Die Strabag will die Drei-Prozent-Hürde überbauen
© Strabag/Vyhnalek
FINANCENET REAL:ESTATE Paul Christian Jezek 06.05.2016

Die Strabag will die Drei-Prozent-Hürde überbauen

Der börsenotierte Baukonzern soll ab heuer nachhaltig eine EBIT-Marge von drei Prozent erreichen – laut CEO Thomas Birtel (Bild) ist man „auf gutem Weg” dazu.

••• Von Paul Christian Jezek

Der Auftragsbestand hat sich reduziert – das ist aber auch praktisch die einzige negative Nachricht, wenn man das Gesamtjahresergebnis 2015 analysiert, das die Strabag Ende April vorgelegt hat. Zum Jahresende lag dieser nämlich bei 13,1 Mrd. € und damit um 9% unter jenem per 31.12.2014. Dies sei mehrheitlich auf die Abarbeitung von Großprojekten in Ungarn, Italien und der Slowakei sowie auf die widrigen wirtschaftlichen ­Rahmenbedingungen in der Region RANC (Russland und Nachbarstaaten) zurückzuführen, kommentiert der Vorstandsvorsitzende Thomas Birtel.

Die anderen Zahlen passen aber weitestgehend: Der Konzern erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 mit 14,3 Mrd. € eine gegenüber dem Vorjahr um 5% höhere Leistung, der konsolidierte Konzernumsatz betrug 13,1 Mrd. € und konnte damit ebenso um 5% gesteigert werden.
In Summe ergab sich ein um 13% höheres Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 816 Mio., die EBITDA-Marge stieg von 5,8 auf 6,2% an. Die Abschreibungen lagen bei 475 Mio., was einen Anstieg von 8,5% im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Das EBIT erhöhte sich nennenswert um 21% auf 341 Mio. € – dies entspricht einer EBIT-Marge von immerhin bereits 2,6 nach 2,3% im Jahr 2014. Gegenüber dem Vorjahr verbesserten sich die Ergebnisse u.a. in Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn, während allerdings ein Tunnelbauprojekt in Chile das Ergebnis erheblich belastete.

Lessons Learned

„Der Trend der letzten Jahre belegt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und unsere Maßnahmen Wirkung zeigen”, meint Birtel. „Das Baugeschäft ist ein risikoreiches Geschäft, weshalb dem Risikomanagement eine besondere Bedeutung bei der Verbesserung der Rentabilität zukommt. So analysiert die Organisationseinheit Risikomanagement die positiven und negativen Ergebnisursachen von Bauprojekten, leitet daraus Erkenntnisse ab und spiegelt die ‚Lessons learned' in den Konzern zurück.”

Außerdem arbeite man im Strabag-Konzern intensiv an der Digitalisierung des Bauprozesses, zusammengefasst unter dem Begriff Building Information Modelling oder BIM.5D. Birtel: „Diese digitalbasierte Arbeitsweise ermöglicht es, Bauwerke effizienter zu planen, zu bauen und zu betreiben.”

Jenseits der Grenzen

Gleich mehrere gut dotierte Straßenbauaufträge hat sich die Strabag zuletzt in Polen geholt: nach dem Los Wozniki–Pyrzowice der A1 auch den Auftrag für den Bau des Abschnitts zwischen Kreuz Zawodzie und Kreuz Wozniki. Die 16,7 km lange Strecke soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 für den Verkehr freigegeben werden, die Auftragssumme beläuft sich auf 108 Mio. €. Dieses Teilstück gehört zur ­Autobahn A1 von Danzig im Norden bis an die tschechische Grenze. Zusätzlich zur Betonfahrbahn errichtet die Strabag das Straßenkreuz Wozniki, Brücken sowie mehrere anliegende Kreis- und Gemeindestraßen.

In Bosnien Herzegowina hat man gemeinsam mit dem kroatischen Unternehmen Koncar vom Energieversorger JP Elektroprivreda BiH den Zuschlag für die Errichtung des Kraftwerks Vranduk am Fluss Bosna erhalten. Das 20 MW-Wasserkraftwerk für 57 Mio. € soll innerhalb von 46 Monaten entstehen, die Strabag führt das Konsortium mit einem Anteil von 63,4%. Der Auftrag umfasst die Planung des Kraftwerks, den Bau, die Lieferung und die Installation der Anlagen sowie deren Erprobung und Inbetriebnahme. Es sollen drei Kaplan-Turbinen zum Einsatz kommen.
Besonders aktiv agiert in den vergangenen Monaten die Stuttgarter Tochter Ed. Züblin AG; aktuell baut man beispielsweise in Arbeitsgemeinschaft mit der Heinrich Hirdes GmbH den Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB). Dieser Bauauftrag hat ein Auftragsvolumen von rund 120 Mio. € und beinhaltet den Terminal (Kaje und Hinterland), die Terminalzufahrt und die Ertüchtigung des betreffenden Deichabschnitts. Im Mittelpunkt des Projekts steht der Bau der etwa 500 m langen OTB-Kaje.

Züblin zeigt sich sehr aktiv

Einen weiteren Großauftrag hat die Strabag-Tochter mit Unterstützung eines anderen österreichischen Großunternehmens im Düsseldorfer Medienhafen realisiert, wo Züblin als Generalunternehmerin die neue Firmenzentrale der trivago GmbH für ca. 2.000 Mitarbeiter bauen wird. Ein besonderes Gestaltungsmerkmal wird die vertikale Fassade mit schräggestellten Fenstern sein. Das Gebäude öffnet sich zum Becken des Medienhafens und bildet auf diese Weise einen großzügigen Campus mit hoher Aufenthaltsqualität.

Insgesamt sind rund 30.000 m² Fläche, davon 26.000 m² für Büros, sowie über 500 Stellplätze in zwei Tiefgaragengeschossen vorgesehen. Für die Erstellung der gesamten Baugrube im Auftragswert von rd. 6 Mio. € ist die Züblin Spezialtiefbau GmbH verantwortlich.
Die Metasuchmaschine trivago wird alleinige Mieterin des sechsgeschossigen Gebäudes, das im Auftrag der Immofinanz als erster Bauabschnitt auf dem Areal an der Kesselstraße entsteht. Das gesamte Projekt addiert sich inklusive Ausführungsplanung auf eine Auftragssumme von rund 81 Mio. € – die Bauarbeiten haben bereits begonnen und sollen Mitte 2018 beendet sein.
Zumindest ähnlich prestigeträchtig und mit einer Auftragssumme von rund 46 Mio. € ebenfalls durchaus beachtlich ist die Erweiterung des StadtQuartiers RiemArcaden im Osten der bayerischen Landeshauptstadt München im Auftrag von Union Investment; die Arbeiten umfassen den Schlüsselfertigbau eines Gebäudes mit etwa 20.400 m² Hotel- und Einzelhandelsfläche sowie die Ertüchtigung von Teilen einer bereits bestehenden Tiefgarage.

150 Meter Stahldach

Das nach den Entwürfen der Architekten Allmann Sattler Wappner realisierte Gebäude wird auf vier Geschossen Raum für Shopping und Hotellerie bieten; die beiden oberen Etagen hat Motel One angemietet.

Auf rund 9.400 m² wird die erfolgreiche Budget-Design-Marke künftig ein Haus mit 311 Zimmern betreiben. Die beiden unteren Geschosse bieten auf ca. 11.000 m² Platz für den Einzelhandel. Ankermieter sind der Lebensmitteldiscounter Aldi und der Modehändler Wöhrl. Über einen sogenannten Portikus – ein Element, das ähnlich einem Torbogen der Hauptfront des Gebäudes vorgelagert ist – wird der Neubau an das bestehende Stadtquartier angebunden. Errichtet wird die Verbindung als rund 22 m hohe und 150 m lange Stahldachkonstruktion.
„Das Gebäude stellt nicht nur eine deutliche Erweiterung des 2004 eröffneten Quartiers in der Münchener Messestadt dar, sondern zugleich den städtebaulichen Abschluss des Ensembles aus Shopping-Center, Büros, Wohnungen und Hotels”, erklärt Birtel. Die Bauarbeiten sollen im Sommer 2018 beendet sein. Birtel: „Schon bis dato haben die Ed. Züblin AG und weitere Strabag-Konzernfirmen zahlreiche Büro-, Hotel- und Geschäftsgebäude im Stadtquartier RiemArcaden errichtet.”

Und Zuhause?

Da wird weiter eifrig diversifiziert. Die Tochter Center Communication Systems GmbH bastelt seit einigen Monaten am größten Auftrag ihrer Unternehmensgeschichte: Für 17,5 Mio. € wird die Spezialistin für einsatzkritische Kommunikationssysteme und Sicherheitstechnik bis Juli 2020 die U-Bahn-Tunnelfunkanlagen der Wiener Linien erneuern und erweitern – immerhin ein 78,5 km langes Streckennetz und mehr als 100 U-Bahn-Stationen. Außerdem wird der gesamte Bereich des Wiener U-Bahn-Netzes mit BOS-Tetra-Funk – dem Standard für die digitale Kommunikation der Behörden- bzw. „Blaulicht”-Organisationen – sowie mit einem 2m-Feuerwehrfunk ausgestattet.

Natürlich ist die Strabag auch in Österreich kernkompetent unterwegs – ein aktuelles Beispiel dafür ist die Sanierung des A10 Oswaldibergtunnels für die Asfinag. Die beiden Röhren mit einer Länge von jeweils 4,3 km werden bis Juni 2017 auf den neuesten Stand der Technik gemäß Straßentunnel­sicherheitsgesetz gebracht.
Der Auftrag mit einem Volumen von 34 Mio. € umfasst sowohl die baulichen Sanierungsmaßnahmen im Bereich Straßen-, Tunnel- und Hochbau als auch die Neuinstallation der gesamten elektrotechnischen und maschinellen Ausrüstung (E&M). „Bei diesem Projekt ist unsere Erfahrung in den verschiedensten Bereichen gefragt – daher arbeiten unsere Spezialisten aus dem Bau, der Anlagen- und der Kommunikationstechnik eng zusammen”, sagt Birtel, der für den Konzern für das Geschäftsjahr 2016 mit einer etwa gleichbleibenden Leistung von rund 14 Mrd. € rechnet und die EBIT-Marge von 3% als Ziel für heuer bekräftigt.

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