Bauboom bleibt bei Dachgeschoßen aus
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Jörg Ulreich - Nachverdichtung und Erhöhung der Bauaktivität hat die Bauordnung noch nicht gebracht.
FINANCENET REAL:ESTATE 04.09.2015

Bauboom bleibt bei Dachgeschoßen aus

Für viele Bauträger gehen die Maßnahmen nicht weit genug: Verfahren dauern immer noch zu lange, Baukosten sind weiterhin hoch.

••• Von Erika Hofbauer

WIEN. Die neue Wiener Bauordnung (BauO) ist seit gut einem Jahr in Kraft. Die Anwender – Bauträger und Architekten – sind (noch) nicht so glücklich damit. „Da die Bauordnungsnovelle leider nur ein kleiner Kompromiss zwischen Rot und Grün und letztendlich nur Wähler-verträgliche Kosmetik war, war mit großen Veränderungen nicht zu rechnen”, kritisiert Bauträger und Sachverständiger Conrad Bauer, Geschäftsführer der Baucon Immobilien GmbH, die neuen Regelungen. Logischerweise seien die städtebaulichen Intentionen der neuen Flächenwidmung für förderbaren Wohnbau noch nicht sichtbar, weil Umwidmungsverfahren einige Jahre dauern (können): „Meinem Empfinden nach hat sich durch die Novelle nichts positiv geändert,die Baukosten sind nicht günstiger, nur weil man den Grundbuchauszug um vier Euro nicht mehr bei der Einreichung abgeben muss.”

Politik der kleinen Schritte

Bauträger Hans Jörg Ulreich trägts mit Fassung: „Das Beste daran war, dass sich die Stadt getraut hat, längst fällige Veränderungen zumindest in kleinen Schritten anzugehen. Das Negative: Dabei ist es leider geblieben. Jetzt – vor allem durch die anstehende Wahl – tut sich wieder gar nichts mehr.”

Ist es wenigstens zu einem angestrebten Bauboom bei Dachgeschoßausbauten gekommen? Bauer: „Dieser hat nicht eingesetzt, weil die neue Regelung, dass ein auf 45-Grad angesteiltes Dach nicht mehr als Zubau gilt, nur in der Widmung ‚G', also ‚gärtnerische Ausgestaltung', schlagend wird.” Es betrifft also gerade einmal Hofgebäude, bei denen die aktuelle Flächenwidmung einen Neubau verhindert. Bauer: „Meist sind aber diese Hofgebäude nur ein- oder zweigeschoßig und mit weniger als 100 m2 Grundfläche unwirtschaftlich und somit für einen Dachausbau uninteressant. Eine wirkliche Veränderung wäre, wenn man die 4,5 m First-über-Traufe-Beschränkung flächendeckend für Wien aufheben würde und den vor acht Jahren abgeschafften §75 (9) wiederbeleben würde.”

Aufzonen oder Ausnahmen

Demnach durfte, vereinfacht gesagt, höher gebaut werden, wenn die bestehenden Geschoße im Altbau mehr als 2,50 m Raumhöhe hatten. So wäre praktisch immer ein zweigeschoßiger und gut nutzbarer Dachausbau gewährleistet.

Ulreich ortet eine weitere Problematik: „Die meisten Häuser sind schon von der Flächenwidmung her ‚zu hoch' und damit nur eingeschränkt ausbaubar. Entweder muss man großflächig auf Bauklasse IV aufzonen oder großzügige Ausnahmen gewähren. Das macht aber keiner.” Es bedürfe tiefgreifenderer Maßnahmen, auch in der Flächenwidmung. Auch Ulreich erwartet angesichts des Wahljahres keine Anpassungen.

Was steht an?

Was erwarten sich die Experten von der Zukunft? „Es braucht mehr Umsetzungskraft in der Politik. Die Stellplatzpflicht kann man wirklich ganz abschaffen oder wenigstens in Altbauten und kleinvolumigen Neubauten.” Und auch die Not­kaminpflicht sollte nicht – als reines Zubrot für die Rauchfangkehrer – erhalten bleiben, fordert Ulreich.

Wichtiges Thema sind für Bauträger Bauer in Wien die Nachbarrechte: „Während in Niederösterreich nur die Anrainer zur Bauverhandlung geladen werden, die von dem Bauvorhaben tatsächlich beeinträchtigt werden können, sorgen in Wien sog. Punktnachbarn – die oft 50 m oder mehr entfernt wohnen und das Bauvorhaben nicht einmal wahrnehmen können – für Verzögerungen durch die zugestandenen Einspruchsrechte.”

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