Das grüne Herz am rechten Fleck
© bellaflora
Grün im HerzenIn Wien und im Speckgürtel um Wien herum sprießt bellaflora besonders nachhaltig – und weiß mit Kundenbindungskonzepten und glaubwürdig gelebter Umweltfreundlichkeit zu überzeugen.
RETAIL Redaktion 11.03.2016

Das grüne Herz am rechten Fleck

Der grüne Daumen weist bei bellaflora nach oben: Auch wenn der Wettergott in 2015 launisch agierte, überwog für Chef Alois Wichtl der Sonnenschein.

••• Von Christian Novacek

WIEN. „Es ist eine Branche ohne Zahlen”, bedauert bellaflora-Chef Alois Wichtl zum Einstieg ins ­medianet-Interview. Lediglich die Vorausschau auf die Entwicklung des Pflanzen- und Blumengroßhandels des deutschen Statistik-Portals Statista gibt einen Hinweis darauf, dass hier ein Pflänzchen durchaus zu gedeihen weiß: Von 234 Mio. € Umsatz in 2016 soll es hierzulande auf 238 Mio. € sprießen. Das ist zwar noch kein blühendes Wachstum, aber ein stabiles Feld. Bei bellaflora gab es entgegen dem Branchentrend ein nettes, kleines Plus auf 82,5 Mio. € (netto).

medianet: Wie stellt sich der Handel mit Pflanzen und Blumen in Österreich auf, wo steht bellaflora und wer sind die größten Mitbewerber?
Alois Wichtl: Wir sind mit Abstand die Größten. Wir sind eine grüne Nummer 1 und wir leben das auch so. Mit aller Konsequenz – das heißt, wir scheuen auch nicht davor zurück, das Preisthema serviert zu bekommen. Als Mitbewerber nenne ich Baumärkte, etwa ein Obi Gartenparadies. Dehner entwickelt sich mehr und mehr in Richtung Zoo. Märkte, wie Holland Blumen oder B & B setzen auf Schnittblumen – wir verkaufen Pflanzen.

 

medianet: Welche Rolle spielt der Lebensmittelhandel in diesem Kontext?
Wichtl: Der sieht Blumen in erster Linie als Mitnahmeartikel vor oder nach der Kassa. Allerdings ist die Größenordnung beachtlich: Wenn in 3.000 von 5.000 Lebensmittelgeschäften ein Container mit Pflanzen steht und wenn davon die Hälfte verkauft und die Hälfte weggeworfen wird, dann sind das immer noch jedes Wochenende 1.500 Containerpflanzen.

medianet: Und die kleinen, privaten Gärtnereien?
Wichtl: Von denen gibt es unzählige, die in der Qualität ihrer Eigenproduktion breit gefächert sind. Da gibt es ganz exzellente Gärtner, aber man darf da nicht illusorisch rangehen: Manch ein Gärtner ist beim Griff zum Pflanzenschutzmittel nicht zimperlich – wir verzichten darauf.

Muttertags-Power

Während also Supermärkte und (mit Abstrichen) Baumärkte von der Pflanze/Blume als Mitnahmeartikel profitieren und mit teils riesigen Mengen zur richtigen Zeit (Muttertag) den Markt massiv beeinflussen, hat es bellaflora mit derzeit 26 Standorten in Österreich etwas schwerer.

Die strategische Gretchenfrage lautet: Wie bringe ich den potenziellen Kunden in mein Geschäft? Das geht nur mit eindeutig ausgewiesener Kompetenz sowie unzweideutigem USP. Vom Greenwashing, wie es der eine oder andere Händler betreiben mag, distanziert sich das Unternehmen klar. bellaflora greift niemals in die billige Erde, sehr wohl aber zum biologischen Dünger - und liefert damit gute Argumente, damit die Qualität ihren guten Preis fahren kann.
Beim Kunden geht das Konzept auf – bleibt also die Frage, warum es derzeit nicht mehr als 26 Geschäfte in sieben Bundesländern Österreichs gibt?

medianet: Wie groß ist denn der durchschnittliche bellaflora?
Wichtl: Indoor 3.000 Quadratmeter und Outdoor kommen nochmal 1.500 bis 2.000 Quadratmeter dazu. Das ist eine Größenordnung, mit der Sie auf die grüne Wiese müssen und die in der Expansion da und dort – vor allem aber im Westen ­Österreichs – sehr wohl ein Handi­cap darstellen kann: Denn wir brauchen eine Einkaufszentrenwidmung. Und die bekommen Sie in Tirol heute nicht mehr so leicht.

 

medianet: Was ist mit neuen Vertriebsformen, etwa dem Online­geschäft?
Wichtl: Das hat sich noch nicht so wirklich entwickelt. Wir arbeiten an einem Webshop, wissen aber selbst noch nicht ganz sicher, inwieweit das Sinn macht oder doch nur eine nette Spinnerei bleiben wird.

medianet:
Spielen Kundenkarten eine Rolle in Sachen Kundenbindung?
Wichtl: Wir haben aktuell 400.000 Kundenkartenbesitzer; das ist ein sehr stolzer Wert für 26 Standorte. Wir machen auch permanent Veranstaltungen für unsere Kunden – das beginnt beim Geomanten, der über Naturstrahlungen erzählt, und geht bis hin zu den Basics wie Baumschnitt oder Schädlings- und Nützlingsthematik.

Wetterfühlig

Zweifellos: Der Kunde – oder, treffender: die Kundin – fühlt sich wohl bei bellaflora, sowie er bzw.sie die grüne Nummer 1 für sich entdeckt hat. Bei aller Treue hat das Geschäft aber trotzdem seine branchenüblichen Peaks; ebenso wie einen traditionellen Verbündeten, der manches Mal zum Gegner mutiert: das Wetter.

Das Hauptbusiness mit Kaktus, Blume & Co. startet im März, gipfelt am Muttertag und beginnt Mitte Juni zu versiegen. Paradox am Rande: In den trockenen Sommermonaten bewegt sich zwar wenig Umsatz, in den Gartenhäuschen wird aber umso emsiger geschuftet: Die Pflanzen brauchen dann bis zu drei Mal so viel Wasser.

medianet: Wie hat sich das ­Geschäftsjahr 2016 angelassen?
Wichtl: Bis dato gut, es gab ja einige sehr milde Tage im Februar und entscheidend ist ja nicht, wann der Frühling beginnt, sondern wann die Temperatur Frühlingsgefühle zum Erwecken bringt ...

 

medianet: Wie wirkt sich das aus, dass sich die Winter immer mehr ins Frühjahr schieben?
Wichtl: In den letzten Jahren negativ, weil gleichzeitig die Bedeutung des Herbsts fürs Gärtnern nachgelassen hat. Wenn ich zwischen März und Juni einen halben Monat ans schlechte Wetter verliere, hole ich das kaum wieder auf. An manchen Tagen zur Hauptsaison machen wir vielleicht so viel wie in zwei Wochen im Jänner.

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