America first and who’s next?
© Robin Consult/Lepsi
Keynote-Speaker(v.l.) Lukas Sustala diskutiert mit Nestlé-Präsident Peter Brabeck-Letmathe, TrafficCom-Vorstand und IV-Präsident Georg Kapsch und Detlef Günther von der ETH Zürich über die Zukunft der Globalisierung.
RETAIL Ornella Luna Wächter 10.02.2017

America first and who’s next?

Nicht die Wirtschaftsbeziehungen sind in Gefahr, ­sondern demokratische Werte, sagen Vertreter der Industrie.

••• Von Ornella Luna Wächter

WIEN. Es kommt Bewegung in die Wirtschaft. Und Unsicherheit. Wütende Twittermeldungen gibt es im Minutentakt und die bringen nicht selten drastische Veränderungen mit sich. Sollten sich mit dem Amtsantritt Trumps wachsende globale Ungleichgewichte im Handel bemerkbar machen, warnen Fachleute vor einem Protektionismus der Märkte – für Konzerne, die mit der Globalisierung groß geworden sind, sind das durchaus Entwicklungen, die zur Beunruhigung führen könnten.

„America first”– who’s next?

Macht der neue US-Präsident mit der Globalisierung kurzen Prozess? Falls ja, was bedeutet der neue Protektionismus für Europa und Österreich? Das waren die ausschlaggebenden Themen, die in der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL) in der Industriellenvereinigung (IV) diskutiert wurden. Für Peter Brabeck-Letmathe, Verwaltungsratspräsident von Nestlé, ist der neue US-Präsident nicht der Sargnagel der Globalisierung: „Trump ist nicht gegen die Globalisierung. Er ist nur gegen Freihandelsabkommen, die sein Vorgänger unterschrieben hat und wo er der Meinung ist, dass die USA benachteiligt werden.”

Der Kärntner Unternehmer ist bereits seit 50 Jahren für den Schweizer Konzern tätig, der zu den führenden Nutrition-, Health- und Wellness-Companys weltweit gehört. Für Brabeck ist ein Rückzug der Globalisierung kein Thema, dazu sei die Welt zu sehr vernetzt. Die eigentliche Gefahr sieht Brabeck im Populismus, dem Regieren von Emotionen über Fakten, was zu einer Entdemokratisierung der Gesellschaft führen könnte.

Kein Ende in Sicht

Auch der Präsident der IV, Georg Kapsch, glaubt nicht, dass die Globalisierung in den letzten Zügen liegt. „Ich denke nicht, dass die Globalisierung am Ende ist, denn die Menschen haben erkannt, dass Protektionismus niemals zur Erhöhung des Wohlstands geführt hat.” Er stimmt der Aussage von Brabeck zu, indem er betont, dass die Welt, wie sie jetzt ist, zu verflochten sei. Größere Umbrüche sieht der Vorstandsvorsitzende der Kapsch TrafficCom AG, Anbieter von Verkehrstelematik-Lösungen, in der Digitalisierung – auch hier mit einer positiven Bilanz: es würden mehr Arbeitsplätze geschaffen, als dadurch verloren gehen.

Nicht nur die Industrie agiert global, auch die Wissenschaft profitiert von einem fruchtbaren Austausch. Der Vizepräsident für Forschung und Wirt­schaftsbeziehungen, Detlef Günther, erinnert daran, dass Wissenschaft schon immer global war.

Und Ressourcenknappheit?

Die Wirtschaft, so der Tenor, wird also wenig Veränderungen spüren, das globale Waren- und Dienstleistungsangebot bleibt also unangetastet. Kapsch betont aber auch, dass die Wirtschaft nicht ewig wachsen ­werde.

Neben politischen Faktoren haben demografische Entwicklungen, wie die wachsende Weltbevölkerung und Ressourcenverknappung ebenfalls Einfluss auf weltweit agierende Unternehmen wie Nestlé. Da gebe es noch keine praktikable Lösung, so Brabeck.

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