Die aufblasbare Betonkuppel
© TU Wien
Visualisierung der Grünbrücke für die Koralmbahn.
FINANCENET REAL:ESTATE 04.12.2015

Die aufblasbare Betonkuppel

Bauingenieur Kromoser hat eine Betonkuppel-Baumethode entwickelt, die ganz ohne Holzverschalungen auskommt. ­Dafür bekam er am 2. Dezember den Fehrer-Preis der TU Wien.

••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Große Kuppelbauten aus Beton sind schwierig zu errichten; man braucht nämlich normalerweise ein aufwendiges Gerüst aus Holz, das den Beton hält, bis er vollständig ausgehärtet ist.

Benjamin Kromoser hat nun in seiner Dissertation bei Johann ­Kollegger (Inst. f. Tragkonstruktionen, TU Wien) eine Methode entwickelt, die ganz ohne Holzverschalung auskommt: Eine ebene Betonplatte wird mithilfe eines Luftkissens verformt, bis sie die gewünschte Krümmung erreicht hat.

Erst flach, dann gekrümmt

Wenn man eine Orangenschale einschneidet und flach auf dem Tisch ausbreitet, ergeben sich keilförmige Aussparungen zwischen den einzelnen Orangenschalen-Segmenten. So ähnlich kann man sich die Betonschale vorstellen, die zunächst auf dem Boden betoniert und dann zu einer gekrümmten Schale geformt wird.

„Zuerst berechnet man die Form der Platte, die ausbetoniert werden muss, mit den passenden keilförmigen Aussparungen”, erklärt Kromoser. „Aus ganz gewöhnlichem Beton stellen wir die Platte her und lassen sie völlig aushärten.” Danach kommt der entscheidende Trick: Ein Kunststoff-Pneu aus zwei miteinander verschweißten Folien wird unter der Betonplatte langsam aufgeblasen. Die einzelnen Betonsegmente werden mit Metallschienen geführt, damit sie sich alle gleichmäßig verformen.
Dieser Vorgang dauert einige Stunden – er läuft also in viel kürzerer Zeit ab, als man für die Errichtung einer Stützkonstruktion brauchen würde. In der Betonplatte bilden sich beim Verformen unzählige kleine Risse. Für die Stabilität der Schale sind diese Risse allerdings kein Problem; die Konstruktion hält am Ende genauso großen Belastungen stand wie eine herkömmlich hergestellte Betonschale.

Von Theorie zum Großversuch

„Zunächst waren theoretische Berechnungen nötig, um abzuschätzen, ob die Spannungsverteilung im Beton diese Art der Krümmung überhaupt zulässt”, erinnert sich Kromoser. „Dazu führten wir in unseren Labors auch verschiedene Biegeversuche durch.”

Der entscheidende Schritt war ein Großversuch auf den Aspanggründen in Wien; dort wurde mit der neuentwickelten Technik ein Kuppelgebäude errichtet – mit großem Erfolg. Mit einer komfortablen Raumhöhe von 2,90 m ließ sich die Kuppel als Veranstaltungshalle nutzen. Um zu beweisen, dass auch andere geometrische Formen auf diese Weise errichtet werden können, wurden später Teile der Kuppel entfernt, die Stabilität der Konstruktion wurde dadurch nicht beeinträchtigt. Anstatt einer vollständigen Kuppel könnte man mit dieser Technik auch eine Brücke oder eine Überdachung für Freiluftkonzerte herstellen. Nun soll an der Koralmbahn auf diese Weise eine Brücke mit einer Spannweite von mehr als 38 Meter entstehen.
Kromoser hofft, dass sich seine Betonkuppeltechnik in vielen Bereichen durchsetzt – bis etwa 50% der Baukosten, schätzt er, könnten durch die Luftpolstertechnik eingespart werden. Kromosers Lohn: Er wurde vom Rektorat der TU Wien mit dem Dr. Ernst Fehrer-Preis für besondere technische Forschungsleistungen mit praktischer Anwendbarkeit ausgezeichnet.

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