Black Friday: Es wird geprasst
© AFP/Mark Ralston
EuphemismusHeute ist der „Black Friday”, eine Verkaufsveranstaltung zur Stärkung von Einkaufsstraßen und -zentren. Früher war es der Beginn einer Wirtschaftskrise.
RETAIL Redaktion 15.09.2017

Black Friday: Es wird geprasst

Der Schwarze Freitag gehört heute zu den umsatzstärksten Tagen für Österreichs Einzelhändler.

WIEN. Was einmal der schlimmste Tag in der Geschichte der amerikanischen Wirtschaft war, wird nun als Happy Day im Handel gefeiert. Dass der schwarze Freitag, auch „Black Friday” genannt, seiner ursprünglichen (apokalyptischen) Bedeutung beraubt wurde, ist ein Beleg dafür, wie stark die Vergangenheit mitunter verklärt wird.

30 Millionen Arbeitslose

Denn an jenem 25. Oktober 1929 erlebte die Wall Street den folgenschlimmsten Börsencrash des 20. Jahrhunderts und markierte den Beginn einer Weltwirtschaftskrise. Millionen Anleger verloren ihr Vermögen. Rund 30 Millionen Amerikaner waren arbeitslos. Die Massenarmut, der Hunger und existen­zielle Grenz­erfahrungen bildeten einen weiteren Begriff, der die Psyche der Menschen damals in zwei Wörtern zusammenfasst: große Depression.

Börsencrash und Massenarbeitslosigkeit – wahrscheinlich würden nur wenige Konsumenten damit zu einem Shoppingtag motiviert sein. Die Geschichte kann man aber auch anders erzählen. Laut der Online-Verkaufsplattform „blackfridaysale.at” komme der „Schnäppchentag” ursprünglich aus den USA. Der schwarze Freitag gehöre zum „umsatzstärksten Handelstag” für Österreichs Einzelhandel, geht die Auslegung weiter. Jener Freitag im Oktober wurde zum letzten Freitag im November, in diesem Jahr also am 24. November 2017. Denn: Er gilt eigentlich als „Startschuss für das Weihnachtsgeschäft”. „Immer mehr stationäre Händler erkennen das enorme ­Potenzial”, informiert der Initiator von blackfridaysale.at, Konrad Kreid. Die Geschichte einer so dramatischen Börsenkatastrophe so dermaßen verkehrt zu erzählen, ist fast schon ein Kunststück. Das Phänomen Black Friday wird nun mit Schnäppchen, Rabattaktionen, hoher Kaufbereitschaft und sattem Umsatzwachstum verbunden.

Sieben Millionen Käufer

„2016 haben rund sieben Millionen kaufwillige Shopper unsere Seite besucht”, so Kreid. „In diesem Jahr sehen wir viel Platz für Wachstum und peilen die zehn Millionen-Marke an.” Die von der Krise gebeutelten Unternehmen in den 30er-Jahren konnten von so einer Kaufkraft nur träumen; Zigarren für 119 USD leisteten sich nur wenige … (ow)

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