer Knyrim geht zudem davon aus, dass Unternehmen hohe Strafen drohen. "Das betrifft ja nicht nur den Onlinebereich und die ganz großen Internetkonzerne wie Facebook, sondern diese Strafen treffen jedes österreichische Unternehmen", sagte Knyrim im Mittagsjournal des ORF-Radio Ö1. Der Strafrahmen beträgt laut Knyrim bis zu 20 Mio. € oder vier Prozent vom Umsatz, "je nachdem was höher ist". Auch kleinere Betriebe oder "die Pizzeria ums Eck" seien betroffen. "Es ist kaum ein Unternehmen mehr zu betreiben, das nicht mit Daten arbeitet", so Knyrim.

Ursula Illibauer von der Wirtschaftskammer sieht neben den hohen Strafen die zusätzlichen Pflichten kritisch. Als positiv beurteilt sie hingegen schnelle Einigung und erhoffte Harmonisierung in den Regelungen. Unterm Strich gebe sowohl Licht als auch Schatten, so Illibauer in einer ersten Einschätzung gegenüber der APA.
Knyrims vorläufiges Urteil: "Es ist ein großer Wurf für den Konsumentenschutz. Der Wurf ist aber eine Keule, die jetzt die Unternehmen trifft." (APA/red)

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