Steuerreform: für alle eine Mehrbelastung
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Paul Korenjak„Es kommt i.d.R. zu Steuerbelastungen für alle Unternehmer, vom Industriebetrieb bis zum gewerblichen Wohnungsvermieter.”
FINANCENET REAL:ESTATE 16.10.2015

Steuerreform: für alle eine Mehrbelastung

Immerhin: Den Maßnahmen im Immo-Bereich kann durch Heranziehen von Gutachten durch Sachverständige entgegengewirkt werden.

••• Von Fritz Haslinger

WIEN. Die steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer infolge der Steuerreform 2015/2016 bedarf freilich einer Gegenfinanzierung – diese werden u.a. im Immobilienbereich Unternehmen und Privatvermieter leisten müssen, sagt Paul ­Korenjak, Steuerberater bei der SOT Süd-Ost Treuhand. Dabei kommt es zu Änderungen bei der Abschreibungsdauer von Gebäuden im Betriebsvermögen: Nach geltender Rechtslage kann steuerrechtlich bei derartigen Gebäuden, die unmittelbar der Betriebsausübung dienen (z.B. Produktions- und Lagerhallen oder Verkaufsräumlichkeiten), eine Abschreibungsdauer von 33,33 Jahren angesetzt werden (Afa-Satz von 3%). Bei anderweitig genutzten Betriebsgebäuden (z.B. Verwaltungsgebäuden oder Wohnungen) wird eine Abschreibungsdauer von 50 Jahren (2% Afa-Satz) angenommen. Der Unternehmer kann auch eine kürzere Nutzungsdauer ansetzen, die jedoch nachzuweisen ist.

Vereinheitlichung

Durch die Steuerreform wird die Abschreibungsdauer von Gebäuden im Betriebsvermögen vereinheitlicht und beträgt nun 40 Jahre. Dabei wird nicht zwischen Nutzungsart der Gebäude unterschieden. Abweichend dazu ist für Wohngebäude aber eine längere Nutzungsdauer von 66,66 Jahren anzusetzen. Dies bedeutet eine Reduktion des Abschreibung für Abnutzung-Satzes von bisher 2 auf 1,5%. „Es kommt somit in der Regel zu Steuerbelastungen für sämtliche Unternehmer, vom Industriebetrieb bis zum gewerblichen Wohnungsvermieter. Die Neuregelung betrifft nicht nur Neuerrichtungen, sondern sämtliche Gebäude und ist erstmals für Wirtschaftsjahre, die im Jahr 2016 beginnen, anzuwenden”, so Korenjak weiter.

Es besteht weiterhin die Möglichkeit, die Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeiten mittels Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer zu vermeiden. Es sei davon auszugehen, dass dies wohl zu einer verstärkten Beauftragung von Sachverständigen führe.

Und bei Privatvermietung?

Im Bereich der privaten Vermietung war es bisher Verwaltungspraxis, dass bei Anschaffung eines Mietobjekts ein Aufteilungsverhältnis zwischen Gebäude und Grund und Boden von 80 zu 20% ohne weiteren Nachweis angewendet werden kann. Durch die Steuerreform wird bei der Abschreibung nun gesetzlich verankert, dass das Aufteilungsverhältnis mindestens 60 zu 40 beträgt. Bei offenkundig erheblichem Abweichen der tatsächlichen Verhältnisse soll das Finanzamt jedoch ein abweichendes Verhältnis feststellen können.

Manfred Kunisch, Experte im Bereich Immobilienbesteuerung und Steuerberater bei TPA Horwath: „Obwohl die AfA neu berechnet und insgesamt erhöht wird, kann dieser Maßnahme mittels Gutachten entgegengewirkt werden.” Bedenklich sei jedoch, dass der Gesetzgeber in bestehende Abschreibungen eingreife, die Pauschalregelung galt in der Vergangenheit bei vielen Anlegerwohnungen.

Grundstückspreise sind schuld

Korenjak: „Der Gesetzgeber begründet den Anstieg des Grund- und Boden-Anteils mit dem Anstieg der Grundstückspreise in jüngerer Vergangenheit.” Für den privaten Vermieter werde sich in vielen Fällen die Frage stellen, ob ein kostenintensives Sachverständigengutachten, das das tatsächliche Aufteilungsverhältnis zwischen Grund und Boden und Gebäude feststellt, steuerlich vorteilhaft sei.

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