Das Geschäft mit den Gartlern
RETAIL 20.03.2015

Das Geschäft mit den Gartlern

Trend-Sortiment Die Lust am Selberpflanzen bescherte dem Handel 2014 150 Mio. €; wir haben nachgefragt, wo die Gartler heuer einkaufen

Angebote bei Billa, Spar, Interspar und Tchibo derzeit hoch im Kurs.

Wien. Warum nur, fragen sich viele Zeitgeist-Analytiker, ist das Garteln so dermaßen „in” geworden? Warum wühlen plötzlich so viele Leute in der Erde herum, die das noch vor Jahren spießig und uncool gefunden hätten? Viktoria Kargl gartelt selbst und beschreibt die Tätigkeit als ihre neue Religion.

„Dabei schaffe ich mir meine eigene heile Welt. Es hilft mir, mich von der grausamen Realität abzuschotten”, erzählt die Wienerin. Es ist ein schöner Kontrast zum Schreibtischtippitappi, ein leichtes Erfolgserlebnis an der frischen Luft, man betätigt sich, schaut beim Wachsen zu und vergisst die Zeit. Und: „Man kann mit der Ernte angeben, ähnlich wie es viele mit ihren Kochkünsten tun”. Außerdem wäre da noch die Angst vor der Chemie im Essen. „Da baue ich mir mein Gemüse lieber selber an, und zwar bio!”

Florierendes Geschäft

Damit ist Kargl nicht allein, wie die Zahlen von RegioData bestätigen. Immer mehr Menschen greifen in ihrer Freizeit gern zur Spaten und Kralle. Im Vorjahr gaben die Garten- und Balkonverschönerer über 150 Mio. Euro für Pflanzen, Gerätschaft und Outdoor-Möbel aus. Dabei kauft die neue Generation der Hobbygärtner ihr Material längst nicht mehr nur in den Blumenzentren und Baumärk-ten. Mittlerweile buhlen Händler verschiedenster Branchen um das Geschäft. „Die Samen hole ich mir zum Beispiel in der Raritätenbörse.” (Ein jährlicher Event im Botanischen Garten in Schönbrunn, veranstaltet von Fachfirmen und Organisationen wie der Arche Noah und der Umweltberatung, Anm.) Manches besorgt sich Kargl auch beim Billa, das Saatgut von Ja! Natürlich findet sie „teilweise großartig”. „Aber auch der Spar hat tolle Sachen im Angebot, zum Beispiel die Tomatensamen vom Paradeiserkaiser Erich Stekovics und die Natur Pur Anzucht- und Kräutererde.” Die Gartenmöbel hat sie in diesem Jahr bei Interspar geshoppt – eine Sonneninsel mit Abdeckplane, die für 500 statt für 1.000 Euro zu haben war. „So billig hätte ich das Stück sonst nirgends bekommen.”

Tchibo: Trend gut erkannt

Lob heimst auch der Onlineshop des Kaffeerösters Tchibo ein. Das Unternehmen hat die Wünsche der Kundschaft sehr gut erkannt und bietet eine schöne und preiswerte Auswahl an Hochbeeten und Pflanzkästen, -kübeln und Mini-gewächshäusern. „Die Stücke waren in meiner Gärtnergruppe sehr gefragt. Viele Städter haben nicht so viel Platz und müssen in die Höhe pflanzen; einige Teile waren deswegen schnell vergriffen”, erzählt Kargl. Diese Woche wurde sie auf der Homepage des Diskonters Hofer fündig, der ein Zitronenbäumchen um 19 Euro anbietet – ein Schnäppchen, das sie sich besorgen wird, nachdem sie schlechte Erfahrungen bei Ikea gemacht hat. „Dort habe ich mir letztes Jahr eins gekauft, das ist, wie die meis-ten Ikea-Pflanzen, extrem schnell eingegangen.” (no)

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