The Survival of the Deafest
PRIMENEWS sabine bretschneider 12.06.2015

The Survival of the Deafest


Neue Methoden der Marktforschung basieren auf der unbewussten affektiven Verarbeitung eines Reizes – und der nachfolgenden Kaufentscheidung.

Knalleffekte „Wiener Wissenschafter überraschen Hirnforscher”, schreibt uns die Webster Vienna Private University. Denn: „Menschliche Vorlieben lassen sich objektiv messen.” Wie? Mittels Einschätzung der Heftigkeit des durch Schreckreaktionen ausgelösten unbewussten Augenblinzelns. Klingt kompliziert, ist es auch – um die „Sendung mit der Maus” zu zitieren.

Jedenfalls stellten die Forscher dieses Konzept jetzt bei der internationalen Tagung „Gmunden Retreat on NeuroIS (für: Informationssysteme, Anm.) 2015” vor. Das Augenblinzeln nämlich, so steht da, ließe sich als „reflexartige Reaktion auf kurze laute akustische Reize” hervorragend in den Neurowissenschaften einsetzen, „wenn es darum geht, die affektive Verarbeitung, also die Einordnung eines Reizes als angenehm oder unangenehm, zu erfassen”. Im Falle einer positiven Einstellung – etwa, wenn man mit dem lauten Plopp eines Champagnerkorkens konfrontiert ist (und man kein grundsätzliches oder religiöses Problem mit Alkohol hat) –, fällt das Schreckblinzeln weniger heftig aus als im Falle eines Knalls beim Waldspaziergang in der Jagdsaison. Dies nur als willkürlich gewähltes Beispiel.
Und wofür das Ganze? Dies sei nicht nur für Wissenschafter von Interesse, „sondern auch für Meinungsforscher, Marketingmanager u.v.m.”, denn so ließen sich Rückschlüsse auf Vorlieben und Präferenzen ziehen. Tja, zugegebenmaßen liest sich das in dieser verkürzten Form jetzt doch irgendwie banal, darum hier der Hinweis auf die vollständige Arbeit: „Walla, P., Koller, M.: Emotion is not what you think it is: Startle Reflex Modulation as a measure of affective processing in NeuroIs.”
Aber lassen Sie uns den Gedanken weiterspinnen: Falls das Marketing sich also mit der Einstellung des Konsumenten zu einer, sagen wir, Produkt-innovation auseinandersetzt – einem neuen Near Water-Getränk mit Gummibärgeschmack beispielsweise –, könnte es sich als zielführend erweisen, vor der Geschmacksprobe und hinter dem Probanden eine Starterpistole abzufeuern, um das Flaschendesign auf Gefälligkeit abzutesten. Und sobald Krethi und Plethi sich eine Datenbrille zugelegt haben, um die Hände für Second und Third Screens freizuhaben, ist Blinzelmessung ein Kinderspiel. Kurz: Aus einer Innovation in der Emotionsmessung könnte sich eine Revolution in der Marktforschung entwickeln. Dieses Thema hatte sich, nachdem die heutige Ausgabe die Nr. 1984 trägt, einfach aufgedrängt …

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