Das letzte Wort ist (nicht) gesprochen
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Zweiter Senat des Bundesverfassungsgerichts: Peter Huber, Andreas Voßkuhle, Monika Hermanns, Sibylle Kessal-Wulf.
RETAIL Nataša nikolić 14.10.2016

Das letzte Wort ist (nicht) gesprochen

Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada scheint beschlossene Sache zu sein.

••• Von Nataša Nikolic

WIEN/KARLSRUHE/BRÜSSEL. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA, könnte schon im Oktober mit Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedsstaaten vorläufig zur Anwendung kommen. Kommenden Dienstag treffen die EU-Minister in Luxemburg zur Abstimmung zusammen. Mit Spannung wurde im Vorfeld die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichs abgewartet, die als Signalgeber für andere EU-Länder gelten könnte.

Grünes Licht für CETA

Gestern wies das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mehrere Eilanträge gegen die Zustimmung Deutschlands zu CETA ab. Die Richter formulierten zwar Bedingungen, gaben aber dennoch grünes Licht für ein vorläufiges Inkrafttreten von CETA, was sich nicht zuletzt auch auf Österreich auswirken wird, wie Bundeskanzler Christian Kern im Vorfeld der Entscheidung einräumte: „Wenn das Gericht in Karlsruhe ja sagen würde, dann wäre das mit Sicherheit eine wichtige Entscheidungsgrundlage.”

„Der Weg ist frei”

Heute befasst sich das SPÖ-Präsidium mit dem Handelsabkommen; eine Einigung könnte die Freigabe für die Unterzeichnung der Bundesregierung bedeuten. Bis Dienstag könnte sich die SPÖ mit der Entscheidung Zeit lassen, da voraussichtlich länger an der Endfassung der Joint Declaration – dem Zusatztext – gefeilt werden könnte.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zeigte sich mit der Entscheidung der deutschen Richter zufrieden und sieht damit auch für Österreich den Weg frei, den Vertrag mit Kanada zu unterzeichnen. „Nachdem Österreich und Deutschland sehr ähnliche Interessen haben, glaube ich, dass das die österreichische Entscheidung auch erleichtern sollte”, sagte Mitterlehner gegenüber Ö1. Freude gab es auch bei Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl: „Wir brauchen Handels-Abkommen und nicht Handels-Sanktionen.”
Die EU-Kommission nahm die Entscheidung zur Kenntnis und lässt mitteilen, dass die deutsche Regierung nun am Zug sei, die notwendigen Konsequenzen daraus abzuleiten. Unter den Staaten, die mit ihrer Zustimmung bisher noch zögern, finden sich neben Österreich noch Belgien, Niederlande, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und bis gestern auch Slowenien. Mittlerweile gab der slowenische Wirtschaftsminister Zdravko Pocivalsek bekannt, dass das kleine EU-Land CETA zustimmen werde.

Es gibt noch ein Zurück

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen, wenn es nach den CETA-Gegnern geht; ein Stopp des Abkommens ist nach wie vor möglich. Die deutschen Richter prüften im Eilverfahren lediglich, ob eine vorläufige Anwendung nicht wiedergutzumachende Nachteile bringen würde; im Detail wird erst verhandelt.

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