Billa setzt Hausverstand ein und erfindet sich neu
© Billa/Christian Dusek
RETAIL christian novacek 23.09.2016

Billa setzt Hausverstand ein und erfindet sich neu

Die Billa-Vorstände Josef Siess (li.) und Robert Nagele bauen Supermärkte zu Servicezentralen um.

••• Von Christian Novacek

Ein wirklich kluger Hausverstand muss sich mitunter neu erfinden. Das passiert aktuell bei Billa und damit das auf den ersten Blick erkennbar ist, hat er das Geschlecht gewechselt. Sie, also Frau Hausverstand, bereichert nun das Kluge um die Attribute Leichtigkeit, Nähe, Intuition, Achtsamkeit und Liebe zum Detail. Billa-Vorstand Josef Siess kommentiert die Abschaffung des 10 Jahre lang brav gedient habenden männlichen Pendants mit den Worten: „Es könnte sich lohnen, künftig öfter mal auf eine Frau zu hören!”

Ein Paradigmenwechsel

Einhergehend mit der Neudefinition des Hausverstands wird sich Billa neu erfinden: „Wir haben vor zehn Jahren mit unserer Filial-Offensive eine Initiative gesetzt. Wir sind vom Lebensmittellogistiker zum Geschäft geworden, in dem Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität eine Rolle spielten”, sagt ­Siess. Heute sei es wieder so weit: Ein Paradigmenwechsel steht an. Der Konsument von heute will nicht nur gefüttert werden, er sehnt sich nach Rundumversorgung. Billa hält sie bereit: ab 2017, wo das neue Ladendesign mit neuen Tools in den Rollout geht. „Als wichtiger Nahversorger werden wir künftig im Sinne der 360-Grad-Versorgung sämtliche Bereiche der Haushaltsversorgung bedienen. Dabei wird es über die Grenzen des klassischen Lebensmitteleinzelhandels hinausgehen. Wir werden dementsprechend in Erwägung ziehen, unser Geschäftsfeld um zusätzliche Bereiche zu erweitern”, erläutert Siess die neue Schwerpunktsetzung.

Der Billa ums Eck mutiert zum Billa im Zentrum mannigfacher Dienstleistungen. Etwa: Billa als Grünstromlieferant oder Billa als Paketstation – mit DHL dürfte es bereits konkrete Vereinbarungen geben, mit der Post laufen die Gespräche. In 135 von 1.050 Filialen soll bis Jahresende die Paketstation implementiert sein. Weiters: Billa als Bargeld to go-Station ist bereits Usus, neue Bankenservices zu übernehmen sei denkbar.

Billa kommt näher

Bestens etabliert ist bekanntlich der Onlineshop, der mittlerweile flächendeckend liefert, sprich: Es gibt keine Postleitzahl in Österreich, die ausgenommen wäre. Die beiden Billa-Vorstände Siess und Robert Nagele sprechen vom Nahversorger, der tatsächlich „nahe kommt” – im positiven Sinn, für knapp 5 € in den Haushalt und mit seinen Dienstleistungen im stationären Geschäft. „Wir werden für diese zusätzlichen Serviceleistungen mehr Platz brauchen”, räumt Nagele ein. Derzeit seien 590 Quadratmeter durchschnittliche Verkaufsfläche zwar gut, aber bei Neueröffnungen sind 800 bis 1.000 Quadratmeter das Maß der Filiale. Vorausgesetzt, die Raumordnung lässt es zu. „Ansonsten werden die neuen Serviceleistungen auf Kosten des Non Food-Sortiments gehen”, sprechen die beiden Billa-Chefs eine Umstrukturierung an, die im Schnitt 30.000 € pro Filiale kosten wird.

Egal, wie der neue Billa in 2017 ausschauen wird (das Geheimnis soll Ende Oktober gelüftet werden), Wohl und Wehe des Geschäfts steht und fällt mit den Mitarbeitern. Rewe hat das erkannt und rührt in diesem Belang kräftig um: „Wenn wir unseren Kunden künftig den besten Service bieten wollen, werden unsere Mitarbeiter mehr denn je eine wichtige Rolle spielen. Daher werden wir den Marktmanagern mehr Freiheiten geben”, erläutert Nagele und verweist in dem Kontext auf ein neues ­Bonussystem.
In den Filialen der besonderen Art sollen letztlich die Mitarbeiter das neue Gesicht Billas mitprägen – ergo: „Bei der Mitarbeiterzufriedenheit machen wir damit einen wichtigen Schritt vorwärts”, sind sich Siess und Nagele einig.

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